Kapitel 1. Im dritten Jahr des Reiches Jojakims, des Koenigs in Juda, kam Nebukadnezar, der Koenig zu Babel, vor Jerusalem und belagerte es. Und der HERR uebergab ihm Jojakim, den Koenig Juda's, und etliche Gefaesse aus dem Hause Gottes; die liess er fuehren ins Land Sinear in seines Gottes Haus und tat die Gefaesse in seines Gottes Schatzkammer. Und der Koenig sprach zu Aspenas, seinem obersten Kaemmerer, er sollte aus den Kindern Israel vom koeniglichen Stamm und Herrenkinder waehlen Knaben, die nicht gebrechlich waeren, sondern schoene, vernuenftige, weise, kluge und verstaendige, die da geschickt waeren, zu dienen an des Koenigs Hofe und zu lernen chaldaeische Schrift und Sprache. Solchen bestimmte der Koenig, was man ihnen taeglich geben sollte von seiner Speise und vom Wein, den er selbst trank, dass sie also drei Jahre auferzogen wuerden und darnach dem Koenig dienen sollten. Unter diesen war Daniel, Hananja, Misael und Asarja von den Kindern Juda. Und der oberste Kaemmerer gab ihnen Namen und nannte Daniel Beltsazar und Hananja Sadrach und Misael Mesach und Asarja Abed-Nego. Aber Daniel setzte sich vor in seinem Herzen, dass er sich mit des Koenigs Speise und mit dem Wein, den er selbst trank, nicht verunreinigen wollte, und bat den obersten Kaemmerer, dass er sich nicht muesste verunreinigen. Und Gott gab Daniel, dass ihm der oberste Kaemmerer guenstig und gnaedig ward. Derselbe sprach zu ihm: Ich fuerchte mich vor meinem Herrn, dem Koenig, der euch eure Speise und Trank bestimmt hat; wo er wuerde sehen, dass eure Angesichter jaemmerlicher waeren denn der andern Knaben eures Alters, so braechtet ihr mich bei dem Koenig um mein Leben. Da sprach Daniel zu dem Aufseher, welchem der oberste Kaemmerer Daniel, Hananja, Misael und Asarja befohlen hatte: Versuche es doch mit deinen Knechten zehn Tage und lass uns geben Gemuese zu essen und Wasser zu trinken. Und lass dann vor dir unsre Gestalt und der Knaben, so von des Koenigs Speise essen, besehen; und darnach du sehen wirst, darnach schaffe mit deinen Knechten. Und er gehorchte ihnen darin und versuchte es mit ihnen zehn Tage. Und nach den zehn Tagen waren sie schoener und besser bei Leibe denn alle Knaben, so von des Koenigs Speise assen. Da tat der Aufseher ihre verordnete Speise und Trank weg und gab ihnen Gemuese. Aber diesen vier Knaben gab Gott Kunst und Verstand in allerlei Schrift und Weisheit; Daniel aber gab er Verstand in allen Gesichten und Traeumen. Und da die Zeit um war, die der Koenig bestimmt hatte, dass sie sollten hineingebracht werden, brachte sie der oberste Kaemmerer hinein vor Nebukadnezar. Und der Koenig redete mit ihnen, und ward unter allen niemand gefunden, der Daniel, Hananja, Misael und Asarja gleich waere; und sie wurden des Koenigs Diener. Und der Koenig fand sie in allen Sachen, die er sie fragte zehnmal klueger und verstaendiger denn alle Sternseher und Weisen in seinem ganzen Reich. Und Daniel erlebte das erste Jahr des Koenig Kores.
Kapitel 2. Im zweiten Jahr des Reiches Nebukadnezars hatte Nebukadnezar einen Traum, davon er erschrak, dass er aufwachte. Und er hiess alle Seher und Weisen und Zauberer und Chaldaeer zusammenfordern, dass sie dem Koenig seinen Traum sagen sollten. Und sie kamen und traten vor den Koenig. Und der Koenig sprach zu ihnen: Ich habe einen Traum gehabt, der hat mich erschreckt; und ich wollte gern wissen, was es fuer ein Traum gewesen sei. Da sprachen die Chaldaeer zum Koenig auf chaldaeisch: Der Koenig lebe ewiglich! Sage deinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten. Der Koenig antwortete und sprach zu den Chaldaeern: Es ist mir entfallen. Werdet ihr mir den Traum nicht anzeigen und ihn deuten, so sollt ihr in Stuecke zerhauen und eure Haeuser schaendlich zerstoert werden. Werdet ihr mir aber den Traum anzeigen und deuten, so sollt ihr Geschenke, Gaben und grosse Ehre von mir haben. Darum so sagt mir den Traum und seine Deutung. Sie antworteten wiederum und sprachen: Der Koenig sage seinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten. Der Koenig antwortete und sprach: Wahrlich, ich merke es, dass ihr Frist sucht, weil ihr seht, dass mir's entfallen ist. Aber werdet ihr mir nicht den Traum sagen, so geht das Recht ueber euch, als die ihr Luegen und Gedichte vor mir zu reden euch vorgenommen habt, bis die Zeit voruebergehe. Darum so sagt mir den Traum, so kann ich merken, dass ihr auch die Deutung trefft. Da antworteten die Chaldaeer vor dem Koenig und sprachen zu ihm: Es ist kein Mensch auf Erden, der sagen koenne, was der Koenig fordert. So ist auch kein Koenig, wie gross oder maechtig er sei, der solches von irgend einem Sternseher, Weisen oder Chaldaeer fordere. Denn was der Koenig fordert, ist zu hoch, und ist auch sonst niemand, der es vor dem Koenig sagen koenne, ausgenommen die Goetter, die bei den Menschen nicht wohnen. Da ward der Koenig sehr zornig und befahl, alle Weisen zu Babel umzubringen. Und das Urteil ging aus, dass man die Weisen toeten sollte; und Daniel samt seinen Gesellen ward auch gesucht, dass man sie toetete. Da erwiderte Daniel klug und verstaendig dem Arioch, dem obersten Richter des Koenigs, welcher auszog, zu toeten die Weisen zu Babel. Und er fing an und sprach zu des Koenigs Vogt, Arioch: Warum ist ein so strenges Urteil vom Koenig ausgegangan? Und Arioch zeigte es dem Daniel an. Da ging Daniel hinein und bat den Koenig, dass er ihm Frist gaebe, damit er die Deutung dem Koenig sagen moechte. Und Daniel ging heim und zeigte solches an seinen Gesellen, Hananja, Misael und Asarja, dass sie den Gott des Himmels um Gnade baeten solches verborgenen Dinges halben, damit Daniel und seine Gesellen nicht samt den andern Weisen zu Babel umkaemen. Da ward Daniel solch verborgenes Ding durch ein Gesicht des Nachts offenbart. Darueber lobte Daniel den Gott des Himmels, fing an und sprach: Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit! denn sein ist beides, Weisheit und Staerke. Er aendert Zeit und Stunde; er setzt Koenige ab und setzt Koenige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verstaendigen ihren Verstand; er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiss, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist eitel Licht. Ich danke dir und lobe dich, Gott meiner Vaeter, der du mir Weisheit und Staerke verleihst und jetzt offenbart hast, darum wir dich gebeten haben; denn du hast uns des Koenigs Sache offenbart. Da ging Daniel hinein zu Arioch, der vom Koenig Befehl hatte, die Weisen zu Babel umzubringen, und sprach zu ihm also: Du sollst die Weisen zu Babel nicht umbringen, sondern fuehre mich hinein zum Koenig, ich will dem Koenig die Deutung sagen. Arioch brachte Daniel eilends hinein vor den Koenig und sprach zu ihm also: Es ist einer gefunden unter den Gefangenen aus Juda, der dem Koenig die Deutung sagen kann. Der Koenig antwortete und sprach zu Daniel, den sie Beltsazar hiessen: Bist du, der mir den Traum, den ich gesehen habe, und seine Deutung anzeigen kann? Daniel fing an vor dem Koenig und sprach: Das verborgene Ding, das der Koenig fordert von den Weisen, Gelehrten, Sterndeutern und Wahrsagern, steht in ihrem Vermoegen nicht, dem Koenig zu sagen. Aber es ist ein Gott im Himmel, der kann verborgene Dinge offenbaren; der hat dem Koenig Nebukadnezar angezeigt, was in kuenftigen Zeiten geschehen soll. Mit deinem Traum und deinem Gesichten, da du schliefest, verhielt sich's also: Du, Koenig, dachtest auf deinem Bette, wie es doch hernach zugehen wuerde; und der, so verborgene Dinge offenbart, hat dir angezeigt, wie es gehen werde. So ist mir solch verborgenes Ding offenbart, nicht durch meine Weisheit, als waere sie groesser denn aller, die da leben; sondern darum, dass dem Koenig die Deutung angezeigt wuerde und du deines Herzens Gedanken erfuehrest. Du, Koenig, sahst, und siehe, ein grosses und hohes und sehr glaenzendes Bild stand vor dir, das war schrecklich anzusehen. Des Bildes Haupt war von feinem Golde, seine Brust und Arme waren von Silber, sein Bauch und seine Lenden waren von Erz, seine Schenkel waren Eisen, seine Fuesse waren eines Teils Eisen und eines Teils Ton. Solches sahst du, bis dass ein Stein herabgerissen ward ohne Haende; der schlug das Bild an seine Fuesse, die Eisen und Ton waren, und zermalmte sie. Da wurden miteinander zermalmt das Eisen, Ton, Erz, Silber und Gold und wurden wie eine Spreu auf der Sommertenne, und der Wind verwehte sie, dass man sie nirgends mehr finden konnte. Der Stein aber, der das Bild zerschlug, ward ein grosser Berg, dass er die ganze Welt fuellte. Das ist der Traum. Nun wollen wir die Deutung vor dem Koenig sagen. Du, Koenig, bist ein Koenig aller Koenige, dem der Gott des Himmels Koenigreich, Macht, Staerke und Ehre gegeben hat und alles, da Leute wohnen, dazu die Tiere auf dem Felde und die Voegel unter dem Himmel in deine Haende gegeben und dir ueber alles Gewalt verliehen hat. Du bist das goldene Haupt. Nach dir wird ein anderes Koenigreich aufkommen, geringer denn deins. Darnach das dritte Koenigreich, das ehern ist, welches wird ueber alle Lande herrschen. Und das vierte wird hart sein wie Eisen; denn gleichwie Eisen alles zermalmt und zerschlaegt, ja, wie Eisen alles zerbricht, also wird es auch diese alle zermalmen und zerbrechen. Dass du aber gesehen hast die Fuesse und Zehen eines Teils Ton und eines Teils Eisen: das wird ein zerteiltes Koenigreich sein; doch wird von des Eisens Art darin bleiben, wie du es denn gesehen hast Eisen mit Ton vermengt. Und dass die Zehen an seinen Fuessen eines Teils Eisen und eines Teils Ton sind: wird's zum Teil ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein. Und dass du gesehen hast Eisen und Ton vermengt: werden sie sich wohl nach Menschengebluet untereinander mengen, aber sie werden doch nicht aneinander halten, gleichwie sich Eisen und Ton nicht mengen laesst. Aber zur Zeit solcher Koenigreiche wird der Gott des Himmels ein Koenigreich aufrichten, das nimmermehr zerstoert wird; und sein Koenigreich wird auf kein ander Volk kommen. Es wird alle diese Koenigreiche zermalmen und verstoeren; aber es selbst wird ewiglich bleiben; wie du denn gesehen hast einen Stein, ohne Haende vom Berge herabgerissen, der das Eisen, Erz, Ton, Silber und Gold zermalmte. Also hat der grosse Gott dem Koenig gezeigt, wie es hernach gehen werde; und der Traum ist gewiss, und die Deutung ist recht. Da fiel der Koenig Nebukadnezar auf sein Angesicht und betete an vor dem Daniel und befahl, man sollt ihm Speisopfer und Raeuchopfer tun. Und der Koenig antwortete Daniel und sprach: Es ist kein Zweifel, euer Gott ist ein Gott ueber alle Goetter und ein HERR ueber alle Koenige, der da kann verborgene Dinge offenbaren, weil du dies verborgene Ding hast koennen offenbaren. Und der Koenig erhoehte Daniel und gab ihm grosse und viele Geschenke und machte ihn zum Fuersten ueber die ganze Landschaft Babel und setzte ihn zum Obersten ueber alle Weisen zu Babel. Und Daniel bat vom Koenig, dass er ueber die Aemter der Landschaft Babel setzen moechte Sadrach, Mesach und Abed-Nego; und er, Daniel blieb bei dem Koenig am Hofe.
Kapitel 3. Der Koenig Nebukadnezar liess ein goldenes Bild machen, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit, und liess es setzen ins Tal Dura in der Landschaft Babel. Und der Koenig Nebukadnezar sandte nach den Fuersten, Herren, Landpflegern, Richtern, Voegten, Raeten, Amtleuten und allen Gewaltigen im Lande, dass sie zusammenkommen sollten, das Bild zu weihen, dass der Koenig Nebukadnezar hatte setzen lassen. Da kamen zusammen die Fuersten, Herren, Landpfleger, Richter, Voegte, Raete, Amtleute und alle Gewaltigen im lande, das Bild zu weihen, das der Koenig Nebukadnezar hatte setzen lassen. Und sie mussten dem Bilde gegenuebertreten, das Nebukadnezar hatte setzen lassen. Und der Herold rief ueberlaut: Das lasst euch gesagt sein, ihr Voelker, Leute und Zungen! Wenn ihr hoeren werdet den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, so sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das der Koenig Nebukadnezar hat setzen lassen. Wer aber alsdann nicht niederfaellt und anbetet, der soll von Stund an in den gluehenden Ofen geworfen werden. Da sie nun hoerten den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter und allerlei Saitenspiel, fielen nieder alle Voelker, Leute und Zungen und beteten an das goldene Bild, das der Koenig Nebukadnezar hatte setzen lassen. Von Stund an traten hinzu etliche chaldaeische Maenner und verklagten die Juden, fingen an und sprachen zum Koenig Nebukadnezar: Der Koenig lebe ewiglich! Du hast ein Gebot lassen ausgehen, dass alle Menschen, wenn sie hoeren wuerden den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, sollten sie niederfallen und das goldene Bild anbeten; wer aber nicht niederfiele und anbetete, sollte in den gluehenden Ofen geworfen werden. Nun sind da juedische Maenner, welche du ueber die Aemter der Landschaft Babel gesetzt hast: Sadrach, Mesach und Abed-Nego; die verachten dein Gebot und ehren deine Goetter nicht und beten nicht an das goldene Bild, das du hast setzen lassen. Da befahl Nebukadnezar mit Grimm und Zorn, dass man vor ihn stellte Sadrach, Mesach und Abed-Nego. Und die Maenner wurden vor den Koenig gestellt. Da fing Nebukadnezar an und sprach zu ihnen: Wie? wollt ihr Sadrach, Mesach, Abed-Nego, meinen Gott nicht ehren und das goldenen Bild nicht anbeten, das ich habe setzen lassen? Wohlan schickt euch! Sobald ihr hoeren werdet den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, so fallt nieder und betet das Bild an, das ich habe machen lassen! Werdet ihr's nicht anbeten, so sollt ihr von Stund an in den gluehenden Ofen geworfen werden. Lasst sehen, wer der Gott sei, der euch aus meiner Hand erretten werde! Da fingen an Sadrach, Mesach, Abed-Nego und sprachen zum Koenig Nebukadnezar: Es ist nicht not, dass wir darauf antworten. Siehe, unser Gott, den wir ehren, kann uns wohl erretten aus dem gluehenden Ofen, dazu auch von deiner Hand erretten. Und wo er's nicht tun will, so sollst du dennoch wissen, dass wir deine Goetter nicht ehren noch das goldene Bild, das du hast setzen lassen, anbeten wollen. Da ward Nebukadnezar voll Grimms, und sein Angesicht verstellte sich wider Sadrach, Mesach und Abed-Nego, und er befahl man sollte den Ofen siebenmal heisser machen, denn man sonst zu tun pflegte. Und er befahl den besten Kriegsleuten, die in seinem Heer waren, dass sie Sadrach, Mesach und Abed-Nego baenden und in den gluehenden Ofen wuerfen. Also wurden diese Maenner in ihren Maenteln, Schuhen, Hueten und andern Kleidern gebunden und in den gluehenden Ofen geworfen; denn des Koenigs Gebot musste man eilends tun. Und man schuerte das Feuer im Ofen so sehr, dass die Maenner, so den Sadrach, Mesach und Abed-Nego hinaufbrachten, verdarben von des Feuers Flammen. Aber die drei Maenner, Sadrach, Mesach und Abed-Nego fielen hinab in den gluehenden Ofen, wie sie gebunden waren. Da entsetzte sich der Koenig Nebukadnezar und fuhr auf und sprach zu seinen Raeten: Haben wir nicht drei Maenner gebunden in das Feuer lassen werfen? Sie antworteten und sprachen zum Koenig: Ja, Herr Koenig. Er antwortete und sprach: Sehe ich doch vier Maenner frei im Feuer gehen, und sie sind unversehrt; und der vierte ist gleich, als waere er ein Sohn der Goetter. Und Nebukadnezar trat hinzu vor das Loch des gluehenden Ofens und sprach: Sadrach, Mesach, Abed-Nego, ihr Knechte Gottes des Hoechsten, geht heraus und kommt her! Da gingen Sadrach, Mesach und Abed-Nego heraus aus dem Feuer. Und die Fuersten, Herren, Voegte und Raete kamen zusammen und sahen, dass das Feuer keine Macht am Leibe dieser Maenner bewiesen hatte und ihr Haupthaar nicht versengt und ihre Maentel nicht versehrt waren; ja man konnte keinen Brand an ihnen riechen. Da fing Nebukadnezar an und sprach: Gelobt sei der Gott Sadrachs, Mesachs und Abed-Negos, der seinen Engel gesandt und seine Knechte errettet hat, die ihm vertraut und des Koenigs Gebot nicht gehalten, sondern ihren Leib dargegeben haben, dass sie keinen Gott ehren noch anbeten wollten als allein ihren Gott! So sei nun dies mein Gebot: Welcher unter allen Voelkern, Leuten und Zungen den Gott Sadrachs, Mesachs und Abed-Negos laestert, der soll in Stuecke zerhauen und sein Haus schaendlich verstoert werden. Denn es ist kein andrer Gott, der also erretten kann, als dieser. Und der Koenig gab Sadrach, Mesach und Abed-Nego grosse Gewalt in der Landschaft Babel.
Kapitel 4. Koenig Nebukadnezar allen Voelkern, Leuten und Zungen auf der ganzen Erde: Viel Friede zuvor! Ich sehe es fuer gut an, dass ich verkuendige die Zeichen und Wunder, so Gott der Hoechste an mir getan hat. Denn seine Zeichen sind gross, und seine Wunder maechtig, und sein Reich ist ein ewiges Reich, und seine Herrschaft waehrt fuer und fuer. Ich, Nebukadnezar, da ich gute Ruhe hatte in meinem Hause und es wohl stand auf meiner Burg, sah einen Traum und erschrak, und die Gedanken, die ich auf meinem Bett hatte, und das Gesicht, so ich gesehen hatte, betruebten mich. Und ich befahl, dass alle Weisen zu Babel vor mich hereingebracht wuerden, dass sie mir sagten, was der Traum bedeutet. Da brachte man herein die Sternseher, Weisen, Chaldaeer und Wahrsager, und ich erzaehlte den Traum vor ihnen; aber sie konnten mir nicht sagen, was er bedeutete, bis zuletzt Daniel vor mich kam, welcher Beltsazar heisst nach dem Namen meines Gottes, der den Geist der heiligen Goetter hat. Und ich erzaehlte vor ihm meinen Traum: Beltsazar, du Oberster unter den Sternsehern, von dem ich weiss, dass du den Geist der heiligen Goetter hast und dir nichts verborgen ist, sage, was das Gesicht meines Traumes, das ich gesehen habe, bedeutet. Dies aber ist das Gesicht, das ich gesehen habe auf meinem Bette: Siehe, es stand ein Baum mitten im Lande, der war sehr hoch. Und er wurde gross und maechtig, und seine Hoehe reichte bis an den Himmel, und er breitete sich aus bis ans Ende der ganzen Erde. Seine Aeste waren schoen und trugen viel Fruechte, davon alles zu essen hatte; alle Tiere auf dem Felde fanden Schatten unter ihm, und die Voegel unter dem Himmel sassen auf seinen Aesten, und alles Fleisch naehrte sich von ihm. Und ich sah ein Gesicht auf meinem Bette, und siehe, ein heiliger Waechter fuhr vom Himmel herab; der rief ueberlaut und sprach also: Haut den Baum um und behaut ihm die Aeste und streift ihm das Laub ab und zerstreut seine Fruechte, dass die Tiere, so unter ihm liegen, weglaufen und die Voegel von seinen Zweigen fliehen. Doch lasst den Stock mit seinen Wurzeln in der Erde bleiben; er aber soll in eisernen und ehernen Ketten auf dem Felde im Grase und unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und soll sich weiden mit den Tieren von den Kraeutern der Erde. Und das menschliche Herz soll von ihm genommen und ein viehisches Herz ihm gegeben werden, bis dass sieben Zeiten ueber ihn um sind. Solches ist im Rat der Waechter beschlossen und im Gespraech der Heiligen beratschlagt, auf dass die Lebendigen erkennen, dass der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will, und erhoeht die Niedrigen zu denselben. Solchen Traum habe ich, Koenig Nebukadnezar, gesehen; du aber Beltsazar, sage mir was er bedeutet. Denn alle Weisen in meinem Koenigreiche koennen mir nicht anzeigen, was er bedeute; du aber kannst es wohl, denn der Geist der heiligen Goetter ist bei dir. Da entsetzte sich Daniel, der sonst Beltsazar heisst, bei einer Stunde lang und seine Gedanken betruebten ihn. Aber der Koenig sprach: Beltsazar, lass dich den Traum und seine Deutung nicht betrueben. Beltsazar fing an und sprach: Ach mein Herr, dass der Traum deinen Feinden und seine Deutung deinen Widersachern gaelte! Der Baum, den du gesehen hast, dass er gross und maechtig ward und seine Hoehe an den Himmel reichte und dass er sich ueber die Erde breitete und seine Aeste schoen waren und seiner Fruechte viel, davon alles zu essen hatte, und die Tiere auf dem Felde unter ihm wohnten und die Voegel des Himmels auf seinen Aesten sassen: das bist du, Koenig, der du so gross und maechtig geworden; denn deine Macht ist gross und reicht an den Himmel, und deine Gewalt langt bis an der Welt Ende. Dass aber der Koenig einen heiligen Waechter gesehen hat vom Himmel herabfahren und sagen: Haut den Baum um und verderbt ihn; doch den Stock mit seinen Wurzeln lasst in der Erde bleiben; er aber soll in eisernen und ehernen Ketten auf dem Felde im Grase gehen und unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und sich mit den Tieren auf dem Felde weiden, bis ueber ihn sieben Zeiten um sind, das ist die Deutung, Herr Koenig, und solcher Rat des Hoechsten geht ueber meinen Herrn Koenig: Man wird dich von den Leuten stossen, und du musst bei den Tieren auf dem Felde bleiben, und man wird dich Gras essen lassen wie die Ochsen, und wirst unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden, bis ueber dir sieben Zeiten um sind, auf dass du erkennst, dass der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will. Dass aber gesagt ist, man solle dennoch den Stock des Baumes mit seinen Wurzeln bleiben lassen: dein Koenigreich soll dir bleiben, wenn du erkannt hast die Gewalt im Himmel. Darum, Herr Koenig, lass dir meinen Rat gefallen und mache dich los von deinen Suenden durch Gerechtigkeit und ledig von deiner Missetat durch Wohltat an den Armen, so wird dein Glueck lange waehren. Dies alles widerfuhr dem Koenig Nebukadnezar. Denn nach zwoelf Monaten, da der Koenig auf der koeniglichen Burg zu Babel ging, hob er an und sprach: Das ist die grosse Babel, die ich erbaut habe zum koeniglichen Hause durch meine grosse Macht, zu Ehren meiner Herrlichkeit. Ehe der Koenig diese Worte ausgeredet hatte, fiel eine Stimme von Himmel: Dir, Koenig Nebukadnezar, wird gesagt: dein Koenigreich soll dir genommen werden; und man wird dich von den Leuten verstossen, und sollst bei den Tieren, so auf dem Felde gehen, bleiben; Gras wird man dich essen lassen wie Ochsen, bis ueber dir sieben Zeiten um sind, auf dass du erkennst, dass der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will. Von Stund an ward das Wort vollbracht ueber Nebukadnezar, und er ward verstossen von den Leuten hinweg, und er ass Gras wie Ochsen, und sein Leib lag unter dem Tau des Himmels, und er ward nass, bis sein Haar wuchs so gross wie Adlersfedern und seine Naegel wie Vogelsklauen wurden. Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf gen Himmel und kam wieder zur Vernunft und lobte den Hoechsten. Ich pries und ehrte den, der ewiglich lebt, des Gewalt ewig ist und des Reich fuer und fuer waehrt, gegen welchen alle, so auf Erden wohnen, als nichts zu rechnen sind. Er macht's, wie er will, mit den Kraeften im Himmel und mit denen, so auf Erden wohnen; und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du? Zur selben Zeit kam ich wieder zur Vernunft, auch zu meinen koeniglichen Ehren, zu meiner Herrlichkeit und zu meiner Gestalt. Und meine Raete und Gewaltigen suchten mich, und ich ward wieder in mein Koenigreich gesetzt; und ich ueberkam noch groessere Herrlichkeit. Darum lobe ich, Nebukadnezar, und ehre und preise den Koenig des Himmels; denn all sein Tun ist Wahrheit, und seine Wege sind recht, und wer stolz ist, den kann er demuetigen.
Kapitel 5. Koenig Belsazer machte ein herrliches Mahl seinen tausend Gewaltigen und soff sich voll mit ihnen. Und da er trunken war, hiess er die goldenen und silbernen Gefaesse herbringen, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel zu Jerusalem weggenommen hatte, dass der Koenig mit seinen Gewaltigen, mit seinen Weibern und mit seinen Kebsweibern daraus traenken. Also wurden hergebracht die goldenen Gefaesse, die aus dem Tempel, aus dem Hause Gottes zu Jerusalem, genommen waren; und der Koenig, seine Gewaltigen, seine Weiber und Kebsweiber tranken daraus. Und da sie so soffen, lobten sie die goldenen, silbernen, ehernen, eisernen, hoelzernen und steinernen Goetter. Eben zu derselben Stunde gingen hervor Finger wie einer Menschenhand, die schrieben, gegenueber dem Leuchter, auf die getuenchte Wand in dem koeniglichen Saal; und der Koenig ward gewahr der Hand, die da schrieb. Da entfaerbte sich der Koenig, und seine Gedanken erschreckten ihn, dass ihm die Lenden schuetterten und die Beine zitterten. Und der Koenig rief ueberlaut, dass man die Weisen, Chaldaeer und Wahrsager hereinbringen sollte. Und er liess den Weisen zu Babel sagen: Welcher Mensch diese Schrift liest und sagen kann, was sie bedeute, der soll in Purpur gekleidet werden und eine goldene Kette am Halse tragen und der dritte Herr sein in meinem Koenigreiche. Da wurden alle Weisen des Koenigs hereingebracht; aber sie konnten weder die Schrift lesen noch die Deutung dem Koenig anzeigen. Darueber erschrak der Koenig Belsazer noch haerter und verlor ganz seine Farbe; und seinen Gewaltigen ward bange. Da ging die Koenigin um solcher Sache des Koenigs und seiner Gewaltigen willen hinein in den Saal und sprach: Der Koenig lebe ewiglich! Lass dich deine Gedanken nicht so erschrecken und entfaerbe dich nicht also! Es ist ein Mann in deinem Koenigreich, der den Geist der heiligen Goetter hat. Denn zu deines Vaters Zeit ward bei ihm Erleuchtung gefunden, Klugheit und Weisheit, wie der Goetter Weisheit ist; und dein Vater, Koenig Nebukadnezar, setzte ihn ueber die Sternseher, Weisen, Chaldaeer und Wahrsager, darum dass ein hoher Geist bei ihm gefunden ward, dazu Verstand und Klugheit, Traeume zu deuten, dunkle Sprueche zu erraten und verborgene Sachen zu offenbaren: naemlich Daniel, den der Koenig liess Beltsazar nennen. So rufe man nun Daniel; der wird sagen, was es bedeutet. Da ward Daniel hinein vor den Koenig gebracht. Und der Koenig sprach zu Daniel: Bist du der Daniel, der Gefangenen einer aus Juda, die der Koenig, mein Vater aus Juda hergebracht hat? Ich habe von dir hoeren sagen, dass du den Geist der Goetter hast und Erleuchtung, Verstand und hohe Weisheit bei dir gefunden sei. Nun habe ich vor mich fordern lassen die Klugen und Weisen, dass sie mir diese Schrift lesen und anzeigen sollen, was sie bedeutet: und sie koennen mir nicht sagen, was solches bedeutet. Von dir aber hoere ich, dass du koennest Deutungen geben und das Verborgene offenbaren. Kannst du nun die Schrift lesen und mir anzeigen, was sie bedeutet, so sollst du mit Purpur gekleidet werden und eine golden Kette an deinem Halse tragen und der dritte Herr sein in meinem Koenigreiche. Da fing Daniel an und redete vor dem Koenig: Behalte deine Gaben selbst und gib dein Geschenk einem andern; ich will dennoch die Schrift dem Koenig lesen und anzeigen, was sie bedeutet. Herr Koenig, Gott der Hoechste hat deinem Vater, Nebukadnezar, Koenigreich, Macht, Ehre und Herrlichkeit gegeben. Und vor solcher Macht, die ihm gegeben war, fuerchteten sich vor ihm alle Voelker, Leute und Zungen. Er toetete wen er wollte; er liess leben, wen er wollte; er erhoehte, wen er wollte; er demuetigt, wen er wollte. Da sich aber sein Herz erhob und er stolz und hochmuetig ward, ward er vom koeniglichen Stuhl gestossen und verlor seine Ehre und ward verstossen von den Leuten hinweg, und sein Herz ward gleich den Tieren, und er musste bei dem Wild laufen und frass Gras wie Ochsen, und sein Leib lag unterm Tau des Himmels, und er ward nass, bis dass er lernte, dass Gott der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will. Und du, Belsazer, sein Sohn, hast dein Herz nicht gedemuetigt, ob du wohl solches alles weisst, sondern hast dich wider den HERRN des Himmels erhoben, und die Gefaesse seines Hauses hat man vor dich bringen muessen, und du, deine Gewaltigen, deine Weiber und deine Kebsweiber habt daraus getrunken, dazu die silbernen, goldenen, ehernen, eisernen, hoelzernen und steinernen Goetter gelobt, die weder sehen noch hoeren noch fuehlen; den Gott aber, der deinen Odem und alle deine Wege in seiner Hand hat, hast du nicht geehrt. Darum ist von ihm gesandt diese Hand und diese Schrift, die da verzeichnet steht. Das aber ist die Schrift, allda verzeichnet: Mene, mene, Tekel, U-pharsin. Und sie bedeutet dies: Mene, das ist Gott hat dein Koenigreich gezaehlt und vollendet. Tekel, das ist: man hat dich in einer Waage gewogen und zu leicht gefunden. Peres, das ist: dein Koenigreich ist zerteilt und den Medern und Persern gegeben. Da befahl Belsazer, dass man Daniel mit Purpur kleiden sollte und ihm eine goldene Kette an den Hals geben, und liess ihm verkuendigen, dass er der dritte Herr sei im Koenigreich. Aber in derselben Nacht ward der Chaldaeer Koenig Belsazer getoetet. Und Darius aus Medien nahm das Reich ein, da er zweiundsechzig Jahre alt war.
Kapitel 6. Und Darius sah es fuer gut an, dass er ueber das ganze Koenigreich setzte hundertzwanzig Landvoegte. Ueber diese setzte er drei Fuersten, deren einer Daniel war, welchen die Landvoegte sollten Rechnung tun, dass der Koenig keinen Schaden litte. Daniel aber uebertraf die Fuersten und Landvoegte alle, denn es war ein hoher Geist in ihm; darum gedachte der Koenig, ihn ueber das ganze Koenigreich zu setzen. Derhalben trachteten die Fuersten und Landvoegte darnach, wie sie eine Sache an Daniel faenden, die wider das Koenigreich waere. Aber sie konnten keine Sache noch Uebeltat finden; denn er war treu, dass man ihm keine Schuld noch Uebeltat an ihm finden mochte. Da sprachen die Maenner: Wir werden keine Sache an Daniel finden ausser seinem Gottesdienst. Da kamen die Fuersten und Landvoegte zuhauf vor den Koenig und sprachen zu ihm also: Der Koenig Darius lebe ewiglich! Es haben die Fuersten des Koenigreichs, die Herren, die Landvoegte, die Raete und Hauptleute alle Gedacht, dass man einen koeniglichen Befehl soll ausgehen lassen und ein strenges Gebot stellen, dass, wer in dreissig Tagen etwas bitten wird von irgend einem Gott oder Menschen ausser dir, Koenig, allein, solle zu den Loewen in den Graben geworfen werden. Darum, lieber Koenig, sollst du solch Gebot bestaetigen und dich unterschreiben, auf dass es nicht geaendert werde, nach dem Rechte der Meder und Perser, welches niemand aufheben darf. Also unterschrieb sich der Koenig Darius. Als nun Daniel erfuhr, dass solch Gebot unterschrieben waere, ging er hinein in sein Haus (er hatte aber an seinem Soeller offene Fenster gegen Jerusalem); und er fiel des Tages dreimal auf seine Kniee, betete, lobte und dankte seinem Gott, wie er denn bisher zu tun pflegte. Da kamen diese Maenner zuhauf und fanden Daniel beten und flehen vor seinem Gott. Und traten hinzu und redeten mit dem Koenig von dem koeniglichen Gebot: Herr Koenig, hast du nicht ein Gebot unterschrieben, dass, wer in dreissig Tagen etwas bitten wuerde von irgend einem Gott oder Menschen ausser dir, Koenig, allein, solle zu den Loewen in den Graben geworfen werden? Der Koenig antwortete und sprach: Es ist wahr, und das Recht der Meder und Perser soll niemand aufheben. Sie antworteten und sprachen vor dem Koenig: Daniel, der Gefangenen aus Juda einer, der achtet weder dich noch dein Gebot, das du verzeichnet hast; denn er betet des Tages dreimal. Da der Koenig solches hoerte, ward er sehr betruebt und tat grossen Fleiss, dass er Daniel erloeste, und muehte sich bis die Sonne unterging, dass er ihn errettete. Aber die Maenner kamen zuhauf zu dem Koenig und sprachen zu ihm: Du weisst, Herr Koenig, dass der Meder und Perser Recht ist, dass alle Gebote und Befehle, so der Koenig beschlossen hat, sollen unveraendert bleiben. Da befahl der Koenig, dass man Daniel herbraechte; und sie warfen ihn zu den Loewen in den Graben. Der Koenig aber sprach zu Daniel: Dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, der helfe dir! Und sie brachten einen Stein, den legten sie vor die Tuer am Graben; den versiegelte der Koenig mit seinem eigenen Ring und mit dem Ring der Gewaltigen, auf dass nichts anderes mit Daniel geschaehe. Und der Koenig ging weg in seine Burg und blieb ungegessen und liess auch kein Essen vor sich bringen, konnte auch nicht schlafen. Des Morgens frueh, da der Tag anbrach, stand der Koenig auf und ging eilend zum Graben, da die Loewen waren. Und als er zum Graben kam rief er Daniel mit klaeglicher Stimme. Und der Koenig sprach zu Daniel: Daniel, du Knecht des lebendigen Gottes, hat dich auch dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, koennen vor den Loewen erloesen? Daniel aber redete mit dem Koenig: Der Koenig lebe ewiglich! Mein Gott hat seinen Engel gesandt, der den Loewen den Rachen zugehalten hat, dass sie mir kein Leid getan haben; denn vor ihm bin ich unschuldig erfunden; so habe ich auch wider dich, Herr Koenig, nichts getan. Da ward der Koenig sehr froh und hiess Daniel aus dem Graben ziehen. Und sie zogen Daniel aus dem Graben, und man spuerte keinen Schaden an ihm; denn er hatte seinem Gott vertraut. Da hiess er die Maenner, so Daniel verklagt hatten, herbringen und zu den Loewen in den Graben werfen samt ihren Weibern und Kindern. Und ehe sie auf den Boden hinabkamen, ergriffen sie die Loewen und zermalmten alle ihre Gebeine. Da liess der Koenig Darius schreiben allen Voelkern, Leuten und Zungen auf der ganzen Erde: "Viel Friede zuvor! Das ist mein Befehl, dass man in der ganzen Herrschaft meines Koenigreiches den Gott Daniels fuerchten und scheuen soll. Denn er ist der lebendige Gott, der ewiglich bleibt, und sein Koenigreich ist unvergaenglich, und seine Herrschaft hat kein Ende. Er ist ein Erloeser und Nothelfer, und er tut Zeichen und Wunder im Himmel und auf Erden. Der hat Daniel von den Loewen erloest." Und Daniel ward gewaltig im Koenigreich des Darius und auch im Koenigreich des Kores, des Persers.
Kapitel 7. Im ersten Jahr Belsazers, des Koenigs zu Babel, hatte Daniel einen Traum und Gesichte auf seinem Bett; und er schrieb den Traum auf und verfasste ihn also: Ich, Daniel, sah ein Gesicht in der Nacht, und siehe, die vier Winde unter dem Himmel stuermten widereinander auf dem grossen Meer. Und vier grosse Tiere stiegen heraus aus dem Meer, ein jedes anders denn das andere. Das erste wie ein Loewe und hatte Fluegel wie ein Adler. Ich sah zu, bis dass ihm die Fluegel ausgerauft wurden; und es ward von der Erde aufgehoben, und es stand auf zwei Fuessen wie ein Mensch, und ihm ward ein menschlich Herz gegeben. Und siehe, das andere Tier hernach war gleich einem Baeren und stand auf der einen Seite und hatte in seinem Maul unter seinen Zaehnen drei grosse, lange Zaehne. Und man sprach zu ihm: Stehe auf und friss viel Fleisch! Nach diesem sah ich, und siehe, ein anderes Tier, gleich einem Parder, das hatte vier Fluegel wie ein Vogel auf seinem Ruecken, und das Tier hatte vier Koepfe; und ihm ward Gewalt gegeben. Nach diesem sah ich in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, das vierte Tier war greulich und schrecklich und sehr stark und hatte grosse eiserne Zaehne, frass um sich und zermalmte, und das uebrige zertrat's mit seinen Fuessen; es war auch viel anders denn die vorigen und hatte zehn Hoerner. Da ich aber die Hoerner schaute, siehe, da brach hervor zwischen ihnen ein anderes kleines Horn, vor welchen der vorigen Hoerner drei ausgerissen wurden; und siehe, dasselbe Horn hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul, das redete grosse Dinge. Solches sah ich, bis dass Stuehle gesetzt wurden; und der Alte setzte sich. Des Kleid war schneeweiss, und das Haar auf seinem Haupt wie reine Wolle; sein Stuhl war eitel Feuerflammen, und dessen Raeder brannten mit Feuer. Und von ihm her ging ein langer feuriger Strahl. Tausend mal tausend dienten ihm, und zehntausend mal zehntausend standen vor ihm. Das Gericht ward gehalten, und die Buecher wurden aufgetan. Ich sah zu um der grossen Reden willen, so das Horn redete; ich sah zu bis das Tier getoetet ward und sein Leib umkam und ins Feuer geworfen ward und der anderen Tiere Gewalt auch aus war; denn es war ihnen Zeit und Stunde bestimmt, wie lange ein jegliches waehren sollte. Ich sah in diesem Gesicht des Nachts, und siehe, es kam einer in des Himmels Wolken wie eines Menschen Sohn bis zu dem Alten und ward vor ihn gebracht. Der gab ihm Gewalt, Ehre und Reich, dass ihm alle Voelker, Leute und Zungen dienen sollten. Seine Gewalt ist ewig, die nicht vergeht, und sein Koenigreich hat kein Ende. Ich, Daniel, entsetzte mich davor, und solches Gesicht erschreckte mich. Und ich ging zu der einem, die dastanden, und bat ihn, dass er mir von dem allem gewissen Bericht gaebe. Und er redete mit mir und zeigte mir, was es bedeutete. Diese vier grossen Tiere sind vier Reiche, so auf Erden kommen werden. Aber die Heiligen des Hoechsten werden das Reich einnehmen und werden's immer und ewiglich besitzen. Darnach haette ich gern gewusst gewissen Bericht von dem vierten Tier, welches gar anders war denn die anderen alle, sehr greulich, das eiserne Zaehne und eherne Klauen hatte, das um sich frass und zermalmte und das uebrige mit seinen Fuessen zertrat; und von den zehn Hoernern auf seinem Haupt und von dem andern, das hervorbrach, vor welchem drei abfielen; und das Horn hatte Augen und ein Maul, das grosse Dinge redete, und war groesser, denn die neben ihm waren. Und ich sah das Horn streiten wider die Heiligen, und es behielt den Sieg wider sie, bis der Alte kam und Gericht hielt fuer die Heiligen des Hoechsten, und die Zeit kam, dass die Heiligen das Reich einnahmen. Er sprach also: Das vierte Tier wird das vierte Reich auf Erden sein, welches wird gar anders sein denn alle Reiche; es wird alle Lande fressen, zertreten und zermalmen. Die Zehn Hoerner bedeuten zehn Koenige, so aus dem Reich entstehen werden. Nach ihnen aber wird ein anderer aufkommen, der wird gar anders sein denn die vorigen und wird drei Koenige demuetigen. Er wird den Hoechsten Laestern und die Heiligen des Hoechsten verstoeren und wird sich unterstehen, Zeit und Gesetz zu aendern. Sie werden aber in sein Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit. Darnach wird das Gericht gehalten werden; da wird dann seine Gewalt weggenommen werden, dass er zu Grund vertilgt und umgebracht werde. Aber das Reich, Gewalt und Macht unter dem ganzen Himmel wird dem heiligen Volk des Hoechsten gegeben werden, des Reich ewig ist, und alle Gewalt wird ihm dienen und gehorchen. Das war der Rede Ende. Aber ich, Daniel, ward sehr betruebt in meinen Gedanken, und meine Gestalt verfiel; doch behielt ich die Rede in meinem Herzen.
Kapitel 8. Im dritten Jahr des Koenigreichs des Koenigs Belsazer erschien mir, Daniel, ein Gesicht nach dem, so mir zuerst erschienen war. Ich war aber in solchem Gesicht zu Schloss Susan im Lande Elam, am Wasser Ulai. Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, ein Widder stand vor dem Wasser, der hatte zwei hohe Hoerner, doch eins hoeher denn das andere, und das hoechste wuchs am letzten. Ich sah, dass der Widder mit den Hoernern stiess gegen Abend, gegen Mitternacht und gegen Mittag; und kein Tier konnte vor ihm bestehen noch von seiner Hand errettet werden, sondern er tat, was er wollte, und ward gross. Und indem ich darauf merkte, siehe, da kommt ein Ziegenbock vom Abend her ueber die ganze Erde, dass er die Erde nicht beruehrte; und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen. Und er kam bis zu dem Widder der zwei Hoerner hatte, den ich stehen sah vor dem Wasser, und er lief in seinem Zorn gewaltig auf ihn zu. Und ich sah ihm zu, dass er hart an den Widder kam, und er ergrimmte ueber ihn und stiess den Widder und zerbrach ihm seine zwei Hoerner. Und der Widder hatte keine Kraft, dass er vor ihm haette koennen bestehen; sondern er warf ihn zu Boden und zertrat ihn und niemand konnte den Widder von seiner Hand erretten. Und der Ziegenbock ward sehr gross. Und da er am staerksten geworden war, zerbrach das grosse Horn, und wuchsen ihm an seiner Statt vier ansehnliche gegen die vier Winde des Himmels. Und aus einem wuchs ein kleines Horn; das ward sehr gross gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land. Und es wuchs bis an des Himmels Heer und warf etliche davon und von den Sternen zur Erde und zertrat sie. Ja es wuchs bis an den Fuersten des Heeres und nahm von ihm weg das taegliche Opfer und verwuestete die Wohnung seines Heiligtums. Es ward ihm aber solche Macht gegeben wider das taegliche Opfer um der Suende willen, dass es die Wahrheit zu Boden schluege und, was es tat, ihm gelingen musste. Ich hoerte aber einen Heiligen reden; und ein Heiliger sprach zu dem, der da redete: Wie lange soll doch waehren solch Gesicht vom taeglichen Opfer und von der Suende, um welcher willen diese Verwuestung geschieht, dass beide, das Heiligtum und das Heer zertreten werden? Und er antwortete mir: Bis zweitausend dreihundert Abende und Morgen um sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden. Und da ich, Daniel, solch Gesicht sah und haette es gern verstanden, siehe, da stand's vor mir wie ein Mann. Und ich hoerte mitten vom Ulai her einen mit Menschenstimme rufen und sprechen: Gabriel, lege diesem das Gesicht aus, dass er's verstehe! Und er trat nahe zu mir. Ich erschrak aber, da er kam, und fiel auf mein Angesicht. Er aber sprach zu mir: Merke auf, du Menschenkind! denn dies Gesicht gehoert in die Zeit des Endes. Und da er mit mir redete, sank ich in eine Ohnmacht zur Erde auf mein Angesicht. Er aber ruehrte mich an und richtete mich auf, dass ich stand. Und er sprach: Siehe, ich will dir zeigen, wie es gehen wird zur Zeit des letzten Zorns; denn das Ende hat seine bestimmte Zeit. Der Widder mit den zwei Hoernern, den du gesehen hast, sind die Koenige in Medien und Persien. Der Ziegenbock aber ist der Koenig in Griechenland. Das Horn zwischen seinen Augen ist der erste Koenig. Dass aber vier an seiner Statt standen, da es zerbrochen war, bedeutet, dass vier Koenigreiche aus dem Volk entstehen werden, aber nicht so maechtig, wie er war. In der letzten Zeit ihres Koenigreiches, wenn die Uebertreter ueberhandnehmen, wird aufkommen ein frecher und tueckischer Koenig. Der wird maechtig sein, doch nicht durch seine Kraft; er wird greulich verwuesten, und es wird ihm gelingen, dass er's ausrichte. Er wird die Starken samt dem heiligen Volk verstoeren. Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fuersten allen Fuersten; aber er wird ohne Hand zerbrochen werden. Dies Gesicht vom Abend und Morgen das dir gesagt ist, das ist wahr; aber du sollst das Gesicht heimlich halten, denn es ist noch eine lange Zeit dahin. Und ich, Daniel, ward schwach und lag etliche Tage krank. Darnach stand ich auf und richtete aus des Koenigs Geschaeft. Und verwunderte mich des Gesichts; und war niemand da, der mir's auslegte.
Kapitel 9. Im ersten Jahr des Darius, des Sohnes Ahasveros, aus der Meder Stamm, der ueber das Koenigreich der Chaldaeer Koenig ward, in diesem ersten Jahr seines Koenigreiches merkte ich, Daniel, in den Buechern auf die Zahl der Jahre, davon der HERR geredet hatte zum Propheten Jeremia, dass Jerusalem sollte siebzig Jahre wuest liegen. Und ich kehrte mich zu Gott dem HERRN, zu beten und zu flehen mit Fasten im Sack und in der Asche. Ich betete aber zu dem HERRN, meinem Gott, bekannte und sprach: Ach lieber HERR, du grosser und schrecklicher Gott, der du Bund und Gnade haeltst denen, die dich lieben und deine Gebote halten: wir haben gesuendigt, unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtruennig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten gewichen. Wir gehorchten nicht deinen Knechten, den Propheten, die in deinem Namen unsern Koenigen, Fuersten, Vaetern und allem Volk im Lande predigten. Du, HERR, bist gerecht, wir aber muessen uns schaemen; wie es denn jetzt geht denen von Juda und denen von Jerusalem und dem ganzen Israel, denen, die nahe und fern sind in allen Landen, dahin du sie verstossen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir begangen haben. Ja, HERR, wir, unsre Koenige, unsre Fuersten und unsre Vaeter muessen uns schaemen, dass wir uns an dir versuendigt haben. Dein aber, HERR, unser Gott, ist die Barmherzigkeit und Vergebung. Denn wir sind abtruennig geworden und gehorchten nicht der Stimme des HERRN, unsers Gottes, dass wir gewandelt haetten in seinem Gesetz, welches er uns vorlegte durch seine Knechte, die Propheten; sondern das ganze Israel uebertrat dein Gesetz, und sie wichen ab, dass sie deiner Stimme nicht gehorchten. Darum trifft uns auch der Fluch und Schwur, der geschrieben steht im Gesetz Moses, des Knechtes Gottes, weil wir an ihm gesuendigt haben. Und er hat seine Worte gehalten, die er geredet hat wider uns und unsre Richter, die uns richten sollten, dass er so grosses Unglueck ueber uns hat gehen lassen, dass desgleichen unter dem ganzen Himmel nicht geschehen ist, wie ueber Jerusalem geschehen ist. Gleichwie es geschrieben steht im Gesetz Mose's, so ist all dies grosse Unglueck ueber uns gegangen. So beteten wir auch nicht vor dem HERRN, unserm Gott, dass wir uns von den Suenden bekehrten und auf deine Wahrheit achteten. Darum ist der HERR auch wach gewesen mit diesem Unglueck und hat's ueber uns gehen lassen. Denn der HERR, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er tut; denn wir gehorchten seiner Stimme nicht. Und nun, HERR, unser Gott, der du dein Volk aus Aegyptenland gefuehrt hast mit starker Hand und hast dir einen Namen gemacht, wie er jetzt ist: wir haben ja gesuendigt und sind leider gottlos gewesen. Ach HERR, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berge. Denn um unsrer Suenden willen und um unsrer Vaeter Missetat willen traegt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her sind. Und nun, unser Gott, hoere das Gebet deines Knechtes und sein Flehen, und siehe gnaedig an dein Heiligtum, das verstoert ist, um des HERRN willen. Neige dein Ohr, mein Gott, und hoere, tue deine Augen auf und sieh, wie wir verstoert sind und die ganze Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet, nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine grosse Barmherzigkeit. Ach HERR, hoere, ach HERR, sei gnaedig, ach HERR, merke auf und tue es, und verzieh nicht um deiner selbst willen, mein Gott! denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt. Als ich noch so redete und betete und meine und meines Volks Israel Suende bekannte und lag mit meinem Gebet vor dem HERRN, meinem Gott, um den heiligen Berg meines Gottes, eben da ich so redete in meinem Gebet, flog daher der Mann Gabriel, den ich zuvor gesehen hatte im Gesicht, und ruehrte mich an um die Zeit des Abendopfers. Und er unterrichtete mich und redete mit mir und sprach: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, dich zu unterrichten. Den da du anfingst zu beten, ging dieser Befehl aus, und ich komme darum, dass ich dir's anzeige; denn du bist lieb und wert. So merke nun darauf, dass du das Gesicht verstehest. Siebzig Wochen sind bestimmt ueber dein Volk und ueber die heilige Stadt, so wird dem Uebertreten gewehrt und die Suende abgetan und die Missetat versoehnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht und die Gesichte und Weissagung versiegelt und ein Hochheiliges gesalbt werden. So wisse nun und merke: von der Zeit an, da ausgeht der Befehl, dass Jerusalem soll wieder gebaut werden, bis auf den Gesalbten, den Fuersten, sind sieben Wochen; und zweiundsechzig Wochen, so werden die Gassen und Mauern wieder gebaut werden, wiewohl in kuemmerlicher Zeit. Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden und nichts mehr sein. Und das Volk eines Fuersten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum verstoeren, dass es ein Ende nehmen wird wie durch eine Flut; und bis zum Ende des Streits wird's wuest bleiben. Er wird aber vielen den Bund staerken eine Woche lang. Und mitten in der Woche wird das Opfer und Speisopfer aufhoeren. Und bei den Fluegeln werden stehen Greuel der Verwuestung, bis das Verderben, welches beschlossen ist, sich ueber die Verwuestung ergiessen wird.
Kapitel 10. Im dritten Jahr des Koenigs Kores aus Persien ward dem Daniel, der Beltsazar heisst, etwas offenbart, das gewiss ist und von grossen Sachen; und er merkte darauf und verstand das Gesicht wohl. Zur selben Zeit war ich, Daniel, traurig drei Wochen lang. Ich ass keine leckere Speise, Fleisch und Wein kam nicht in meinen Mund, und salbte mich auch nie, bis die drei Wochen um waren. Und am vierundzwanzigsten Tage des Monats war ich bei dem grossen Wasser Hiddekkel und hob meine Augen auf und sah, und siehe, da stand ein Mann in Leinwand und hatte einen goldenen Guertel um seine Lenden. Sein Leib war wie Tuerkis, sein Antlitz wie ein Blitz, seine Augen wie feurige Fackeln, seine Arme und Fuesse wie helles, glattes Erz, und seine Rede war wie ein grosses Getoen. Ich, Daniel, aber sah solch Gesicht allein, und die Maenner, so bei mir waren, sahen's nicht; doch fiel ein grosser Schrecken ueber sie, dass sie flohen und sich verkrochen. Und ich blieb allein und sah dies grosse Gesicht. Es blieb aber keine Kraft in mir, und ich ward sehr entstellt und hatte keine Kraft mehr. Und ich hoerte seine Rede; und in dem ich sie hoerte, sank ich ohnmaechtig auf mein Angesicht zur Erde. Und siehe, eine Hand ruehrte mich an und half mir auf die Kniee und auf die Haende, und er sprach zu mir: Du, lieber Daniel, merke auf die Worte, die ich mit dir rede, und richte dich auf; denn ich bin jetzt zu dir gesandt. Und da er solches mit mir redete, richtete ich mich auf und zitterte. Und er sprach zu mir: Fuerchte dich nicht, Daniel; denn von dem ersten Tage an, da du von Herzen begehrtest zu verstehen und dich kasteitest vor deinem Gott, sind deine Worte erhoert; und ich bin gekommen um deinetwillen. Aber der Fuerst des Koenigreiches im Perserland hat mir einundzwanzig Tage widerstanden; und siehe, Michael, der vornehmsten Fuersten einer, kam mir zu Hilfe; da behielt ich den Sieg bei den Koenigen in Persien. Nun aber komme ich, dass ich dich unterrichte, wie es deinem Volk hernach gehen wird; denn das Gesicht wird erst nach etlicher Zeit geschehen. Und als er solches mit mir redete, schlug ich mein Angesicht nieder zur Erde und schwieg still. Und siehe, einer, gleich einem Menschen, ruehrte meine Lippen an. Da tat ich meinen Mund auf und redete und sprach zu dem, der vor mir stand: Mein HERR, meine Gelenke beben mir ueber dem Gesicht, und ich habe keine Kraft mehr; und wie kann der Knecht meines HERRN mit meinem HERRN reden, weil nun keine Kraft mehr in mir ist und ich auch keinen Odem mehr habe? Da ruehrte einer, gleich wie ein Mensch gestaltet, mich abermals an und staerkte mich und sprach: Fuerchte dich nicht, du lieber Mann! Friede sei mit dir! Und sei getrost, sei getrost! Und als er mit mir redete, ermannte ich mich und sprach: Mein HERR rede! denn du hast mich gestaerkt. Und er sprach: Weisst du auch, warum ich zu dir gekommen bin? Jetzt will ich wieder hin und mit dem Fuersten in Perserland streiten; aber wenn ich wegziehe, siehe, so wird der Fuerst von Griechenland kommen. Doch ich will dir anzeigen, was geschrieben ist, was gewiss geschehen wird. Und es ist keiner, der mir hilft wider jene, denn euer Fuerst Michael,
Kapitel 11. Denn ich stand ihm bei im ersten Jahr des Darius, des Meders, dass ich ihm huelfe und ihn staerkte. Und nun will ich dir anzeigen, was gewiss geschehen soll. Siehe, es werden drei Koenige in Persien aufstehen; der vierte aber wird den groessern Reichtum haben denn alle andern; und wenn er in seinem Reichtum am maechtigsten ist, wird er alles wider das Koenigreich in Griechenland erregen. Darnach wird ein maechtiger Koenig aufstehen und mit grosser Macht herrschen, und was er will, wir er ausrichten. Und wenn er aufs Hoechste gekommen ist, wird sein Reich zerbrechen und sich in alle vier Winde des Himmels zerteilen, nicht auf seine Nachkommen, auch nicht mit solcher Macht, wie sie gewesen ist; denn sein Reich wird ausgerottet und Fremden zuteil werden. Und der Koenig gegen Mittag, welcher ist seiner Fuersten einer, wird maechtig werden; aber gegen ihn wird einer auch maechtig sein und herrschen, dessen Herrschaft wird gross sein. Nach etlichen Jahren aber werden sie sich miteinander befreunden; die Tochter des Koenigs gegen Mittag wird kommen zum Koenig gegen Mitternacht, Einigkeit zu machen. Aber ihr wird die Macht des Arms nicht bleiben, dazu wird er und sein Arm nicht bestehen bleiben; sondern sie wird uebergeben werden samt denen, die sie gebracht haben, und dem, der sie erzeugt hat, und dem, der sie eine Weile maechtig gemacht hat. Es wird aber der Zweige einer von ihrem Stamm aufkommen; der wird kommen mit Heereskraft und dem Koenig gegen Mitternacht in seine Feste fallen und wird's ausrichten und siegen. Auch wird er ihre Goetter und Bilder samt den koestlichen Kleinoden, silbernen und goldenen, wegfuehren nach Aegypten und etliche Jahre vor dem Koenig gegen Mitternacht wohl stehen bleiben. Und dieser wird ziehen in das Reich des Koenigs gegen Mittag, aber wieder in sein Land umkehren. Aber seine Soehne werden zornig werden und grosse Heere zusammenbringen; und der eine wird kommen und wie eine Flut daherfahren und wiederum Krieg fuehren bis vor seine Feste. Da wird der Koenig gegen Mittag ergrimmen und ausziehen und mit dem Koenig gegen Mitternacht streiten und wird einen solchen grossen Haufen zusammenbringen, dass ihm jener Haufe wird in seine Hand gegeben, Und wird den Haufen wegfuehren. Des wird sich sein Herz ueberheben, dass er so viele Tausende darniedergelegt hat; aber damit wird er sein nicht maechtig werden. Denn der Koenig gegen Mitternacht wird wiederum einen groesseren Haufen zusammenbringen, als der vorige war; und nach etlichen Jahren wird er daherziehen mit grosser Heereskraft und mit grossem Gut. Und zur selben Zeit werden sich viele wider den Koenig gegen Mittag setzen; auch werden sich Abtruennige aus deinem Volk erheben und die Weissagung erfuellen, und werden fallen. Also wird der Koenig gegen Mitternacht daherziehen und einen Wall aufschuetten und eine feste Stadt gewinnen; und die Mittagsheere werden's nicht koennen wehren, und sein bestes Volk wird nicht koennen widerstehen; sondern der an ihn kommt, wird seinen Willen schaffen, und niemand wird ihm widerstehen koennen. Er wird auch in das werte Land kommen und wird's vollenden durch seine Hand. Und wird sein Angesicht richten, dass er mit der Macht seines ganzen Koenigreichs komme. Aber er wird sich mit ihm vertragen und wird ihm seine Tochter zum Weibe geben, dass er ihn verderbe; aber es wird ihm nicht geraten und wird nichts daraus werden. Darnach wird er sich kehren wider die Inseln und deren viele gewinnen. Aber ein Fuerst wird ihn lehren aufhoeren mit Schmaehen, dass er nicht mehr schmaehe. Also wird er sich wiederum kehren zu den Festen seines Landes und wird sich stossen und fallen, dass ihn niemand finden wird. Und an seiner Statt wird einer aufkommen, der wird einen Schergen sein herrliches Reich durchziehen lassen; aber nach wenigen Tagen wird er zerbrochen werden, doch weder durch Zorn noch durch Streit. An des Statt wird aufkommen ein Ungeachteter, welchem die Ehre des Koenigreichs nicht zugedacht war; der wird mitten im Frieden kommen und das Koenigreich mit suessen Worten einnehmen. Und die Heere, die wie eine Flut daherfahren, werden von ihm wie mit einer Flut ueberfallen und zerbrochen werden, dazu auch der Fuerst, mit dem der Bund gemacht war. Denn nachdem er mit ihm befreundet ist, wird er listig gegen ihn handeln und wird heraufziehen und mit geringem Volk ihn ueberwaeltigen, und es wird ihm gelingen, dass er in die besten Staedte des Landes kommen wird; und wird's also ausrichten, wie es weder seine Vaeter noch seine Voreltern tun konnten, mit Rauben, Pluendern und Ausbeuten; und wird nach den allerfestesten Staedten trachten, und das eine Zeitlang. Und er wird seine Macht und sein Herz wider den Koenig gegen Mittag erregen mit grosser Heereskraft; Da wird der Koenig gegen Mittag gereizt werden zum Streit mit einer grossen, maechtigen Heereskraft; aber er wird nicht bestehen, denn es werden Verraetereien wider ihn gemacht. Und eben die sein Brot essen, die werden ihn helfen verderben und sein Heer unterdruecken, dass gar viele erschlagen werden. Und beider Koenige Herz wird denken, wie sie einander Schaden tun, und werden an einem Tische faelschlich miteinander reden. Es wird ihnen aber nicht gelingen; denn das Ende ist noch auf eine andere Zeit bestimmt. Darnach wird er wiederum heimziehen mit grossem Gut und sein Herz richten wider den heiligen Bund; da wird er es ausrichten und also heim in sein Land ziehen. Darnach wird er zu gelegener Zeit wieder gegen Mittag ziehen; aber es wird ihm zum andernmal nicht geraten wie zum erstenmal. Denn es werden Schiffe aus Chittim wider ihn kommen, dass er verzagen wird und umkehren muss. Da wird er wider den heiligen Bund ergrimmen und wird's nicht ausrichten; und wird sich umsehen und an sich ziehen, die den heiligen Bund verlassen. Und es werden seine Heere daselbst stehen; die werden das Heiligtum in der Feste entweihen und das taegliche Opfer abtun und einen Greuel der Verwuestung aufrichten. Und er wird heucheln und gute Worte geben den Gottlosen, so den Bund uebertreten. Aber die vom Volk, so ihren Gott kennen, werden sich ermannen und es ausrichten. Und die Verstaendigen im Volk werden viele andere lehren; darueber werden sie fallen durch Schwert, Feuer, Gefaengnis und Raub eine Zeitlang. Und wenn sie so fallen, wird ihnen eine kleine Hilfe geschehen; aber viele werden sich zu ihnen tun betrueglich. Und der Verstaendigen werden etliche fallen, auf dass sie bewaehrt, rein und lauter werden, bis dass es ein Ende habe; denn es ist noch eine andere Zeit vorhanden. Und der Koenig wird tun, was er will, und wird sich erheben und aufwerfen wider alles, was Gott ist; und wider den Gott aller Goetter wird er greulich reden; und es wird ihm gelingen, bis der Zorn aus sei; denn es muss geschehen, was beschlossen ist. Und die Goetter seiner Vaeter wird er nicht achten; er wird weder Frauenliebe noch irgend eines Gottes achten; denn er wird sich wider alles aufwerfen. Aber anstatt dessen wird er den Gott der Festungen ehren; denn er wird einen Gott, davon seine Vaeter nichts gewusst haben, ehren mit Gold, Silber, Edelsteinen und Kleinoden und wird denen, so ihm helfen die Festungen staerken mit dem fremden Gott, den er erwaehlt hat, grosse Ehre tun und sie zu Herren machen ueber grosse Gueter und ihnen das Land zum Lohn austeilen. Und am Ende wird sich der Koenig gegen Mittag mit ihm messen; und der Koenig gegen Mitternacht wird gegen ihn stuermen mit Wagen, Reitern und vielen Schiffen und wird in die Laender fallen und verderben und durchziehen und wird in das werte Land fallen, und viele werden umkommen. Diese aber werden seiner Hand entrinnen: Edom, Moab und die Vornehmsten der Kinder Ammon. Und er wird seine Hand ausstrecken nach den Laendern, und Aegypten wird ihm nicht entrinnen; sondern er wird herrschen ueber die goldenen und silbernen Schaetze und ueber alle Kleinode Aegyptens; Libyer und Mohren werden in seinem Zuge sein. Es wird ihn aber ein Geschrei erschrecken von Morgen und Mitternacht; und er wird mit grossem Grimm ausziehen, willens, viele zu vertilgen und zu verderben. Und er wird den Palast seines Gezeltes aufschlagen zwischen zwei Meeren um den werten heiligen Berg, bis es mit ihm ein Ende werde; und niemand wird ihm helfen.
Kapitel 12. Zur selben Zeit wird der grosse Fuerst Michael, der fuer die Kinder deines Volkes steht, sich aufmachen. Denn es wird eine solche truebselige Zeit sein, wie sie nicht gewesen ist, seitdem Leute gewesen sind bis auf diese Zeit. Zur selben Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen. Und viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen: etliche zum ewigen Leben, etliche zu ewiger Schmach und Schande. Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich. Und du, Daniel, verbirg diese Worte und versiegle diese Schrift bis auf die Letzte Zeit; so werden viele darueberkommen und grossen Verstand finden. Und ich, Daniel, sah, und siehe, es standen zwei andere da, einer an diesem Ufer des Wassers, der andere an jenem Ufer. Und er sprach zu dem in leinenen Kleidern, der ueber den Wassern des Flusses stand: Wann will's denn ein Ende sein mit solchen Wundern? Und ich hoerte zu dem in leinenen Kleidern, der ueber den Wassern des Flusses stand; und er hob seine rechte und linke Hand auf gen Himmel und schwur bei dem, der ewiglich lebt, dass es eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit waehren soll; und wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat, soll solches alles geschehen. Und ich hoerte es; aber ich verstand's nicht und sprach: Mein Herr, was wird darnach werden? Er aber sprach: Gehe hin, Daniel; denn es ist verborgen und versiegelt bis auf die letzte Zeit. Viele werden gereinigt, gelaeutert und bewaehrt werden; und die Gottlosen werden gottlos Wesen fuehren, und die Gottlosen alle werden's nicht achten; aber die Verstaendigen werden's achten. Und von der Zeit an, wenn das taegliche Opfer abgetan und ein Greuel; der Verwuestung aufgerichtet wird, sind tausend zweihundertundneunzig Tage. Wohl dem, der da wartet und erreicht tausend dreihundert und fuenfunddreissig Tage! Du aber, Daniel, gehe hin, bis das Ende komme; und ruhe, dass du aufstehst zu deinem Erbteil am Ende der Tage!
Kapitel 2. Im zweiten Jahr des Reiches Nebukadnezars hatte Nebukadnezar einen Traum, davon er erschrak, dass er aufwachte. Und er hiess alle Seher und Weisen und Zauberer und Chaldaeer zusammenfordern, dass sie dem Koenig seinen Traum sagen sollten. Und sie kamen und traten vor den Koenig. Und der Koenig sprach zu ihnen: Ich habe einen Traum gehabt, der hat mich erschreckt; und ich wollte gern wissen, was es fuer ein Traum gewesen sei. Da sprachen die Chaldaeer zum Koenig auf chaldaeisch: Der Koenig lebe ewiglich! Sage deinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten. Der Koenig antwortete und sprach zu den Chaldaeern: Es ist mir entfallen. Werdet ihr mir den Traum nicht anzeigen und ihn deuten, so sollt ihr in Stuecke zerhauen und eure Haeuser schaendlich zerstoert werden. Werdet ihr mir aber den Traum anzeigen und deuten, so sollt ihr Geschenke, Gaben und grosse Ehre von mir haben. Darum so sagt mir den Traum und seine Deutung. Sie antworteten wiederum und sprachen: Der Koenig sage seinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten. Der Koenig antwortete und sprach: Wahrlich, ich merke es, dass ihr Frist sucht, weil ihr seht, dass mir's entfallen ist. Aber werdet ihr mir nicht den Traum sagen, so geht das Recht ueber euch, als die ihr Luegen und Gedichte vor mir zu reden euch vorgenommen habt, bis die Zeit voruebergehe. Darum so sagt mir den Traum, so kann ich merken, dass ihr auch die Deutung trefft. Da antworteten die Chaldaeer vor dem Koenig und sprachen zu ihm: Es ist kein Mensch auf Erden, der sagen koenne, was der Koenig fordert. So ist auch kein Koenig, wie gross oder maechtig er sei, der solches von irgend einem Sternseher, Weisen oder Chaldaeer fordere. Denn was der Koenig fordert, ist zu hoch, und ist auch sonst niemand, der es vor dem Koenig sagen koenne, ausgenommen die Goetter, die bei den Menschen nicht wohnen. Da ward der Koenig sehr zornig und befahl, alle Weisen zu Babel umzubringen. Und das Urteil ging aus, dass man die Weisen toeten sollte; und Daniel samt seinen Gesellen ward auch gesucht, dass man sie toetete. Da erwiderte Daniel klug und verstaendig dem Arioch, dem obersten Richter des Koenigs, welcher auszog, zu toeten die Weisen zu Babel. Und er fing an und sprach zu des Koenigs Vogt, Arioch: Warum ist ein so strenges Urteil vom Koenig ausgegangan? Und Arioch zeigte es dem Daniel an. Da ging Daniel hinein und bat den Koenig, dass er ihm Frist gaebe, damit er die Deutung dem Koenig sagen moechte. Und Daniel ging heim und zeigte solches an seinen Gesellen, Hananja, Misael und Asarja, dass sie den Gott des Himmels um Gnade baeten solches verborgenen Dinges halben, damit Daniel und seine Gesellen nicht samt den andern Weisen zu Babel umkaemen. Da ward Daniel solch verborgenes Ding durch ein Gesicht des Nachts offenbart. Darueber lobte Daniel den Gott des Himmels, fing an und sprach: Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit! denn sein ist beides, Weisheit und Staerke. Er aendert Zeit und Stunde; er setzt Koenige ab und setzt Koenige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verstaendigen ihren Verstand; er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiss, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist eitel Licht. Ich danke dir und lobe dich, Gott meiner Vaeter, der du mir Weisheit und Staerke verleihst und jetzt offenbart hast, darum wir dich gebeten haben; denn du hast uns des Koenigs Sache offenbart. Da ging Daniel hinein zu Arioch, der vom Koenig Befehl hatte, die Weisen zu Babel umzubringen, und sprach zu ihm also: Du sollst die Weisen zu Babel nicht umbringen, sondern fuehre mich hinein zum Koenig, ich will dem Koenig die Deutung sagen. Arioch brachte Daniel eilends hinein vor den Koenig und sprach zu ihm also: Es ist einer gefunden unter den Gefangenen aus Juda, der dem Koenig die Deutung sagen kann. Der Koenig antwortete und sprach zu Daniel, den sie Beltsazar hiessen: Bist du, der mir den Traum, den ich gesehen habe, und seine Deutung anzeigen kann? Daniel fing an vor dem Koenig und sprach: Das verborgene Ding, das der Koenig fordert von den Weisen, Gelehrten, Sterndeutern und Wahrsagern, steht in ihrem Vermoegen nicht, dem Koenig zu sagen. Aber es ist ein Gott im Himmel, der kann verborgene Dinge offenbaren; der hat dem Koenig Nebukadnezar angezeigt, was in kuenftigen Zeiten geschehen soll. Mit deinem Traum und deinem Gesichten, da du schliefest, verhielt sich's also: Du, Koenig, dachtest auf deinem Bette, wie es doch hernach zugehen wuerde; und der, so verborgene Dinge offenbart, hat dir angezeigt, wie es gehen werde. So ist mir solch verborgenes Ding offenbart, nicht durch meine Weisheit, als waere sie groesser denn aller, die da leben; sondern darum, dass dem Koenig die Deutung angezeigt wuerde und du deines Herzens Gedanken erfuehrest. Du, Koenig, sahst, und siehe, ein grosses und hohes und sehr glaenzendes Bild stand vor dir, das war schrecklich anzusehen. Des Bildes Haupt war von feinem Golde, seine Brust und Arme waren von Silber, sein Bauch und seine Lenden waren von Erz, seine Schenkel waren Eisen, seine Fuesse waren eines Teils Eisen und eines Teils Ton. Solches sahst du, bis dass ein Stein herabgerissen ward ohne Haende; der schlug das Bild an seine Fuesse, die Eisen und Ton waren, und zermalmte sie. Da wurden miteinander zermalmt das Eisen, Ton, Erz, Silber und Gold und wurden wie eine Spreu auf der Sommertenne, und der Wind verwehte sie, dass man sie nirgends mehr finden konnte. Der Stein aber, der das Bild zerschlug, ward ein grosser Berg, dass er die ganze Welt fuellte. Das ist der Traum. Nun wollen wir die Deutung vor dem Koenig sagen. Du, Koenig, bist ein Koenig aller Koenige, dem der Gott des Himmels Koenigreich, Macht, Staerke und Ehre gegeben hat und alles, da Leute wohnen, dazu die Tiere auf dem Felde und die Voegel unter dem Himmel in deine Haende gegeben und dir ueber alles Gewalt verliehen hat. Du bist das goldene Haupt. Nach dir wird ein anderes Koenigreich aufkommen, geringer denn deins. Darnach das dritte Koenigreich, das ehern ist, welches wird ueber alle Lande herrschen. Und das vierte wird hart sein wie Eisen; denn gleichwie Eisen alles zermalmt und zerschlaegt, ja, wie Eisen alles zerbricht, also wird es auch diese alle zermalmen und zerbrechen. Dass du aber gesehen hast die Fuesse und Zehen eines Teils Ton und eines Teils Eisen: das wird ein zerteiltes Koenigreich sein; doch wird von des Eisens Art darin bleiben, wie du es denn gesehen hast Eisen mit Ton vermengt. Und dass die Zehen an seinen Fuessen eines Teils Eisen und eines Teils Ton sind: wird's zum Teil ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein. Und dass du gesehen hast Eisen und Ton vermengt: werden sie sich wohl nach Menschengebluet untereinander mengen, aber sie werden doch nicht aneinander halten, gleichwie sich Eisen und Ton nicht mengen laesst. Aber zur Zeit solcher Koenigreiche wird der Gott des Himmels ein Koenigreich aufrichten, das nimmermehr zerstoert wird; und sein Koenigreich wird auf kein ander Volk kommen. Es wird alle diese Koenigreiche zermalmen und verstoeren; aber es selbst wird ewiglich bleiben; wie du denn gesehen hast einen Stein, ohne Haende vom Berge herabgerissen, der das Eisen, Erz, Ton, Silber und Gold zermalmte. Also hat der grosse Gott dem Koenig gezeigt, wie es hernach gehen werde; und der Traum ist gewiss, und die Deutung ist recht. Da fiel der Koenig Nebukadnezar auf sein Angesicht und betete an vor dem Daniel und befahl, man sollt ihm Speisopfer und Raeuchopfer tun. Und der Koenig antwortete Daniel und sprach: Es ist kein Zweifel, euer Gott ist ein Gott ueber alle Goetter und ein HERR ueber alle Koenige, der da kann verborgene Dinge offenbaren, weil du dies verborgene Ding hast koennen offenbaren. Und der Koenig erhoehte Daniel und gab ihm grosse und viele Geschenke und machte ihn zum Fuersten ueber die ganze Landschaft Babel und setzte ihn zum Obersten ueber alle Weisen zu Babel. Und Daniel bat vom Koenig, dass er ueber die Aemter der Landschaft Babel setzen moechte Sadrach, Mesach und Abed-Nego; und er, Daniel blieb bei dem Koenig am Hofe.
Kapitel 3. Der Koenig Nebukadnezar liess ein goldenes Bild machen, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit, und liess es setzen ins Tal Dura in der Landschaft Babel. Und der Koenig Nebukadnezar sandte nach den Fuersten, Herren, Landpflegern, Richtern, Voegten, Raeten, Amtleuten und allen Gewaltigen im Lande, dass sie zusammenkommen sollten, das Bild zu weihen, dass der Koenig Nebukadnezar hatte setzen lassen. Da kamen zusammen die Fuersten, Herren, Landpfleger, Richter, Voegte, Raete, Amtleute und alle Gewaltigen im lande, das Bild zu weihen, das der Koenig Nebukadnezar hatte setzen lassen. Und sie mussten dem Bilde gegenuebertreten, das Nebukadnezar hatte setzen lassen. Und der Herold rief ueberlaut: Das lasst euch gesagt sein, ihr Voelker, Leute und Zungen! Wenn ihr hoeren werdet den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, so sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das der Koenig Nebukadnezar hat setzen lassen. Wer aber alsdann nicht niederfaellt und anbetet, der soll von Stund an in den gluehenden Ofen geworfen werden. Da sie nun hoerten den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter und allerlei Saitenspiel, fielen nieder alle Voelker, Leute und Zungen und beteten an das goldene Bild, das der Koenig Nebukadnezar hatte setzen lassen. Von Stund an traten hinzu etliche chaldaeische Maenner und verklagten die Juden, fingen an und sprachen zum Koenig Nebukadnezar: Der Koenig lebe ewiglich! Du hast ein Gebot lassen ausgehen, dass alle Menschen, wenn sie hoeren wuerden den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, sollten sie niederfallen und das goldene Bild anbeten; wer aber nicht niederfiele und anbetete, sollte in den gluehenden Ofen geworfen werden. Nun sind da juedische Maenner, welche du ueber die Aemter der Landschaft Babel gesetzt hast: Sadrach, Mesach und Abed-Nego; die verachten dein Gebot und ehren deine Goetter nicht und beten nicht an das goldene Bild, das du hast setzen lassen. Da befahl Nebukadnezar mit Grimm und Zorn, dass man vor ihn stellte Sadrach, Mesach und Abed-Nego. Und die Maenner wurden vor den Koenig gestellt. Da fing Nebukadnezar an und sprach zu ihnen: Wie? wollt ihr Sadrach, Mesach, Abed-Nego, meinen Gott nicht ehren und das goldenen Bild nicht anbeten, das ich habe setzen lassen? Wohlan schickt euch! Sobald ihr hoeren werdet den Schall der Posaunen, Drommeten, Harfen, Geigen, Psalter, Lauten und allerlei Saitenspiel, so fallt nieder und betet das Bild an, das ich habe machen lassen! Werdet ihr's nicht anbeten, so sollt ihr von Stund an in den gluehenden Ofen geworfen werden. Lasst sehen, wer der Gott sei, der euch aus meiner Hand erretten werde! Da fingen an Sadrach, Mesach, Abed-Nego und sprachen zum Koenig Nebukadnezar: Es ist nicht not, dass wir darauf antworten. Siehe, unser Gott, den wir ehren, kann uns wohl erretten aus dem gluehenden Ofen, dazu auch von deiner Hand erretten. Und wo er's nicht tun will, so sollst du dennoch wissen, dass wir deine Goetter nicht ehren noch das goldene Bild, das du hast setzen lassen, anbeten wollen. Da ward Nebukadnezar voll Grimms, und sein Angesicht verstellte sich wider Sadrach, Mesach und Abed-Nego, und er befahl man sollte den Ofen siebenmal heisser machen, denn man sonst zu tun pflegte. Und er befahl den besten Kriegsleuten, die in seinem Heer waren, dass sie Sadrach, Mesach und Abed-Nego baenden und in den gluehenden Ofen wuerfen. Also wurden diese Maenner in ihren Maenteln, Schuhen, Hueten und andern Kleidern gebunden und in den gluehenden Ofen geworfen; denn des Koenigs Gebot musste man eilends tun. Und man schuerte das Feuer im Ofen so sehr, dass die Maenner, so den Sadrach, Mesach und Abed-Nego hinaufbrachten, verdarben von des Feuers Flammen. Aber die drei Maenner, Sadrach, Mesach und Abed-Nego fielen hinab in den gluehenden Ofen, wie sie gebunden waren. Da entsetzte sich der Koenig Nebukadnezar und fuhr auf und sprach zu seinen Raeten: Haben wir nicht drei Maenner gebunden in das Feuer lassen werfen? Sie antworteten und sprachen zum Koenig: Ja, Herr Koenig. Er antwortete und sprach: Sehe ich doch vier Maenner frei im Feuer gehen, und sie sind unversehrt; und der vierte ist gleich, als waere er ein Sohn der Goetter. Und Nebukadnezar trat hinzu vor das Loch des gluehenden Ofens und sprach: Sadrach, Mesach, Abed-Nego, ihr Knechte Gottes des Hoechsten, geht heraus und kommt her! Da gingen Sadrach, Mesach und Abed-Nego heraus aus dem Feuer. Und die Fuersten, Herren, Voegte und Raete kamen zusammen und sahen, dass das Feuer keine Macht am Leibe dieser Maenner bewiesen hatte und ihr Haupthaar nicht versengt und ihre Maentel nicht versehrt waren; ja man konnte keinen Brand an ihnen riechen. Da fing Nebukadnezar an und sprach: Gelobt sei der Gott Sadrachs, Mesachs und Abed-Negos, der seinen Engel gesandt und seine Knechte errettet hat, die ihm vertraut und des Koenigs Gebot nicht gehalten, sondern ihren Leib dargegeben haben, dass sie keinen Gott ehren noch anbeten wollten als allein ihren Gott! So sei nun dies mein Gebot: Welcher unter allen Voelkern, Leuten und Zungen den Gott Sadrachs, Mesachs und Abed-Negos laestert, der soll in Stuecke zerhauen und sein Haus schaendlich verstoert werden. Denn es ist kein andrer Gott, der also erretten kann, als dieser. Und der Koenig gab Sadrach, Mesach und Abed-Nego grosse Gewalt in der Landschaft Babel.
Kapitel 4. Koenig Nebukadnezar allen Voelkern, Leuten und Zungen auf der ganzen Erde: Viel Friede zuvor! Ich sehe es fuer gut an, dass ich verkuendige die Zeichen und Wunder, so Gott der Hoechste an mir getan hat. Denn seine Zeichen sind gross, und seine Wunder maechtig, und sein Reich ist ein ewiges Reich, und seine Herrschaft waehrt fuer und fuer. Ich, Nebukadnezar, da ich gute Ruhe hatte in meinem Hause und es wohl stand auf meiner Burg, sah einen Traum und erschrak, und die Gedanken, die ich auf meinem Bett hatte, und das Gesicht, so ich gesehen hatte, betruebten mich. Und ich befahl, dass alle Weisen zu Babel vor mich hereingebracht wuerden, dass sie mir sagten, was der Traum bedeutet. Da brachte man herein die Sternseher, Weisen, Chaldaeer und Wahrsager, und ich erzaehlte den Traum vor ihnen; aber sie konnten mir nicht sagen, was er bedeutete, bis zuletzt Daniel vor mich kam, welcher Beltsazar heisst nach dem Namen meines Gottes, der den Geist der heiligen Goetter hat. Und ich erzaehlte vor ihm meinen Traum: Beltsazar, du Oberster unter den Sternsehern, von dem ich weiss, dass du den Geist der heiligen Goetter hast und dir nichts verborgen ist, sage, was das Gesicht meines Traumes, das ich gesehen habe, bedeutet. Dies aber ist das Gesicht, das ich gesehen habe auf meinem Bette: Siehe, es stand ein Baum mitten im Lande, der war sehr hoch. Und er wurde gross und maechtig, und seine Hoehe reichte bis an den Himmel, und er breitete sich aus bis ans Ende der ganzen Erde. Seine Aeste waren schoen und trugen viel Fruechte, davon alles zu essen hatte; alle Tiere auf dem Felde fanden Schatten unter ihm, und die Voegel unter dem Himmel sassen auf seinen Aesten, und alles Fleisch naehrte sich von ihm. Und ich sah ein Gesicht auf meinem Bette, und siehe, ein heiliger Waechter fuhr vom Himmel herab; der rief ueberlaut und sprach also: Haut den Baum um und behaut ihm die Aeste und streift ihm das Laub ab und zerstreut seine Fruechte, dass die Tiere, so unter ihm liegen, weglaufen und die Voegel von seinen Zweigen fliehen. Doch lasst den Stock mit seinen Wurzeln in der Erde bleiben; er aber soll in eisernen und ehernen Ketten auf dem Felde im Grase und unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und soll sich weiden mit den Tieren von den Kraeutern der Erde. Und das menschliche Herz soll von ihm genommen und ein viehisches Herz ihm gegeben werden, bis dass sieben Zeiten ueber ihn um sind. Solches ist im Rat der Waechter beschlossen und im Gespraech der Heiligen beratschlagt, auf dass die Lebendigen erkennen, dass der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will, und erhoeht die Niedrigen zu denselben. Solchen Traum habe ich, Koenig Nebukadnezar, gesehen; du aber Beltsazar, sage mir was er bedeutet. Denn alle Weisen in meinem Koenigreiche koennen mir nicht anzeigen, was er bedeute; du aber kannst es wohl, denn der Geist der heiligen Goetter ist bei dir. Da entsetzte sich Daniel, der sonst Beltsazar heisst, bei einer Stunde lang und seine Gedanken betruebten ihn. Aber der Koenig sprach: Beltsazar, lass dich den Traum und seine Deutung nicht betrueben. Beltsazar fing an und sprach: Ach mein Herr, dass der Traum deinen Feinden und seine Deutung deinen Widersachern gaelte! Der Baum, den du gesehen hast, dass er gross und maechtig ward und seine Hoehe an den Himmel reichte und dass er sich ueber die Erde breitete und seine Aeste schoen waren und seiner Fruechte viel, davon alles zu essen hatte, und die Tiere auf dem Felde unter ihm wohnten und die Voegel des Himmels auf seinen Aesten sassen: das bist du, Koenig, der du so gross und maechtig geworden; denn deine Macht ist gross und reicht an den Himmel, und deine Gewalt langt bis an der Welt Ende. Dass aber der Koenig einen heiligen Waechter gesehen hat vom Himmel herabfahren und sagen: Haut den Baum um und verderbt ihn; doch den Stock mit seinen Wurzeln lasst in der Erde bleiben; er aber soll in eisernen und ehernen Ketten auf dem Felde im Grase gehen und unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden und sich mit den Tieren auf dem Felde weiden, bis ueber ihn sieben Zeiten um sind, das ist die Deutung, Herr Koenig, und solcher Rat des Hoechsten geht ueber meinen Herrn Koenig: Man wird dich von den Leuten stossen, und du musst bei den Tieren auf dem Felde bleiben, und man wird dich Gras essen lassen wie die Ochsen, und wirst unter dem Tau des Himmels liegen und nass werden, bis ueber dir sieben Zeiten um sind, auf dass du erkennst, dass der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will. Dass aber gesagt ist, man solle dennoch den Stock des Baumes mit seinen Wurzeln bleiben lassen: dein Koenigreich soll dir bleiben, wenn du erkannt hast die Gewalt im Himmel. Darum, Herr Koenig, lass dir meinen Rat gefallen und mache dich los von deinen Suenden durch Gerechtigkeit und ledig von deiner Missetat durch Wohltat an den Armen, so wird dein Glueck lange waehren. Dies alles widerfuhr dem Koenig Nebukadnezar. Denn nach zwoelf Monaten, da der Koenig auf der koeniglichen Burg zu Babel ging, hob er an und sprach: Das ist die grosse Babel, die ich erbaut habe zum koeniglichen Hause durch meine grosse Macht, zu Ehren meiner Herrlichkeit. Ehe der Koenig diese Worte ausgeredet hatte, fiel eine Stimme von Himmel: Dir, Koenig Nebukadnezar, wird gesagt: dein Koenigreich soll dir genommen werden; und man wird dich von den Leuten verstossen, und sollst bei den Tieren, so auf dem Felde gehen, bleiben; Gras wird man dich essen lassen wie Ochsen, bis ueber dir sieben Zeiten um sind, auf dass du erkennst, dass der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will. Von Stund an ward das Wort vollbracht ueber Nebukadnezar, und er ward verstossen von den Leuten hinweg, und er ass Gras wie Ochsen, und sein Leib lag unter dem Tau des Himmels, und er ward nass, bis sein Haar wuchs so gross wie Adlersfedern und seine Naegel wie Vogelsklauen wurden. Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf gen Himmel und kam wieder zur Vernunft und lobte den Hoechsten. Ich pries und ehrte den, der ewiglich lebt, des Gewalt ewig ist und des Reich fuer und fuer waehrt, gegen welchen alle, so auf Erden wohnen, als nichts zu rechnen sind. Er macht's, wie er will, mit den Kraeften im Himmel und mit denen, so auf Erden wohnen; und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du? Zur selben Zeit kam ich wieder zur Vernunft, auch zu meinen koeniglichen Ehren, zu meiner Herrlichkeit und zu meiner Gestalt. Und meine Raete und Gewaltigen suchten mich, und ich ward wieder in mein Koenigreich gesetzt; und ich ueberkam noch groessere Herrlichkeit. Darum lobe ich, Nebukadnezar, und ehre und preise den Koenig des Himmels; denn all sein Tun ist Wahrheit, und seine Wege sind recht, und wer stolz ist, den kann er demuetigen.
Kapitel 5. Koenig Belsazer machte ein herrliches Mahl seinen tausend Gewaltigen und soff sich voll mit ihnen. Und da er trunken war, hiess er die goldenen und silbernen Gefaesse herbringen, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel zu Jerusalem weggenommen hatte, dass der Koenig mit seinen Gewaltigen, mit seinen Weibern und mit seinen Kebsweibern daraus traenken. Also wurden hergebracht die goldenen Gefaesse, die aus dem Tempel, aus dem Hause Gottes zu Jerusalem, genommen waren; und der Koenig, seine Gewaltigen, seine Weiber und Kebsweiber tranken daraus. Und da sie so soffen, lobten sie die goldenen, silbernen, ehernen, eisernen, hoelzernen und steinernen Goetter. Eben zu derselben Stunde gingen hervor Finger wie einer Menschenhand, die schrieben, gegenueber dem Leuchter, auf die getuenchte Wand in dem koeniglichen Saal; und der Koenig ward gewahr der Hand, die da schrieb. Da entfaerbte sich der Koenig, und seine Gedanken erschreckten ihn, dass ihm die Lenden schuetterten und die Beine zitterten. Und der Koenig rief ueberlaut, dass man die Weisen, Chaldaeer und Wahrsager hereinbringen sollte. Und er liess den Weisen zu Babel sagen: Welcher Mensch diese Schrift liest und sagen kann, was sie bedeute, der soll in Purpur gekleidet werden und eine goldene Kette am Halse tragen und der dritte Herr sein in meinem Koenigreiche. Da wurden alle Weisen des Koenigs hereingebracht; aber sie konnten weder die Schrift lesen noch die Deutung dem Koenig anzeigen. Darueber erschrak der Koenig Belsazer noch haerter und verlor ganz seine Farbe; und seinen Gewaltigen ward bange. Da ging die Koenigin um solcher Sache des Koenigs und seiner Gewaltigen willen hinein in den Saal und sprach: Der Koenig lebe ewiglich! Lass dich deine Gedanken nicht so erschrecken und entfaerbe dich nicht also! Es ist ein Mann in deinem Koenigreich, der den Geist der heiligen Goetter hat. Denn zu deines Vaters Zeit ward bei ihm Erleuchtung gefunden, Klugheit und Weisheit, wie der Goetter Weisheit ist; und dein Vater, Koenig Nebukadnezar, setzte ihn ueber die Sternseher, Weisen, Chaldaeer und Wahrsager, darum dass ein hoher Geist bei ihm gefunden ward, dazu Verstand und Klugheit, Traeume zu deuten, dunkle Sprueche zu erraten und verborgene Sachen zu offenbaren: naemlich Daniel, den der Koenig liess Beltsazar nennen. So rufe man nun Daniel; der wird sagen, was es bedeutet. Da ward Daniel hinein vor den Koenig gebracht. Und der Koenig sprach zu Daniel: Bist du der Daniel, der Gefangenen einer aus Juda, die der Koenig, mein Vater aus Juda hergebracht hat? Ich habe von dir hoeren sagen, dass du den Geist der Goetter hast und Erleuchtung, Verstand und hohe Weisheit bei dir gefunden sei. Nun habe ich vor mich fordern lassen die Klugen und Weisen, dass sie mir diese Schrift lesen und anzeigen sollen, was sie bedeutet: und sie koennen mir nicht sagen, was solches bedeutet. Von dir aber hoere ich, dass du koennest Deutungen geben und das Verborgene offenbaren. Kannst du nun die Schrift lesen und mir anzeigen, was sie bedeutet, so sollst du mit Purpur gekleidet werden und eine golden Kette an deinem Halse tragen und der dritte Herr sein in meinem Koenigreiche. Da fing Daniel an und redete vor dem Koenig: Behalte deine Gaben selbst und gib dein Geschenk einem andern; ich will dennoch die Schrift dem Koenig lesen und anzeigen, was sie bedeutet. Herr Koenig, Gott der Hoechste hat deinem Vater, Nebukadnezar, Koenigreich, Macht, Ehre und Herrlichkeit gegeben. Und vor solcher Macht, die ihm gegeben war, fuerchteten sich vor ihm alle Voelker, Leute und Zungen. Er toetete wen er wollte; er liess leben, wen er wollte; er erhoehte, wen er wollte; er demuetigt, wen er wollte. Da sich aber sein Herz erhob und er stolz und hochmuetig ward, ward er vom koeniglichen Stuhl gestossen und verlor seine Ehre und ward verstossen von den Leuten hinweg, und sein Herz ward gleich den Tieren, und er musste bei dem Wild laufen und frass Gras wie Ochsen, und sein Leib lag unterm Tau des Himmels, und er ward nass, bis dass er lernte, dass Gott der Hoechste Gewalt hat ueber der Menschen Koenigreiche und gibt sie, wem er will. Und du, Belsazer, sein Sohn, hast dein Herz nicht gedemuetigt, ob du wohl solches alles weisst, sondern hast dich wider den HERRN des Himmels erhoben, und die Gefaesse seines Hauses hat man vor dich bringen muessen, und du, deine Gewaltigen, deine Weiber und deine Kebsweiber habt daraus getrunken, dazu die silbernen, goldenen, ehernen, eisernen, hoelzernen und steinernen Goetter gelobt, die weder sehen noch hoeren noch fuehlen; den Gott aber, der deinen Odem und alle deine Wege in seiner Hand hat, hast du nicht geehrt. Darum ist von ihm gesandt diese Hand und diese Schrift, die da verzeichnet steht. Das aber ist die Schrift, allda verzeichnet: Mene, mene, Tekel, U-pharsin. Und sie bedeutet dies: Mene, das ist Gott hat dein Koenigreich gezaehlt und vollendet. Tekel, das ist: man hat dich in einer Waage gewogen und zu leicht gefunden. Peres, das ist: dein Koenigreich ist zerteilt und den Medern und Persern gegeben. Da befahl Belsazer, dass man Daniel mit Purpur kleiden sollte und ihm eine goldene Kette an den Hals geben, und liess ihm verkuendigen, dass er der dritte Herr sei im Koenigreich. Aber in derselben Nacht ward der Chaldaeer Koenig Belsazer getoetet. Und Darius aus Medien nahm das Reich ein, da er zweiundsechzig Jahre alt war.
Kapitel 6. Und Darius sah es fuer gut an, dass er ueber das ganze Koenigreich setzte hundertzwanzig Landvoegte. Ueber diese setzte er drei Fuersten, deren einer Daniel war, welchen die Landvoegte sollten Rechnung tun, dass der Koenig keinen Schaden litte. Daniel aber uebertraf die Fuersten und Landvoegte alle, denn es war ein hoher Geist in ihm; darum gedachte der Koenig, ihn ueber das ganze Koenigreich zu setzen. Derhalben trachteten die Fuersten und Landvoegte darnach, wie sie eine Sache an Daniel faenden, die wider das Koenigreich waere. Aber sie konnten keine Sache noch Uebeltat finden; denn er war treu, dass man ihm keine Schuld noch Uebeltat an ihm finden mochte. Da sprachen die Maenner: Wir werden keine Sache an Daniel finden ausser seinem Gottesdienst. Da kamen die Fuersten und Landvoegte zuhauf vor den Koenig und sprachen zu ihm also: Der Koenig Darius lebe ewiglich! Es haben die Fuersten des Koenigreichs, die Herren, die Landvoegte, die Raete und Hauptleute alle Gedacht, dass man einen koeniglichen Befehl soll ausgehen lassen und ein strenges Gebot stellen, dass, wer in dreissig Tagen etwas bitten wird von irgend einem Gott oder Menschen ausser dir, Koenig, allein, solle zu den Loewen in den Graben geworfen werden. Darum, lieber Koenig, sollst du solch Gebot bestaetigen und dich unterschreiben, auf dass es nicht geaendert werde, nach dem Rechte der Meder und Perser, welches niemand aufheben darf. Also unterschrieb sich der Koenig Darius. Als nun Daniel erfuhr, dass solch Gebot unterschrieben waere, ging er hinein in sein Haus (er hatte aber an seinem Soeller offene Fenster gegen Jerusalem); und er fiel des Tages dreimal auf seine Kniee, betete, lobte und dankte seinem Gott, wie er denn bisher zu tun pflegte. Da kamen diese Maenner zuhauf und fanden Daniel beten und flehen vor seinem Gott. Und traten hinzu und redeten mit dem Koenig von dem koeniglichen Gebot: Herr Koenig, hast du nicht ein Gebot unterschrieben, dass, wer in dreissig Tagen etwas bitten wuerde von irgend einem Gott oder Menschen ausser dir, Koenig, allein, solle zu den Loewen in den Graben geworfen werden? Der Koenig antwortete und sprach: Es ist wahr, und das Recht der Meder und Perser soll niemand aufheben. Sie antworteten und sprachen vor dem Koenig: Daniel, der Gefangenen aus Juda einer, der achtet weder dich noch dein Gebot, das du verzeichnet hast; denn er betet des Tages dreimal. Da der Koenig solches hoerte, ward er sehr betruebt und tat grossen Fleiss, dass er Daniel erloeste, und muehte sich bis die Sonne unterging, dass er ihn errettete. Aber die Maenner kamen zuhauf zu dem Koenig und sprachen zu ihm: Du weisst, Herr Koenig, dass der Meder und Perser Recht ist, dass alle Gebote und Befehle, so der Koenig beschlossen hat, sollen unveraendert bleiben. Da befahl der Koenig, dass man Daniel herbraechte; und sie warfen ihn zu den Loewen in den Graben. Der Koenig aber sprach zu Daniel: Dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, der helfe dir! Und sie brachten einen Stein, den legten sie vor die Tuer am Graben; den versiegelte der Koenig mit seinem eigenen Ring und mit dem Ring der Gewaltigen, auf dass nichts anderes mit Daniel geschaehe. Und der Koenig ging weg in seine Burg und blieb ungegessen und liess auch kein Essen vor sich bringen, konnte auch nicht schlafen. Des Morgens frueh, da der Tag anbrach, stand der Koenig auf und ging eilend zum Graben, da die Loewen waren. Und als er zum Graben kam rief er Daniel mit klaeglicher Stimme. Und der Koenig sprach zu Daniel: Daniel, du Knecht des lebendigen Gottes, hat dich auch dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, koennen vor den Loewen erloesen? Daniel aber redete mit dem Koenig: Der Koenig lebe ewiglich! Mein Gott hat seinen Engel gesandt, der den Loewen den Rachen zugehalten hat, dass sie mir kein Leid getan haben; denn vor ihm bin ich unschuldig erfunden; so habe ich auch wider dich, Herr Koenig, nichts getan. Da ward der Koenig sehr froh und hiess Daniel aus dem Graben ziehen. Und sie zogen Daniel aus dem Graben, und man spuerte keinen Schaden an ihm; denn er hatte seinem Gott vertraut. Da hiess er die Maenner, so Daniel verklagt hatten, herbringen und zu den Loewen in den Graben werfen samt ihren Weibern und Kindern. Und ehe sie auf den Boden hinabkamen, ergriffen sie die Loewen und zermalmten alle ihre Gebeine. Da liess der Koenig Darius schreiben allen Voelkern, Leuten und Zungen auf der ganzen Erde: "Viel Friede zuvor! Das ist mein Befehl, dass man in der ganzen Herrschaft meines Koenigreiches den Gott Daniels fuerchten und scheuen soll. Denn er ist der lebendige Gott, der ewiglich bleibt, und sein Koenigreich ist unvergaenglich, und seine Herrschaft hat kein Ende. Er ist ein Erloeser und Nothelfer, und er tut Zeichen und Wunder im Himmel und auf Erden. Der hat Daniel von den Loewen erloest." Und Daniel ward gewaltig im Koenigreich des Darius und auch im Koenigreich des Kores, des Persers.
Kapitel 7. Im ersten Jahr Belsazers, des Koenigs zu Babel, hatte Daniel einen Traum und Gesichte auf seinem Bett; und er schrieb den Traum auf und verfasste ihn also: Ich, Daniel, sah ein Gesicht in der Nacht, und siehe, die vier Winde unter dem Himmel stuermten widereinander auf dem grossen Meer. Und vier grosse Tiere stiegen heraus aus dem Meer, ein jedes anders denn das andere. Das erste wie ein Loewe und hatte Fluegel wie ein Adler. Ich sah zu, bis dass ihm die Fluegel ausgerauft wurden; und es ward von der Erde aufgehoben, und es stand auf zwei Fuessen wie ein Mensch, und ihm ward ein menschlich Herz gegeben. Und siehe, das andere Tier hernach war gleich einem Baeren und stand auf der einen Seite und hatte in seinem Maul unter seinen Zaehnen drei grosse, lange Zaehne. Und man sprach zu ihm: Stehe auf und friss viel Fleisch! Nach diesem sah ich, und siehe, ein anderes Tier, gleich einem Parder, das hatte vier Fluegel wie ein Vogel auf seinem Ruecken, und das Tier hatte vier Koepfe; und ihm ward Gewalt gegeben. Nach diesem sah ich in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, das vierte Tier war greulich und schrecklich und sehr stark und hatte grosse eiserne Zaehne, frass um sich und zermalmte, und das uebrige zertrat's mit seinen Fuessen; es war auch viel anders denn die vorigen und hatte zehn Hoerner. Da ich aber die Hoerner schaute, siehe, da brach hervor zwischen ihnen ein anderes kleines Horn, vor welchen der vorigen Hoerner drei ausgerissen wurden; und siehe, dasselbe Horn hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul, das redete grosse Dinge. Solches sah ich, bis dass Stuehle gesetzt wurden; und der Alte setzte sich. Des Kleid war schneeweiss, und das Haar auf seinem Haupt wie reine Wolle; sein Stuhl war eitel Feuerflammen, und dessen Raeder brannten mit Feuer. Und von ihm her ging ein langer feuriger Strahl. Tausend mal tausend dienten ihm, und zehntausend mal zehntausend standen vor ihm. Das Gericht ward gehalten, und die Buecher wurden aufgetan. Ich sah zu um der grossen Reden willen, so das Horn redete; ich sah zu bis das Tier getoetet ward und sein Leib umkam und ins Feuer geworfen ward und der anderen Tiere Gewalt auch aus war; denn es war ihnen Zeit und Stunde bestimmt, wie lange ein jegliches waehren sollte. Ich sah in diesem Gesicht des Nachts, und siehe, es kam einer in des Himmels Wolken wie eines Menschen Sohn bis zu dem Alten und ward vor ihn gebracht. Der gab ihm Gewalt, Ehre und Reich, dass ihm alle Voelker, Leute und Zungen dienen sollten. Seine Gewalt ist ewig, die nicht vergeht, und sein Koenigreich hat kein Ende. Ich, Daniel, entsetzte mich davor, und solches Gesicht erschreckte mich. Und ich ging zu der einem, die dastanden, und bat ihn, dass er mir von dem allem gewissen Bericht gaebe. Und er redete mit mir und zeigte mir, was es bedeutete. Diese vier grossen Tiere sind vier Reiche, so auf Erden kommen werden. Aber die Heiligen des Hoechsten werden das Reich einnehmen und werden's immer und ewiglich besitzen. Darnach haette ich gern gewusst gewissen Bericht von dem vierten Tier, welches gar anders war denn die anderen alle, sehr greulich, das eiserne Zaehne und eherne Klauen hatte, das um sich frass und zermalmte und das uebrige mit seinen Fuessen zertrat; und von den zehn Hoernern auf seinem Haupt und von dem andern, das hervorbrach, vor welchem drei abfielen; und das Horn hatte Augen und ein Maul, das grosse Dinge redete, und war groesser, denn die neben ihm waren. Und ich sah das Horn streiten wider die Heiligen, und es behielt den Sieg wider sie, bis der Alte kam und Gericht hielt fuer die Heiligen des Hoechsten, und die Zeit kam, dass die Heiligen das Reich einnahmen. Er sprach also: Das vierte Tier wird das vierte Reich auf Erden sein, welches wird gar anders sein denn alle Reiche; es wird alle Lande fressen, zertreten und zermalmen. Die Zehn Hoerner bedeuten zehn Koenige, so aus dem Reich entstehen werden. Nach ihnen aber wird ein anderer aufkommen, der wird gar anders sein denn die vorigen und wird drei Koenige demuetigen. Er wird den Hoechsten Laestern und die Heiligen des Hoechsten verstoeren und wird sich unterstehen, Zeit und Gesetz zu aendern. Sie werden aber in sein Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit. Darnach wird das Gericht gehalten werden; da wird dann seine Gewalt weggenommen werden, dass er zu Grund vertilgt und umgebracht werde. Aber das Reich, Gewalt und Macht unter dem ganzen Himmel wird dem heiligen Volk des Hoechsten gegeben werden, des Reich ewig ist, und alle Gewalt wird ihm dienen und gehorchen. Das war der Rede Ende. Aber ich, Daniel, ward sehr betruebt in meinen Gedanken, und meine Gestalt verfiel; doch behielt ich die Rede in meinem Herzen.
Kapitel 8. Im dritten Jahr des Koenigreichs des Koenigs Belsazer erschien mir, Daniel, ein Gesicht nach dem, so mir zuerst erschienen war. Ich war aber in solchem Gesicht zu Schloss Susan im Lande Elam, am Wasser Ulai. Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, ein Widder stand vor dem Wasser, der hatte zwei hohe Hoerner, doch eins hoeher denn das andere, und das hoechste wuchs am letzten. Ich sah, dass der Widder mit den Hoernern stiess gegen Abend, gegen Mitternacht und gegen Mittag; und kein Tier konnte vor ihm bestehen noch von seiner Hand errettet werden, sondern er tat, was er wollte, und ward gross. Und indem ich darauf merkte, siehe, da kommt ein Ziegenbock vom Abend her ueber die ganze Erde, dass er die Erde nicht beruehrte; und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen. Und er kam bis zu dem Widder der zwei Hoerner hatte, den ich stehen sah vor dem Wasser, und er lief in seinem Zorn gewaltig auf ihn zu. Und ich sah ihm zu, dass er hart an den Widder kam, und er ergrimmte ueber ihn und stiess den Widder und zerbrach ihm seine zwei Hoerner. Und der Widder hatte keine Kraft, dass er vor ihm haette koennen bestehen; sondern er warf ihn zu Boden und zertrat ihn und niemand konnte den Widder von seiner Hand erretten. Und der Ziegenbock ward sehr gross. Und da er am staerksten geworden war, zerbrach das grosse Horn, und wuchsen ihm an seiner Statt vier ansehnliche gegen die vier Winde des Himmels. Und aus einem wuchs ein kleines Horn; das ward sehr gross gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land. Und es wuchs bis an des Himmels Heer und warf etliche davon und von den Sternen zur Erde und zertrat sie. Ja es wuchs bis an den Fuersten des Heeres und nahm von ihm weg das taegliche Opfer und verwuestete die Wohnung seines Heiligtums. Es ward ihm aber solche Macht gegeben wider das taegliche Opfer um der Suende willen, dass es die Wahrheit zu Boden schluege und, was es tat, ihm gelingen musste. Ich hoerte aber einen Heiligen reden; und ein Heiliger sprach zu dem, der da redete: Wie lange soll doch waehren solch Gesicht vom taeglichen Opfer und von der Suende, um welcher willen diese Verwuestung geschieht, dass beide, das Heiligtum und das Heer zertreten werden? Und er antwortete mir: Bis zweitausend dreihundert Abende und Morgen um sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden. Und da ich, Daniel, solch Gesicht sah und haette es gern verstanden, siehe, da stand's vor mir wie ein Mann. Und ich hoerte mitten vom Ulai her einen mit Menschenstimme rufen und sprechen: Gabriel, lege diesem das Gesicht aus, dass er's verstehe! Und er trat nahe zu mir. Ich erschrak aber, da er kam, und fiel auf mein Angesicht. Er aber sprach zu mir: Merke auf, du Menschenkind! denn dies Gesicht gehoert in die Zeit des Endes. Und da er mit mir redete, sank ich in eine Ohnmacht zur Erde auf mein Angesicht. Er aber ruehrte mich an und richtete mich auf, dass ich stand. Und er sprach: Siehe, ich will dir zeigen, wie es gehen wird zur Zeit des letzten Zorns; denn das Ende hat seine bestimmte Zeit. Der Widder mit den zwei Hoernern, den du gesehen hast, sind die Koenige in Medien und Persien. Der Ziegenbock aber ist der Koenig in Griechenland. Das Horn zwischen seinen Augen ist der erste Koenig. Dass aber vier an seiner Statt standen, da es zerbrochen war, bedeutet, dass vier Koenigreiche aus dem Volk entstehen werden, aber nicht so maechtig, wie er war. In der letzten Zeit ihres Koenigreiches, wenn die Uebertreter ueberhandnehmen, wird aufkommen ein frecher und tueckischer Koenig. Der wird maechtig sein, doch nicht durch seine Kraft; er wird greulich verwuesten, und es wird ihm gelingen, dass er's ausrichte. Er wird die Starken samt dem heiligen Volk verstoeren. Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fuersten allen Fuersten; aber er wird ohne Hand zerbrochen werden. Dies Gesicht vom Abend und Morgen das dir gesagt ist, das ist wahr; aber du sollst das Gesicht heimlich halten, denn es ist noch eine lange Zeit dahin. Und ich, Daniel, ward schwach und lag etliche Tage krank. Darnach stand ich auf und richtete aus des Koenigs Geschaeft. Und verwunderte mich des Gesichts; und war niemand da, der mir's auslegte.
Kapitel 9. Im ersten Jahr des Darius, des Sohnes Ahasveros, aus der Meder Stamm, der ueber das Koenigreich der Chaldaeer Koenig ward, in diesem ersten Jahr seines Koenigreiches merkte ich, Daniel, in den Buechern auf die Zahl der Jahre, davon der HERR geredet hatte zum Propheten Jeremia, dass Jerusalem sollte siebzig Jahre wuest liegen. Und ich kehrte mich zu Gott dem HERRN, zu beten und zu flehen mit Fasten im Sack und in der Asche. Ich betete aber zu dem HERRN, meinem Gott, bekannte und sprach: Ach lieber HERR, du grosser und schrecklicher Gott, der du Bund und Gnade haeltst denen, die dich lieben und deine Gebote halten: wir haben gesuendigt, unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtruennig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten gewichen. Wir gehorchten nicht deinen Knechten, den Propheten, die in deinem Namen unsern Koenigen, Fuersten, Vaetern und allem Volk im Lande predigten. Du, HERR, bist gerecht, wir aber muessen uns schaemen; wie es denn jetzt geht denen von Juda und denen von Jerusalem und dem ganzen Israel, denen, die nahe und fern sind in allen Landen, dahin du sie verstossen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir begangen haben. Ja, HERR, wir, unsre Koenige, unsre Fuersten und unsre Vaeter muessen uns schaemen, dass wir uns an dir versuendigt haben. Dein aber, HERR, unser Gott, ist die Barmherzigkeit und Vergebung. Denn wir sind abtruennig geworden und gehorchten nicht der Stimme des HERRN, unsers Gottes, dass wir gewandelt haetten in seinem Gesetz, welches er uns vorlegte durch seine Knechte, die Propheten; sondern das ganze Israel uebertrat dein Gesetz, und sie wichen ab, dass sie deiner Stimme nicht gehorchten. Darum trifft uns auch der Fluch und Schwur, der geschrieben steht im Gesetz Moses, des Knechtes Gottes, weil wir an ihm gesuendigt haben. Und er hat seine Worte gehalten, die er geredet hat wider uns und unsre Richter, die uns richten sollten, dass er so grosses Unglueck ueber uns hat gehen lassen, dass desgleichen unter dem ganzen Himmel nicht geschehen ist, wie ueber Jerusalem geschehen ist. Gleichwie es geschrieben steht im Gesetz Mose's, so ist all dies grosse Unglueck ueber uns gegangen. So beteten wir auch nicht vor dem HERRN, unserm Gott, dass wir uns von den Suenden bekehrten und auf deine Wahrheit achteten. Darum ist der HERR auch wach gewesen mit diesem Unglueck und hat's ueber uns gehen lassen. Denn der HERR, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er tut; denn wir gehorchten seiner Stimme nicht. Und nun, HERR, unser Gott, der du dein Volk aus Aegyptenland gefuehrt hast mit starker Hand und hast dir einen Namen gemacht, wie er jetzt ist: wir haben ja gesuendigt und sind leider gottlos gewesen. Ach HERR, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berge. Denn um unsrer Suenden willen und um unsrer Vaeter Missetat willen traegt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her sind. Und nun, unser Gott, hoere das Gebet deines Knechtes und sein Flehen, und siehe gnaedig an dein Heiligtum, das verstoert ist, um des HERRN willen. Neige dein Ohr, mein Gott, und hoere, tue deine Augen auf und sieh, wie wir verstoert sind und die ganze Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet, nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine grosse Barmherzigkeit. Ach HERR, hoere, ach HERR, sei gnaedig, ach HERR, merke auf und tue es, und verzieh nicht um deiner selbst willen, mein Gott! denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt. Als ich noch so redete und betete und meine und meines Volks Israel Suende bekannte und lag mit meinem Gebet vor dem HERRN, meinem Gott, um den heiligen Berg meines Gottes, eben da ich so redete in meinem Gebet, flog daher der Mann Gabriel, den ich zuvor gesehen hatte im Gesicht, und ruehrte mich an um die Zeit des Abendopfers. Und er unterrichtete mich und redete mit mir und sprach: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, dich zu unterrichten. Den da du anfingst zu beten, ging dieser Befehl aus, und ich komme darum, dass ich dir's anzeige; denn du bist lieb und wert. So merke nun darauf, dass du das Gesicht verstehest. Siebzig Wochen sind bestimmt ueber dein Volk und ueber die heilige Stadt, so wird dem Uebertreten gewehrt und die Suende abgetan und die Missetat versoehnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht und die Gesichte und Weissagung versiegelt und ein Hochheiliges gesalbt werden. So wisse nun und merke: von der Zeit an, da ausgeht der Befehl, dass Jerusalem soll wieder gebaut werden, bis auf den Gesalbten, den Fuersten, sind sieben Wochen; und zweiundsechzig Wochen, so werden die Gassen und Mauern wieder gebaut werden, wiewohl in kuemmerlicher Zeit. Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden und nichts mehr sein. Und das Volk eines Fuersten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum verstoeren, dass es ein Ende nehmen wird wie durch eine Flut; und bis zum Ende des Streits wird's wuest bleiben. Er wird aber vielen den Bund staerken eine Woche lang. Und mitten in der Woche wird das Opfer und Speisopfer aufhoeren. Und bei den Fluegeln werden stehen Greuel der Verwuestung, bis das Verderben, welches beschlossen ist, sich ueber die Verwuestung ergiessen wird.
Kapitel 10. Im dritten Jahr des Koenigs Kores aus Persien ward dem Daniel, der Beltsazar heisst, etwas offenbart, das gewiss ist und von grossen Sachen; und er merkte darauf und verstand das Gesicht wohl. Zur selben Zeit war ich, Daniel, traurig drei Wochen lang. Ich ass keine leckere Speise, Fleisch und Wein kam nicht in meinen Mund, und salbte mich auch nie, bis die drei Wochen um waren. Und am vierundzwanzigsten Tage des Monats war ich bei dem grossen Wasser Hiddekkel und hob meine Augen auf und sah, und siehe, da stand ein Mann in Leinwand und hatte einen goldenen Guertel um seine Lenden. Sein Leib war wie Tuerkis, sein Antlitz wie ein Blitz, seine Augen wie feurige Fackeln, seine Arme und Fuesse wie helles, glattes Erz, und seine Rede war wie ein grosses Getoen. Ich, Daniel, aber sah solch Gesicht allein, und die Maenner, so bei mir waren, sahen's nicht; doch fiel ein grosser Schrecken ueber sie, dass sie flohen und sich verkrochen. Und ich blieb allein und sah dies grosse Gesicht. Es blieb aber keine Kraft in mir, und ich ward sehr entstellt und hatte keine Kraft mehr. Und ich hoerte seine Rede; und in dem ich sie hoerte, sank ich ohnmaechtig auf mein Angesicht zur Erde. Und siehe, eine Hand ruehrte mich an und half mir auf die Kniee und auf die Haende, und er sprach zu mir: Du, lieber Daniel, merke auf die Worte, die ich mit dir rede, und richte dich auf; denn ich bin jetzt zu dir gesandt. Und da er solches mit mir redete, richtete ich mich auf und zitterte. Und er sprach zu mir: Fuerchte dich nicht, Daniel; denn von dem ersten Tage an, da du von Herzen begehrtest zu verstehen und dich kasteitest vor deinem Gott, sind deine Worte erhoert; und ich bin gekommen um deinetwillen. Aber der Fuerst des Koenigreiches im Perserland hat mir einundzwanzig Tage widerstanden; und siehe, Michael, der vornehmsten Fuersten einer, kam mir zu Hilfe; da behielt ich den Sieg bei den Koenigen in Persien. Nun aber komme ich, dass ich dich unterrichte, wie es deinem Volk hernach gehen wird; denn das Gesicht wird erst nach etlicher Zeit geschehen. Und als er solches mit mir redete, schlug ich mein Angesicht nieder zur Erde und schwieg still. Und siehe, einer, gleich einem Menschen, ruehrte meine Lippen an. Da tat ich meinen Mund auf und redete und sprach zu dem, der vor mir stand: Mein HERR, meine Gelenke beben mir ueber dem Gesicht, und ich habe keine Kraft mehr; und wie kann der Knecht meines HERRN mit meinem HERRN reden, weil nun keine Kraft mehr in mir ist und ich auch keinen Odem mehr habe? Da ruehrte einer, gleich wie ein Mensch gestaltet, mich abermals an und staerkte mich und sprach: Fuerchte dich nicht, du lieber Mann! Friede sei mit dir! Und sei getrost, sei getrost! Und als er mit mir redete, ermannte ich mich und sprach: Mein HERR rede! denn du hast mich gestaerkt. Und er sprach: Weisst du auch, warum ich zu dir gekommen bin? Jetzt will ich wieder hin und mit dem Fuersten in Perserland streiten; aber wenn ich wegziehe, siehe, so wird der Fuerst von Griechenland kommen. Doch ich will dir anzeigen, was geschrieben ist, was gewiss geschehen wird. Und es ist keiner, der mir hilft wider jene, denn euer Fuerst Michael,
Kapitel 11. Denn ich stand ihm bei im ersten Jahr des Darius, des Meders, dass ich ihm huelfe und ihn staerkte. Und nun will ich dir anzeigen, was gewiss geschehen soll. Siehe, es werden drei Koenige in Persien aufstehen; der vierte aber wird den groessern Reichtum haben denn alle andern; und wenn er in seinem Reichtum am maechtigsten ist, wird er alles wider das Koenigreich in Griechenland erregen. Darnach wird ein maechtiger Koenig aufstehen und mit grosser Macht herrschen, und was er will, wir er ausrichten. Und wenn er aufs Hoechste gekommen ist, wird sein Reich zerbrechen und sich in alle vier Winde des Himmels zerteilen, nicht auf seine Nachkommen, auch nicht mit solcher Macht, wie sie gewesen ist; denn sein Reich wird ausgerottet und Fremden zuteil werden. Und der Koenig gegen Mittag, welcher ist seiner Fuersten einer, wird maechtig werden; aber gegen ihn wird einer auch maechtig sein und herrschen, dessen Herrschaft wird gross sein. Nach etlichen Jahren aber werden sie sich miteinander befreunden; die Tochter des Koenigs gegen Mittag wird kommen zum Koenig gegen Mitternacht, Einigkeit zu machen. Aber ihr wird die Macht des Arms nicht bleiben, dazu wird er und sein Arm nicht bestehen bleiben; sondern sie wird uebergeben werden samt denen, die sie gebracht haben, und dem, der sie erzeugt hat, und dem, der sie eine Weile maechtig gemacht hat. Es wird aber der Zweige einer von ihrem Stamm aufkommen; der wird kommen mit Heereskraft und dem Koenig gegen Mitternacht in seine Feste fallen und wird's ausrichten und siegen. Auch wird er ihre Goetter und Bilder samt den koestlichen Kleinoden, silbernen und goldenen, wegfuehren nach Aegypten und etliche Jahre vor dem Koenig gegen Mitternacht wohl stehen bleiben. Und dieser wird ziehen in das Reich des Koenigs gegen Mittag, aber wieder in sein Land umkehren. Aber seine Soehne werden zornig werden und grosse Heere zusammenbringen; und der eine wird kommen und wie eine Flut daherfahren und wiederum Krieg fuehren bis vor seine Feste. Da wird der Koenig gegen Mittag ergrimmen und ausziehen und mit dem Koenig gegen Mitternacht streiten und wird einen solchen grossen Haufen zusammenbringen, dass ihm jener Haufe wird in seine Hand gegeben, Und wird den Haufen wegfuehren. Des wird sich sein Herz ueberheben, dass er so viele Tausende darniedergelegt hat; aber damit wird er sein nicht maechtig werden. Denn der Koenig gegen Mitternacht wird wiederum einen groesseren Haufen zusammenbringen, als der vorige war; und nach etlichen Jahren wird er daherziehen mit grosser Heereskraft und mit grossem Gut. Und zur selben Zeit werden sich viele wider den Koenig gegen Mittag setzen; auch werden sich Abtruennige aus deinem Volk erheben und die Weissagung erfuellen, und werden fallen. Also wird der Koenig gegen Mitternacht daherziehen und einen Wall aufschuetten und eine feste Stadt gewinnen; und die Mittagsheere werden's nicht koennen wehren, und sein bestes Volk wird nicht koennen widerstehen; sondern der an ihn kommt, wird seinen Willen schaffen, und niemand wird ihm widerstehen koennen. Er wird auch in das werte Land kommen und wird's vollenden durch seine Hand. Und wird sein Angesicht richten, dass er mit der Macht seines ganzen Koenigreichs komme. Aber er wird sich mit ihm vertragen und wird ihm seine Tochter zum Weibe geben, dass er ihn verderbe; aber es wird ihm nicht geraten und wird nichts daraus werden. Darnach wird er sich kehren wider die Inseln und deren viele gewinnen. Aber ein Fuerst wird ihn lehren aufhoeren mit Schmaehen, dass er nicht mehr schmaehe. Also wird er sich wiederum kehren zu den Festen seines Landes und wird sich stossen und fallen, dass ihn niemand finden wird. Und an seiner Statt wird einer aufkommen, der wird einen Schergen sein herrliches Reich durchziehen lassen; aber nach wenigen Tagen wird er zerbrochen werden, doch weder durch Zorn noch durch Streit. An des Statt wird aufkommen ein Ungeachteter, welchem die Ehre des Koenigreichs nicht zugedacht war; der wird mitten im Frieden kommen und das Koenigreich mit suessen Worten einnehmen. Und die Heere, die wie eine Flut daherfahren, werden von ihm wie mit einer Flut ueberfallen und zerbrochen werden, dazu auch der Fuerst, mit dem der Bund gemacht war. Denn nachdem er mit ihm befreundet ist, wird er listig gegen ihn handeln und wird heraufziehen und mit geringem Volk ihn ueberwaeltigen, und es wird ihm gelingen, dass er in die besten Staedte des Landes kommen wird; und wird's also ausrichten, wie es weder seine Vaeter noch seine Voreltern tun konnten, mit Rauben, Pluendern und Ausbeuten; und wird nach den allerfestesten Staedten trachten, und das eine Zeitlang. Und er wird seine Macht und sein Herz wider den Koenig gegen Mittag erregen mit grosser Heereskraft; Da wird der Koenig gegen Mittag gereizt werden zum Streit mit einer grossen, maechtigen Heereskraft; aber er wird nicht bestehen, denn es werden Verraetereien wider ihn gemacht. Und eben die sein Brot essen, die werden ihn helfen verderben und sein Heer unterdruecken, dass gar viele erschlagen werden. Und beider Koenige Herz wird denken, wie sie einander Schaden tun, und werden an einem Tische faelschlich miteinander reden. Es wird ihnen aber nicht gelingen; denn das Ende ist noch auf eine andere Zeit bestimmt. Darnach wird er wiederum heimziehen mit grossem Gut und sein Herz richten wider den heiligen Bund; da wird er es ausrichten und also heim in sein Land ziehen. Darnach wird er zu gelegener Zeit wieder gegen Mittag ziehen; aber es wird ihm zum andernmal nicht geraten wie zum erstenmal. Denn es werden Schiffe aus Chittim wider ihn kommen, dass er verzagen wird und umkehren muss. Da wird er wider den heiligen Bund ergrimmen und wird's nicht ausrichten; und wird sich umsehen und an sich ziehen, die den heiligen Bund verlassen. Und es werden seine Heere daselbst stehen; die werden das Heiligtum in der Feste entweihen und das taegliche Opfer abtun und einen Greuel der Verwuestung aufrichten. Und er wird heucheln und gute Worte geben den Gottlosen, so den Bund uebertreten. Aber die vom Volk, so ihren Gott kennen, werden sich ermannen und es ausrichten. Und die Verstaendigen im Volk werden viele andere lehren; darueber werden sie fallen durch Schwert, Feuer, Gefaengnis und Raub eine Zeitlang. Und wenn sie so fallen, wird ihnen eine kleine Hilfe geschehen; aber viele werden sich zu ihnen tun betrueglich. Und der Verstaendigen werden etliche fallen, auf dass sie bewaehrt, rein und lauter werden, bis dass es ein Ende habe; denn es ist noch eine andere Zeit vorhanden. Und der Koenig wird tun, was er will, und wird sich erheben und aufwerfen wider alles, was Gott ist; und wider den Gott aller Goetter wird er greulich reden; und es wird ihm gelingen, bis der Zorn aus sei; denn es muss geschehen, was beschlossen ist. Und die Goetter seiner Vaeter wird er nicht achten; er wird weder Frauenliebe noch irgend eines Gottes achten; denn er wird sich wider alles aufwerfen. Aber anstatt dessen wird er den Gott der Festungen ehren; denn er wird einen Gott, davon seine Vaeter nichts gewusst haben, ehren mit Gold, Silber, Edelsteinen und Kleinoden und wird denen, so ihm helfen die Festungen staerken mit dem fremden Gott, den er erwaehlt hat, grosse Ehre tun und sie zu Herren machen ueber grosse Gueter und ihnen das Land zum Lohn austeilen. Und am Ende wird sich der Koenig gegen Mittag mit ihm messen; und der Koenig gegen Mitternacht wird gegen ihn stuermen mit Wagen, Reitern und vielen Schiffen und wird in die Laender fallen und verderben und durchziehen und wird in das werte Land fallen, und viele werden umkommen. Diese aber werden seiner Hand entrinnen: Edom, Moab und die Vornehmsten der Kinder Ammon. Und er wird seine Hand ausstrecken nach den Laendern, und Aegypten wird ihm nicht entrinnen; sondern er wird herrschen ueber die goldenen und silbernen Schaetze und ueber alle Kleinode Aegyptens; Libyer und Mohren werden in seinem Zuge sein. Es wird ihn aber ein Geschrei erschrecken von Morgen und Mitternacht; und er wird mit grossem Grimm ausziehen, willens, viele zu vertilgen und zu verderben. Und er wird den Palast seines Gezeltes aufschlagen zwischen zwei Meeren um den werten heiligen Berg, bis es mit ihm ein Ende werde; und niemand wird ihm helfen.
Kapitel 12. Zur selben Zeit wird der grosse Fuerst Michael, der fuer die Kinder deines Volkes steht, sich aufmachen. Denn es wird eine solche truebselige Zeit sein, wie sie nicht gewesen ist, seitdem Leute gewesen sind bis auf diese Zeit. Zur selben Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen. Und viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen: etliche zum ewigen Leben, etliche zu ewiger Schmach und Schande. Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich. Und du, Daniel, verbirg diese Worte und versiegle diese Schrift bis auf die Letzte Zeit; so werden viele darueberkommen und grossen Verstand finden. Und ich, Daniel, sah, und siehe, es standen zwei andere da, einer an diesem Ufer des Wassers, der andere an jenem Ufer. Und er sprach zu dem in leinenen Kleidern, der ueber den Wassern des Flusses stand: Wann will's denn ein Ende sein mit solchen Wundern? Und ich hoerte zu dem in leinenen Kleidern, der ueber den Wassern des Flusses stand; und er hob seine rechte und linke Hand auf gen Himmel und schwur bei dem, der ewiglich lebt, dass es eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit waehren soll; und wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat, soll solches alles geschehen. Und ich hoerte es; aber ich verstand's nicht und sprach: Mein Herr, was wird darnach werden? Er aber sprach: Gehe hin, Daniel; denn es ist verborgen und versiegelt bis auf die letzte Zeit. Viele werden gereinigt, gelaeutert und bewaehrt werden; und die Gottlosen werden gottlos Wesen fuehren, und die Gottlosen alle werden's nicht achten; aber die Verstaendigen werden's achten. Und von der Zeit an, wenn das taegliche Opfer abgetan und ein Greuel; der Verwuestung aufgerichtet wird, sind tausend zweihundertundneunzig Tage. Wohl dem, der da wartet und erreicht tausend dreihundert und fuenfunddreissig Tage! Du aber, Daniel, gehe hin, bis das Ende komme; und ruhe, dass du aufstehst zu deinem Erbteil am Ende der Tage!