Kapitel 1. Es war ein Mann im Lande Uz, der hiess Hiob. Derselbe war schlecht und recht, gottesfuerchtig und mied das Boese. Und zeugte sieben Soehne und drei Toechter; und seines Viehs waren siebentausend Schafe, dreitausend Kamele, fuenfhundert Joch Rinder und fuenfhundert Eselinnen, und er hatte viel Gesinde; und er war herrlicher denn alle, die gegen Morgen wohnten. Und seine Soehne gingen und machten ein Mahl, ein jeglicher in seinem Hause auf seinen Tag, und sandten hin und luden ihre drei Schwestern, mit ihnen zu essen und zu trinken. Und wenn die Tage des Mahls um waren, sandte Hiob hin und heiligte sie und machte sich des Morgens frueh auf und opferte Brandopfer nach ihrer aller Zahl; denn Hiob gedachte: Meine Soehne moechten gesuendigt und Gott abgesagt haben in ihrem Herzen. Also tat Hiob allezeit. Es begab sich aber auf einen Tag, da die Kinder Gottes kamen und vor den HERRN traten, kam der Satan auch unter ihnen. Der HERR aber sprach zu dem Satan: Wo kommst du her? Satan antwortete dem HERRN und sprach: Ich habe das Land umher durchzogen. Der HERR sprach zu Satan: Hast du nicht achtgehabt auf meinen Knecht Hiob? Denn es ist seinesgleichen nicht im Lande, schlecht und recht, gottesfuerchtig und meidet das Boese. Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Meinst du, dass Hiob umsonst Gott fuerchtet? Hast du doch ihn, sein Haus und alles, was er hat, ringsumher verwahrt. Du hast das Werk seiner Haende gesegnet, und sein Gut hat sich ausgebreitet im Lande. Aber recke deine Hand aus und taste an alles, was er hat: was gilt's, er wird dir ins Angesicht absagen? Der HERR sprach zum Satan: Siehe, alles, was er hat, sei in deiner Hand; nur an ihn selbst lege deine Hand nicht. Da ging der Satan aus von dem HERRN. Des Tages aber, da seine Soehne und Toechter assen und Wein tranken in ihres Bruders Hause, des Erstgeborenen, kam ein Bote zu Hiob und sprach: Die Rinder pfluegten, und die Eselinnen gingen neben ihnen auf der Weide, da fielen die aus Saba herein und nahmen sie und schlugen die Knechte mit der Schaerfe des Schwerts; und ich bin allein entronnen, dass ich dir's ansagte. Da er noch redete, kam ein anderer und sprach: Das Feuer Gottes fiel vom Himmel und verbrannte Schafe und Knechte und verzehrte sie; und ich bin allein entronnen, dass ich dir's ansagte. Da der noch redete, kam einer und sprach: Die Chaldaeer machte drei Rotten und ueberfielen die Kamele und nahmen sie und schlugen die Knechte mit der Schaerfe des Schwerts; und ich bin allein entronnen, dass ich dir's ansagte. Da der noch redete, kam einer und sprach: Deine Soehne und Toechter assen und tranken im Hause ihres Bruders, des Erstgeborenen, Und siehe, da kam ein grosser Wind von der Wueste her und stiess auf die vier Ecken des Hauses und warf's auf die jungen Leute, dass sie starben; und ich bin allein entronnen, dass ich dir's ansagte. Da stand Hiob auf und zerriss seine Kleider und raufte sein Haupt und fiel auf die Erde und betete an und sprach: Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt. In diesem allem suendigte Hiob nicht und tat nichts Toerichtes wider Gott.
Kapitel 2. Es begab sich aber des Tages, da die Kinder Gottes kamen und traten vor den HERRN, dass der Satan auch unter ihnen kam und vor den HERRN trat. Da sprach der HERR zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Ich habe das Land umher durchzogen. Der HERR sprach zu dem Satan: Hast du nicht acht auf meinen Knecht Hiob gehabt? Denn es ist seinesgleichen im Lande nicht, schlecht und recht, gottesfuerchtig und meidet das Boese und haelt noch fest an seiner Froemmigkeit; du aber hast mich bewogen, dass ich ihn ohne Ursache verderbt habe. Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Haut fuer Haut; und alles was ein Mann hat, laesst er fuer sein Leben. Aber recke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an: was gilt's, er wird dir ins Angesicht absagen? Der HERR sprach zu dem Satan: Siehe da, er ist in deiner Hand; doch schone seines Lebens! Da fuhr der Satan aus vom Angesicht des HERRN und schlug Hiob mit boesen Schwaeren von der Fusssohle an bis auf seinen Scheitel. Und er nahm eine Scherbe und schabte sich und sass in der Asche. Und sein Weib sprach zu ihm: Haeltst du noch fest an deiner Froemmigkeit? Ja, sage Gott ab und stirb! Er aber sprach zu ihr: Du redest, wie die naerrischen Weiber reden. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Boese nicht auch annehmen? In diesem allem versuendigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen. Da aber die drei Freunde Hiobs hoerten all das Unglueck, das ueber ihn gekommen war, kamen sie, ein jeglicher aus seinem Ort: Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Naema. Denn sie wurden eins, dass sie kaemen, ihn zu beklagen und zu troesten. Und da sie ihre Augen aufhoben von ferne, kannten sie ihn nicht und hoben auf ihre Stimme und weinten, und ein jeglicher zerriss sein Kleid, und sie sprengten Erde auf ihr Haupt gen Himmel und sassen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Naechte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr gross war.
Kapitel 3. Darnach tat Hiob seinen Mund auf und verfluchte seinen Tag. Und Hiob sprach: Der Tag muesse verloren sein, darin ich geboren bin, und die Nacht, welche sprach: Es ist ein Maennlein empfangen! Derselbe Tag muesse finster sein, und Gott von obenherab muesse nicht nach ihm fragen; kein Glanz muesse ueber ihn scheinen! Finsternis und Dunkel muessen ihn ueberwaeltigen, und dicke Wolken muessen ueber ihm bleiben, und der Dampf am Tage mache ihn graesslich! Die Nacht muesse Dunkel einnehmen; sie muesse sich nicht unter den Tagen des Jahres freuen noch in die Zahl der Monden kommen! Siehe, die Nacht muesse einsam sein und kein Jauchzen darin sein! Es muessen sie verfluchen die Verflucher des Tages und die da bereit sind, zu erregen den Leviathan! Ihre Sterne muessen finster sein in ihrer Daemmerung; sie hoffe aufs Licht, und es komme nicht, und muesse nicht sehen die Wimpern der Morgenroete, darum dass sie nicht verschlossen hat die Tuer des Leibes meiner Mutter und nicht verborgen das Unglueck vor meinen Augen! Warum bin ich nicht gestorben von Mutterleib an? Warum bin ich nicht verschieden, da ich aus dem Leibe kam? Warum hat man mich auf den Schoss gesetzt? Warum bin ich mit Bruesten gesaeugt? So laege ich doch nun und waere still, schliefe und haette Ruhe mit den Koenigen und Ratsherren auf Erden, die das Wueste bauen, oder mit den Fuersten, die Gold haben und deren Haeuser voll Silber sind. Oder wie eine unzeitige Geburt, die man verborgen hat, waere ich gar nicht, wie Kinder, die das Licht nie gesehen haben. Daselbst muessen doch aufhoeren die Gottlosen mit Toben; daselbst ruhen doch, die viel Muehe gehabt haben. Da haben doch miteinander Frieden die Gefangenen und hoeren nicht die Stimme des Draengers. Da sind beide, klein und gross, und der Knecht ist frei von seinem Herrn. Warum ist das Licht gegeben dem Muehseligen und das Leben den betruebten Herzen (die des Todes warten, und er kommt nicht, und grueben ihn wohl aus dem Verborgenen, die sich sehr freuten und froehlich waeren, wenn sie ein Grab bekaemen), dem Manne, dessen Weg verborgen ist und vor ihm von Gott verzaeunt ward? Denn wenn ich essen soll, muss ich seufzen, und mein Heulen faehrt heraus wie Wasser. Denn was ich gefuerchtet habe ist ueber mich gekommen, und was ich sorgte, hat mich getroffen. War ich nicht glueckselig? War ich nicht fein stille? Hatte ich nicht gute Ruhe? Und es kommt solche Unruhe!
Kapitel 4. Da antwortete Eliphas von Theman und sprach: Du hast's vielleicht nicht gern, so man versucht, mit dir zu reden; aber wer kann sich's enthalten? Siehe, du hast viele unterwiesen und laessige Haende gestaerkt; deine Rede hat die Gefallenen aufgerichtet, und die bebenden Kniee hast du gekraeftigt. Nun aber es an dich kommt, wirst du weich; und nun es dich trifft, erschrickst du. Ist nicht deine Gottesfurcht dein Trost, deine Hoffnung die Unstraeflichkeit deiner Wege? Gedenke doch, wo ist ein Unschuldiger umgekommen? oder wo sind die Gerechten je vertilgt? Wie ich wohl gesehen habe: die da Muehe pfluegen und Unglueck saeten, ernteten es auch ein; durch den Odem Gottes sind sie umgekommen und vom Geist seines Zorns vertilgt. Das Bruellen der Loewen und die Stimme der grossen Loewen und die Zaehne der jungen Loewen sind zerbrochen. Der Loewe ist umgekommen, dass er nicht mehr raubt, und die Jungen der Loewin sind zerstreut. Und zu mir ist gekommen ein heimlich Wort, und mein Ohr hat ein Woertlein davon empfangen. Da ich Gesichte betrachtete in der Nacht, wenn der Schlaf auf die Leute faellt, da kam mich Furcht und Zittern an, und alle meine Gebeine erschraken. Und da der Geist an mir vorueberging standen mir die Haare zu Berge an meinem Leibe. Da stand ein Bild vor meinen Augen, und ich kannte seine Gestalt nicht; es war still, und ich hoerte eine Stimme: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott? oder ein Mann rein sein vor dem, der ihn gemacht hat? Siehe, unter seinen Knechten ist keiner ohne Tadel, und seine Boten zeiht er der Torheit: wie viel mehr die in Lehmhaeusern wohnen und auf Erde gegruendet sind und werden von Wuermern gefressen! Es waehrt vom Morgen bis an den Abend, so werden sie zerschlagen; und ehe sie es gewahr werden, sind sie gar dahin, und ihre Nachgelassenen vergehen und sterben auch unversehens.
Kapitel 5. Rufe doch! was gilts, ob einer dir antworte? Und an welchen von den Heiligen willst du dich wenden? Einen Toren aber erwuergt wohl der Unmut, und den Unverstaendigen toetet der Eifer. Ich sah einen Toren eingewurzelt, und ich fluchte ploetzlich seinem Hause. Seine Kinder werden fern sein vom Heil und werden zerschlagen werden im Tor, da kein Erretter sein wird. Seine Ernte wird essen der Hungrige und auch aus den Hecken sie holen, und sein Gut werden die Durstigen aussaufen. Denn Muehsal aus der Erde nicht geht und Unglueck aus dem Acker nicht waechst; sondern der Mensch wird zu Unglueck geboren, wie die Voegel schweben, emporzufliegen. Ich aber wuerde zu Gott mich wenden und meine Sache vor ihn bringen, der grosse Dinge tut, die nicht zu erforschen sind, und Wunder, die nicht zu zaehlen sind: der den Regen aufs Land gibt und laesst Wasser kommen auf die Gefilde; der die Niedrigen erhoeht und den Betruebten emporhilft. Er macht zunichte die Anschlaege der Listigen, dass es ihre Hand nicht ausfuehren kann; er faengt die Weisen in ihrer Listigkeit und stuerzt der Verkehrten Rat, dass sie des Tages in der Finsternis laufen und tappen am Mittag wie in der Nacht. Er hilft den Armen von dem Schwert, von ihrem Munde und von der Hand des Maechtigen, und ist des Armen Hoffnung, dass die Bosheit wird ihren Mund muessen zuhalten. Siehe, selig ist der Mensch, den Gott straft; darum weigere dich der Zuechtigung des Allmaechtigen nicht. Denn er verletzt und verbindet; er zerschlaegt und seine Hand heilt. Aus sechs Truebsalen wird er dich erretten, und in der siebenten wird dich kein Uebel ruehren: in der Teuerung wird er dich vom Tod erloesen und im Kriege von des Schwertes Hand; Er wird dich verbergen vor der Geissel Zunge, dass du dich nicht fuerchtest vor dem Verderben, wenn es kommt; im Verderben und im Hunger wirst du lachen und dich vor den wilden Tieren im Lande nicht fuerchten; sondern sein Bund wird sein mit den Steinen auf dem Felde, und die wilden Tiere im Lande werden Frieden mit dir halten. Und du wirst erfahren, dass deine Huette Frieden hat, und wirst deine Behausung versorgen und nichts vermissen, und wirst erfahren, dass deines Samens wird viel werden und deine Nachkommen wie das Gras auf Erden, und wirst im Alter zum Grab kommen, wie Garben eingefuehrt werden zu seiner Zeit. Siehe, das haben wir erforscht und ist also; dem gehorche und merke du dir's.
Kapitel 6. Hiob antwortete und sprach: Wenn man doch meinen Unmut woege und mein Leiden zugleich in die Waage legte! Denn nun ist es schwerer als Sand am Meer; darum gehen meine Worte irre. Denn die Pfeile des Allmaechtigen stecken in mir: derselben Gift muss mein Geist trinken, und die Schrecknisse Gottes sind auf mich gerichtet. Das Wild schreit nicht, wenn es Gras hat; der Ochse bloekt nicht, wenn er sein Futter hat. Kann man auch essen, was ungesalzen ist? Oder wer mag kosten das Weisse um den Dotter? Was meine Seele widerte anzuruehren, das ist meine Speise, mir zum Ekel. O, dass meine Bitte geschaehe und Gott gaebe mir, was ich hoffe! Dass Gott anfinge und zerschluege mich und liesse seine Hand gehen und zerscheiterte mich! So haette ich nun Trost, und wollte bitten in meiner Krankheit, dass er nur nicht schonte, habe ich doch nicht verleugnet die Reden des Heiligen. Was ist meine Kraft, dass ich moege beharren? und welches ist mein Ende, dass meine Seele geduldig sein sollte? Ist doch meine Kraft nicht steinern und mein Fleisch nicht ehern. Habe ich doch nirgend Hilfe, und mein Vermoegen ist dahin. Wer Barmherzigkeit seinem Naechsten verweigert, der verlaesst des Allmaechtigen Furcht. Meine Brueder truegen wie ein Bach, wie Wasserstroeme, die vergehen, die truebe sind vom Eis, in die der Schnee sich birgt: zur Zeit, wenn sie die Hitze drueckt, versiegen sie; wenn es heiss wird, vergehen sie von ihrer Staette. Die Reisezuege gehen ab vom Wege, sie treten aufs Ungebahnte und kommen um; die Reisezuege von Thema blicken ihnen nach, die Karawanen von Saba hofften auf sie: aber sie wurden zu Schanden ueber ihrer Hoffnung und mussten sich schaemen, als sie dahin kamen. So seid ihr jetzt ein Nichts geworden, und weil ihr Jammer sehet, fuerchtet ihr euch. Habe ich auch gesagt: Bringet her von eurem Vermoegen und schenkt mir und errettet mich aus der Hand des Feindes und erloest mich von der Hand der Gewalttaetigen? Lehret mich, so will ich schweigen; und was ich nicht weiss, darin unterweist mich. Warum tadelt ihr rechte Rede? Wer ist unter euch, der sie strafen koennte? Gedenket ihr, Worte zu strafen? Aber eines Verzweifelten Rede ist fuer den Wind. Ihr fielet wohl ueber einen armen Waisen her und gruebet eurem Nachbarn Gruben. Doch weil ihr habt angehoben, sehet auf mich, ob ich vor euch mit Luegen bestehen werde. Antwortet, was recht ist; meine Antwort wird noch recht bleiben. Ist denn auf meiner Zunge Unrecht, oder sollte mein Gaumen Boeses nicht merken?
Kapitel 7. Muss nicht der Mensch immer im Streit sein auf Erden, und sind seine Tage nicht wie eines Tageloehners? Wie ein Knecht sich sehnt nach dem Schatten und ein Tageloehner, dass seine Arbeit aus sei, also habe ich wohl ganze Monden vergeblich gearbeitet, und elender Naechte sind mir viel geworden. Wenn ich mich legte, sprach ich: Wann werde ich aufstehen? Und der Abend ward mir lang; ich waelzte mich und wurde des satt bis zur Daemmerung. Mein Fleisch ist um und um wurmig und knotig; meine Haut ist verschrumpft und zunichte geworden. Meine Tage sind leichter dahingeflogen denn die Weberspule und sind vergangen, dass kein Aufhalten dagewesen ist. Gedenke, dass mein Leben ein Wind ist und meine Augen nicht wieder Gutes sehen werden. Und kein lebendiges Auge wird mich mehr schauen; sehen deine Augen nach mir, so bin ich nicht mehr. Eine Wolke vergeht und faehrt dahin: also, wer in die Hoelle hinunterfaehrt, kommt nicht wieder herauf und kommt nicht wieder in sein Haus, und sein Ort kennt ihn nicht mehr. Darum will ich auch meinem Munde nicht wehren; ich will reden in der Angst meines Herzens und will klagen in der Betruebnis meiner Seele. Bin ich denn ein Meer oder ein Meerungeheuer, dass du mich so verwahrst? Wenn ich gedachte: Mein Bett soll mich troesten, mein Lager soll mir meinen Jammer erleichtern, so erschrecktest du mich mit Traeumen und machtest mir Grauen durch Gesichte, dass meine Seele wuenschte erstickt zu sein und meine Gebeine den Tod. Ich begehre nicht mehr zu leben. Lass ab von mir, denn meine Tage sind eitel. Was ist ein Mensch, dass du ihn gross achtest und bekuemmerst dich um ihn? Du suchst ihn taeglich heim und versuchst ihn alle Stunden. Warum tust du dich nicht von mir und laessest mich nicht, bis ich nur meinen Speichel schlinge? Habe ich gesuendigt, was tue ich dir damit, o du Menschenhueter? Warum machst du mich zum Ziel deiner Anlaeufe, dass ich mir selbst eine Last bin? Und warum vergibst du mir meine Missetat nicht und nimmst weg meine Suende? Denn nun werde ich mich in die Erde legen, und wenn du mich morgen suchst, werde ich nicht da sein.
Kapitel 8. Da antwortete Bildad von Suah und sprach: Wie lange willst du solches reden und sollen die Reden deines Mundes so einen stolzen Mut haben? Meinst du, dass Gott unrecht richte oder der Allmaechtige das Recht verkehre? Haben deine Soehne vor ihm gesuendigt, so hat er sie verstossen um ihrer Missetat willen. So du aber dich beizeiten zu Gott tust und zu dem Allmaechtigen flehst, und so du rein und fromm bist, so wird er aufwachen zu dir und wird wieder aufrichten deine Wohnung um deiner Gerechtigkeit willen; und was du zuerst wenig gehabt hast, wird hernach gar sehr zunehmen. Denn frage die vorigen Geschlechter und merke auf das, was ihr Vaeter erforscht haben; denn wir sind von gestern her und wissen nichts; unser Leben ist ein Schatten auf Erden. Sie werden dich's lehren und dir sagen und ihre Rede aus ihrem Herzen hervorbringen: "Kann auch ein Rohr aufwachsen, wo es nicht feucht steht? oder Schilf wachsen ohne Wasser? Sonst wenn's noch in der Bluete ist, ehe es abgehauen wird, verdorrt es vor allem Gras. So geht es allen denen, die Gottes vergessen; und die Hoffnung der Heuchler wird verloren sein. Denn seine Zuversicht vergeht, und seine Hoffnung ist eine Spinnwebe. Er verlaesst sich auf sein Haus, und wird doch nicht bestehen; er wird sich daran halten, aber doch nicht stehenbleiben. Er steht voll Saft im Sonnenschein, und seine Reiser wachsen hervor in seinem Garten. Seine Saat steht dick bei den Quellen und sein Haus auf Steinen. Wenn er ihn aber verschlingt von seiner Staette, wird sie sich gegen ihn stellen, als kennte sie ihn nicht. Siehe, das ist die Freude seines Wesens; und aus dem Staube werden andere wachsen." Darum siehe, dass Gott nicht verwirft die Frommen und erhaelt nicht die Hand der Boshaften, bis dass dein Mund voll Lachens werde und deine Lippen voll Jauchzens. Die dich aber hassen, werden zu Schanden werden, und der Gottlosen Huette wird nicht bestehen.
Kapitel 9. Hiob antwortete und sprach: Ja, ich weiss gar wohl, dass es also ist und dass ein Mensch nicht recht behalten mag gegen Gott. Hat er Lust, mit ihm zu hadern, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten. Er ist weise und maechtig; wem ist's je gelungen, der sich wider ihn gelegt hat? Er versetzt Berge, ehe sie es innewerden, die er in seinem Zorn umkehrt. Er bewegt die Erde aus ihrem Ort, dass ihre Pfeiler zittern. Er spricht zur Sonne, so geht sie nicht auf, und versiegelt die Sterne. Er breitet den Himmel aus allein und geht auf den Wogen des Meeres. Er macht den Wagen am Himmel und Orion und die Plejaden und die Sterne gegen Mittag. Er tut grosse Dinge, die nicht zu erforschen sind, und Wunder, deren keine Zahl ist. Siehe, er geht an mir vorueber, ehe ich's gewahr werde, und wandelt vorbei, ehe ich's merke. Siehe, wenn er hinreisst, wer will ihm wehren? Wer will zu ihm sagen: Was machst du? Er ist Gott; seinen Zorn kann niemand stillen; unter ihn mussten sich beugen die Helfer Rahabs. Wie sollte ich denn ihm antworten und Worte finden gegen ihn? Wenn ich auch recht habe, kann ich ihm dennoch nicht antworten, sondern ich muesste um mein Recht flehen. Wenn ich ihn schon anrufe, und er mir antwortet, so glaube ich doch nicht, dass er meine Stimme hoere. Denn er faehrt ueber mich mit Ungestuem und macht mir Wunden viel ohne Ursache. Er laesst meinen Geist sich nicht erquicken, sondern macht mich voll Betruebnis. Will man Macht, so ist er zu maechtig; will man Recht, wer will mein Zeuge sein? Sage ich, dass ich gerecht bin, so verdammt er mich doch; bin ich Unschuldig, so macht er mich doch zu Unrecht. Ich bin unschuldig! ich frage nicht nach meiner Seele, begehre keines Lebens mehr. Es ist eins, darum sage ich: Er bringt um beide, den Frommen und den Gottlosen. Wenn er anhebt zu geisseln, so dringt er alsbald zum Tod und spottet der Anfechtung der Unschuldigen. Das Land aber wird gegeben unter die Hand der Gottlosen, und der Richter Antlitz verhuellt er. Ist's nicht also, wer anders sollte es tun? Meine Tage sind schneller gewesen denn ein Laeufer; sie sind geflohen und haben nichts Gutes erlebt. Sie sind dahingefahren wie die Rohrschiffe, wie ein Adler fliegt zur Speise. Wenn ich gedenke: Ich will meiner Klage vergessen und meine Gebaerde lassen fahren und mich erquicken, so fuerchte ich alle meine Schmerzen, weil ich weiss, dass du mich nicht unschuldig sein laessest. Ich muss ja doch ein Gottloser sein; warum muehe ich mich denn so vergeblich? Wenn ich mich gleich mit Schneewasser wuesche und reinigte mein Haende mit Lauge, so wirst du mich doch tauchen in Kot, und so werden mir meine Kleider greulich anstehen. Denn er ist nicht meinesgleichen, dem ich antworten koennte, dass wir vor Gericht miteinander kaemen. Es ist zwischen uns kein Schiedsmann, der seine Hand auf uns beide lege. Er nehme von mir seine Rute und lasse seinen Schrecken von mir, dass ich moege reden und mich nicht vor ihm fuerchten duerfe; denn ich weiss, dass ich kein solcher bin.
Kapitel 10. Meine Seele verdriesst mein Leben; ich will meiner Klage bei mir ihren Lauf lassen und reden in der Betruebnis meiner Seele und zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! lass mich wissen, warum du mit mir haderst. Gefaellt dir's, dass du Gewalt tust und mich verwirfst, den deine Haende gemacht haben, und bringst der Gottlosen Vornehmen zu Ehren? Hast du denn auch fleischliche Augen, oder siehst du, wie ein Mensch sieht? Oder ist deine Zeit wie eines Menschen Zeit, oder deine Jahre wie eines Mannes Jahre? dass du nach einer Missetat fragest und suchest meine Suende, so du doch weisst wie ich nicht gottlos sei, so doch niemand ist, der aus deiner Hand erretten koenne. Deine Haende haben mich bereitet und gemacht alles, was ich um und um bin; und du wolltest mich verderben? Gedenke doch, dass du mich aus Lehm gemacht hast; und wirst mich wieder zu Erde machen? Hast du mich nicht wie Milch hingegossen und wie Kaese lassen gerinnen? Du hast mir Haut und Fleisch angezogen; mit Gebeinen und Adern hast du mich zusammengefuegt. Leben und Wohltat hast du an mir getan, und dein Aufsehen bewahrt meinen Odem. Aber dies verbargst du in deinem Herzen, ich weiss, dass du solches im Sinn hattest: wenn ich suendigte, so wolltest du es bald merken und meine Missetat nicht ungestraft lassen. Bin ich gottlos, dann wehe mir! bin ich gerecht, so darf ich doch mein Haupt nicht aufheben, als der ich voll Schmach bin und sehe mein Elend. Und wenn ich es aufrichte, so jagst du mich wie ein Loewe und handelst wiederum wunderbar an mir. Du erneuest deine Zeugen wider mich und machst deines Zornes viel auf mich; es zerplagt mich eins ueber das andere in Haufen. Warum hast du mich aus Mutterleib kommen lassen? Ach, dass ich waere umgekommen und mich nie ein Auge gesehen haette! So waere ich, als die nie gewesen sind, von Mutterleibe zum Grabe gebracht. Ist denn mein Leben nicht kurz? So hoere er auf und lasse ab von mir, dass ich ein wenig erquickt werde, ehe ich denn hingehe und komme nicht wieder, ins Land der Finsternis und des Dunkels, ins Land da es stockfinster ist und da keine Ordnung ist, und wenn's hell wird, so ist es wie Finsternis.
Kapitel 11. Da antwortete Zophar von Naema und sprach: Wenn einer lang geredet, muss er nicht auch hoeren? Muss denn ein Schwaetzer immer recht haben? Muessen die Leute zu deinem eitlen Geschwaetz schweigen, dass du spottest und niemand dich beschaeme? Du sprichst: Meine Rede ist rein, und lauter bin ich vor deinen Augen. Ach, dass Gott mit dir redete und taete seine Lippen auf und zeigte dir die heimliche Weisheit! Denn er haette noch wohl mehr an dir zu tun, auf dass du wissest, dass er deiner Suenden nicht aller gedenkt. Meinst du, dass du wissest, was Gott weiss, und wollest es so vollkommen treffen wie der Allmaechtige? Es ist hoeher denn der Himmel; was willst du tun? tiefer denn die Hoelle; was kannst du wissen? laenger denn die Erde und breiter denn das Meer. So er daherfaehrt und gefangen legt und Gericht haelt, wer will's ihm wehren? Denn er kennt die losen Leute, er sieht die Untugend, und sollte es nicht merken? Ein unnuetzer Mann blaeht sich, und ein geborener Mensch will sein wie ein junges Wild. Wenn du dein Herz richtetest und deine Haende zu ihm ausbreitetest; wenn du die Untugend, die in deiner Hand ist, fern von dir taetest, dass in deiner Huette kein Unrecht bliebe: so moechtest du dein Antlitz aufheben ohne Tadel und wuerdest fest sein und dich nicht fuerchten. Dann wuerdest du der Muehsal vergessen und so wenig gedenken als des Wassers, das voruebergeht; und die Zeit deines Lebens wuerde aufgehen wie der Mittag, und das Finstere wuerde ein lichter Morgen werden; und duerftest dich dessen troesten, dass Hoffnung da sei; wuerdest dich umsehen und in Sicherheit schlafen legen; wuerdest ruhen, und niemand wuerde dich aufschrecken; und viele wuerden vor dir flehen. Aber die Augen der Gottlosen werden verschmachten, und sie werden nicht entrinnen koennen; denn Hoffnung wird ihrer Seele fehlen.
Kapitel 12. Da antwortete Hiob und sprach: Ja, ihr seid die Leute, mit euch wird die Weisheit sterben! Ich habe so wohl ein Herz als ihr und bin nicht geringer denn ihr; und wer ist, der solches nicht wisse? Ich muss von meinem Naechsten verlacht sein, der ich Gott anrief, und er erhoerte mich. Der Gerechte und Fromme muss verlacht sein und ist ein verachtet Lichtlein vor den Gedanken der Stolzen, steht aber, dass sie sich daran aergern. Der Verstoerer Huetten haben die Fuelle, und Ruhe haben, die wider Gott toben, die ihren Gott in der Faust fuehren. Frage doch das Vieh, das wird dich's lehren und die Voegel unter dem Himmel, die werden dir's sagen; oder rede mit der Erde, die wird dich's lehren, und die Fische im Meer werden dir's erzaehlen. Wer erkennte nicht an dem allem, dass des HERRN Hand solches gemacht hat? dass in seiner Hand ist die Seele alles dessen, was da lebt, und der Geist des Fleisches aller Menschen? Prueft nicht das Ohr die Rede? und der Mund schmeckt die Speise? Ja, "bei den Grossvaetern ist die Weisheit, und der Verstand bei den Alten". Bei ihm ist Weisheit und Gewalt, Rat und Verstand. Siehe, wenn er zerbricht, so hilft kein Bauen; wenn er jemand einschliesst, kann niemand aufmachen. Siehe, wenn er das Wasser verschliesst, so wird alles duerr; und wenn er's auslaesst, so kehrt es das Land um. Er ist stark und fuehrt es aus. Sein ist, der da irrt und der da verfuehrt. Er fuehrt die Klugen wie einen Raub und macht die Richter toll. Er loest auf der Koenige Zwang und bindet mit einem Gurt ihre Lenden. Er fuehrt die Priester wie einen Raub und bringt zu Fall die Festen. Er entzieht die Sprache den Bewaehrten und nimmt weg den Verstand der Alten. Er schuettet Verachtung auf die Fuersten und macht den Guertel der Gewaltigen los. Er oeffnet die finsteren Gruende und bringt heraus das Dunkel an das Licht. Er macht etliche zu grossem Volk und bringt sie wieder um. Er breitet ein Volk aus und treibt es wieder weg. Er nimmt weg den Mut der Obersten des Volkes im Lande und macht sie irre auf einem Umwege, da kein Weg ist, dass sie in Finsternis tappen ohne Licht; und macht sie irre wie die Trunkenen.
Kapitel 13. Siehe, das alles hat mein Auge gesehen und mein Ohr gehoert, und ich habe es verstanden. Was ihr wisst, das weiss ich auch; und bin nicht geringer denn ihr. Doch wollte ich gern zu dem Allmaechtigen reden und wollte gern mit Gott rechten. Aber ihr deutet's faelschlich und seid alle unnuetze Aerzte. Wollte Gott, ihr schwieget, so waeret ihr weise. Hoeret doch meine Verantwortung und merket auf die Sache, davon ich rede! Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und fuer ihn List brauchen? Wollt ihr seine Person ansehen? Wollt ihr Gott vertreten? Wird's euch auch wohl gehen, wenn er euch richten wird? Meint ihr, dass ihr ihn taeuschen werdet, wie man einen Menschen taeuscht? Er wird euch strafen, wo ihr heimlich Person ansehet. Wird er euch nicht erschrecken, wenn er sich wird hervortun, und wird seine Furcht nicht ueber euch fallen? Eure Denksprueche sind Aschensprueche; eure Bollwerke werden wie Lehmhaufen sein. Schweiget mir, dass ich rede, es komme ueber mich, was da will. Was soll ich mein Fleisch mit meinen Zaehnen davontragen und meine Seele in meine Haende legen? Siehe, er wird mich doch erwuergen, und ich habe nichts zu hoffen; doch will ich meine Wege vor ihm verantworten. Er wird ja mein Heil sein; denn es kommt kein Heuchler vor ihn. Hoeret meine Rede, und meine Auslegung gehe ein zu euren Ohren. Siehe, ich bin zum Rechtsstreit geruestet; ich weiss, dass ich recht behalten werde. Wer ist, der mit mir rechten koennte? Denn dann wollte ich schweigen und verscheiden. Zweierlei tue mir nur nicht, so will ich mich vor dir nicht verbergen: lass deine Hand fern von mir sein, und dein Schrecken erschrecke mich nicht! Dann rufe, ich will antworten, oder ich will reden, antworte du mir! Wie viel ist meiner Missetaten und Suenden? Lass mich wissen meine Uebertretung und Suende. Warum verbirgst du dein Antlitz und haeltst mich fuer deinen Feind? Willst du wider ein fliegend Blatt so ernst sein und einen duerren Halm verfolgen? Denn du schreibst mir Betruebnis an und willst ueber mich bringen die Suenden meiner Jugend. Du hast meinen Fuss in den Stock gelegt und hast acht auf alle meine Pfade und siehst auf die Fusstapfen meiner Fuesse, der ich doch wie Moder vergehe und wie ein Kleid, das die Motten fressen.
Kapitel 14. Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe, geht auf wie eine Blume und faellt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht. Und du tust deine Augen ueber einen solchen auf, dass du mich vor dir ins Gericht ziehest. Kann wohl ein Reiner kommen von den Unreinen? Auch nicht einer. Er hat seine bestimmte Zeit, die Zahl seiner Monden steht bei dir; du hast ein Ziel gesetzt, das wird er nicht ueberschreiten. So tu dich von ihm, dass er Ruhe habe, bis dass seine Zeit komme, deren er wie ein Tageloehner wartet. Ein Baum hat Hoffnung, wenn er schon abgehauen ist, dass er sich wieder erneue, und seine Schoesslinge hoeren nicht auf. Ob seine Wurzel in der Erde veraltet und sein Stamm im Staub erstirbt, so gruent er doch wieder vom Geruch des Wassers und waechst daher, als waere er erst gepflanzt. Aber der Mensch stirbt und ist dahin; er verscheidet, und wo ist er? Wie ein Wasser auslaeuft aus dem See, und wie ein Strom versiegt und vertrocknet, so ist ein Mensch, wenn er sich legt, und wird nicht aufstehen und wird nicht aufwachen, solange der Himmel bleibt, noch von seinem Schlaf erweckt werden. Ach dass du mich in der Hoelle verdecktest und verbaergest, bis dein Zorn sich lege, und setztest mir ein Ziel, dass du an mich daechtest. Wird ein toter Mensch wieder leben? Alle Tage meines Streites wollte ich harren, bis dass meine Veraenderung komme! Du wuerdest rufen und ich dir antworten; es wuerde dich verlangen nach dem Werk deiner Haende. Jetzt aber zaehlst du meine Gaenge. Hast du nicht acht auf meine Suenden? Du hast meine Uebertretungen in ein Buendlein versiegelt und meine Missetat zusammengefasst. Zerfaellt doch ein Berg und vergeht, und ein Fels wird von seinem Ort versetzt; Wasser waescht Steine weg, und seine Fluten floessen die Erde weg: aber des Menschen Hoffnung ist verloren; denn du stoessest ihn gar um, dass er dahinfaehrt, veraenderst sein Wesen und laessest ihn fahren. Sind seine Kinder in Ehren, das weiss er nicht; oder ob sie gering sind, des wird er nicht gewahr. Nur sein eigen Fleisch macht ihm Schmerzen, und seine Seele ist ihm voll Leides.
Kapitel 15. Da antwortete Eliphas von Theman und sprach: Soll ein weiser Mann so aufgeblasene Worte reden und seinen Bauch so blaehen mit leeren Reden? Du verantwortest dich mit Worten, die nicht taugen, und dein Reden ist nichts nuetze. Du hast die Furcht fahren lassen und redest veraechtlich vor Gott. Denn deine Missetat lehrt deinen Mund also, und hast erwaehlt eine listige Zunge. Dein Mund verdammt dich, und nicht ich; deine Lippen zeugen gegen dich. Bist du der erste Mensch geboren? bist du vor allen Huegeln empfangen? Hast du Gottes heimlichen Rat gehoert und die Weisheit an dich gerissen? Was weisst du, das wir nicht wissen? was verstehst du, das nicht bei uns sei? Es sind Graue und Alte unter uns, die laenger gelebt haben denn dein Vater. Sollten Gottes Troestungen so gering vor dir gelten und ein Wort, in Lindigkeit zu dir gesprochen? Was nimmt dein Herz vor? was siehst du so stolz? Was setzt sich dein Mut gegen Gott, dass du solche Reden aus deinem Munde laessest? Was ist ein Mensch, dass er sollte rein sein, und dass er sollte gerecht sein, der von einem Weibe geboren ist? Siehe, unter seinen Heiligen ist keiner ohne Tadel, und die im Himmel sind nicht rein vor ihm. Wie viel weniger ein Mensch, der ein Greuel und schnoede ist, der Unrecht saeuft wie Wasser. Ich will dir's zeigen, hoere mir zu, und ich will dir erzaehlen, was ich gesehen habe, was die Weisen gesagt haben und ihren Vaetern nicht verhohlen gewesen ist, welchen allein das Land gegeben war, dass kein Fremder durch sie gehen durfte: "Der Gottlose bebt sein Leben lang, und dem Tyrannen ist die Zahl seiner Jahre verborgen. Was er hoert, das schreckt ihn; und wenn's gleich Friede ist, fuerchtet er sich, der Verderber komme, glaubt nicht, dass er moege dem Unglueck entrinnen, und versieht sich immer des Schwerts. Er zieht hin und her nach Brot, und es duenkt ihn immer, die Zeit seines Ungluecks sei vorhanden. Angst und Not schrecken ihn und schlagen ihn nieder wie ein Koenig mit seinem Heer. Denn er hat seine Hand wider Gott gestreckt und sich wider den Allmaechtigen gestraeubt. Er laeuft mit dem Kopf an ihn und ficht halsstarrig wider ihn. Er bruestet sich wie ein fetter Wanst und macht sich feist und dick. Er wohnt in verstoerten Staedten, in Haeusern, da man nicht bleiben darf, die auf einem Haufen liegen sollen. Er wird nicht reich bleiben, und sein Gut wird nicht bestehen, und sein Glueck wird sich nicht ausbreiten im Lande. Unfall wird nicht von ihm lassen. Die Flamme wird seine Zweige verdorren, und er wird ihn durch den Odem seines Mundes wegnehmen. Er wird nicht bestehen, denn er ist in seinem eiteln Duenkel betrogen; und eitel wird sein Lohn werden. Er wird ein Ende nehmen vor der Zeit; und sein Zweig wird nicht gruenen. Er wird abgerissen werden wie eine unzeitige Traube vom Weinstock, und wie ein Oelbaum seine Bluete abwirft. Denn der Heuchler Versammlung wird einsam bleiben; und das Feuer wird fressen die Huetten derer, die Geschenke nehmen. Sie gehen schwanger mit Unglueck und gebaeren Muehsal, und ihr Schoss bringt Trug."
Kapitel 16. Hiob antwortete und sprach: Ich habe solches oft gehoert. Ihr seid allzumal leidige Troester! Wollen die leeren Worte kein Ende haben? Oder was macht dich so frech, also zu reden? Ich koennte auch wohl reden wie ihr. Waere eure Seele an meiner Statt, so wollte ich auch Worte gegen euch zusammenbringen und mein Haupt also ueber euch schuetteln. Ich wollte euch staerken mit dem Munde und mit meinen Lippen troesten. Aber wenn ich schon rede, so schont mein der Schmerz nicht; lasse ich's anstehen so geht er nicht von mir. Nun aber macht er mich muede und verstoert alles, was ich bin. Er hat mich runzlig gemacht, das zeugt wider mich; und mein Elend steht gegen mich auf und verklagt mich ins Angesicht. Sein Grimm zerreisst, und der mir gram ist, beisst die Zaehne ueber mich zusammen; mein Widersacher funkelt mit seinen Augen auf mich. Sie haben ihren Mund aufgesperrt gegen mich und haben mich schmaehlich auf meine Backen geschlagen; sie haben ihren Mut miteinander an mir gekuehlt. Gott hat mich uebergeben dem Ungerechten und hat mich in der Gottlosen Haende kommen lassen. Ich war in Frieden, aber er hat mich zunichte gemacht; er hat mich beim Hals genommen und zerstossen und hat mich zum Ziel aufgerichtet. Er hat mich umgeben mit seinen Schuetzen; er hat meine Nieren gespalten und nicht verschont; er hat meine Galle auf die Erde geschuettet. Er hat mir eine Wunde ueber die andere gemacht; er ist an mich gelaufen wie ein Gewaltiger. Ich habe einen Sack um meine Haut genaeht und habe mein Horn in den Staub gelegt. Mein Antlitz ist geschwollen von Weinen, und meine Augenlider sind verdunkelt, wiewohl kein Frevel in meiner Hand ist und mein Gebet ist rein. Ach Erde, bedecke mein Blut nicht! und mein Geschrei finde keine Ruhestaette! Auch siehe da, meine Zeuge ist mein Himmel; und der mich kennt, ist in der Hoehe. Meine Freunde sind meine Spoetter; aber mein Auge traent zu Gott, dass er entscheiden moege zwischen dem Mann und Gott, zwischen dem Menschenkind und seinem Freunde. Denn die bestimmten Jahre sind gekommen, und ich gehe hin des Weges, den ich nicht wiederkommen werde.
Kapitel 17. Mein Odem ist schwach, und meine Tage sind abgekuerzt; das Grab ist da. Fuerwahr, Gespoett umgibt mich, und auf ihrem Hadern muss mein Auge weilen. Sei du selber mein Buerge bei dir; wer will mich sonst vertreten? Denn du hast ihrem Herzen den Verstand verborgen; darum wirst du ihnen den Sieg geben. Es ruehmt wohl einer seinen Freunden die Ausbeute; aber seiner Kinder Augen werden verschmachten. Er hat mich zum Sprichwort unter den Leuten gemacht, und ich muss mir ins Angesicht speien lassen. Mein Auge ist dunkel geworden vor Trauern, und alle meine Glieder sind wie ein Schatten. Darueber werden die Gerechten sich entsetzen, und die Unschuldigen werden sich entruesten gegen die Heuchler. Aber der Gerechte wird seinen Weg behalten; und wer reine Haende hat, wird an Staerke zunehmen. Wohlan, so kehrt euch alle her und kommt; ich werde doch keinen Weisen unter euch finden. Meine Tage sind vergangen; meine Anschlaege sind zerrissen, die mein Herz besessen haben. Sie wollen aus der Nacht Tag machen und aus dem Tage Nacht. Wenn ich gleich lange harre, so ist doch bei den Toten mein Haus, und in der Finsternis ist mein Bett gemacht; Die Verwesung heisse ich meinen Vater und die Wuermer meine Mutter und meine Schwester: was soll ich denn harren? und wer achtet mein Hoffen? Hinunter zu den Toten wird es fahren und wird mit mir in dem Staub liegen.
Kapitel 18. Da antwortete Bildad von Suah und sprach: Wann wollt ihr der Reden ein Ende machen? Merkt doch; darnach wollen wir reden. Warum werden wir geachtet wie Vieh und sind so unrein vor euren Augen? Willst du vor Zorn bersten? Meinst du, dass um deinetwillen die Erde verlassen werde und der Fels von seinem Ort versetzt werde? Und doch wird das Licht der Gottlosen verloeschen, und der Funke seines Feuers wird nicht leuchten. Das Licht wird finster werden in seiner Huette, und seine Leuchte ueber ihm verloeschen. Seine kraeftigen Schritte werden in die Enge kommen, und sein Anschlag wird ihn faellen. Denn er ist mit seinen Fuessen in den Strick gebracht und wandelt im Netz. Der Strick wird seine Ferse halten, und die Schlinge wird ihn erhaschen. Sein Strick ist gelegt in die Erde, und seine Falle auf seinem Gang. Um und um wird ihn schrecken ploetzliche Furcht, dass er nicht weiss, wo er hinaus soll. Hunger wird seine Habe sein, und Unglueck wird ihm bereit sein und anhangen. Die Glieder seines Leibes werden verzehrt werden; seine Glieder wird verzehren der Erstgeborene des Todes. Seine Hoffnung wird aus seiner Huette ausgerottet werden, und es wird ihn treiben zum Koenig des Schreckens. In seiner Huette wird nichts bleiben; ueber seine Staette wird Schwefel gestreut werden. Von unten werden verdorren seine Wurzeln, und von oben abgeschnitten seine Zweige. Sein Gedaechtnis wird vergehen in dem Lande, und er wird keinen Namen haben auf der Gasse. Er wird vom Licht in die Finsternis vertrieben und vom Erdboden verstossen werden. Er wird keine Kinder haben und keine Enkel unter seinem Volk; es wird ihm keiner uebrigbleiben in seinen Guetern. Die nach ihm kommen, werden sich ueber seinen Tag entsetzen; und die vor ihm sind, wird eine Furcht ankommen. Das ist die Wohnung des Ungerechten; und dies ist die Staette des, der Gott nicht achtet.
Kapitel 19. Hiob antwortete und sprach: Wie lange plagt ihr doch meine Seele und peinigt mich mit Worten? Ihr habt mich nun zehnmal gehoehnt und schaemt euch nicht, dass ihr mich also umtreibt. Irre ich, so irre ich mir. Wollt ihr wahrlich euch ueber mich erheben und wollt meine Schmach mir beweisen, so merkt doch nun einmal, dass mir Gott Unrecht tut und hat mich mit seinem Jagdstrick umgeben. Siehe, ob ich schon schreie ueber Frevel, so werde ich doch nicht erhoert; ich rufe, und ist kein Recht da. Er hat meinen Weg verzaeunt, dass ich nicht kann hinuebergehen, und hat Finsternis auf meinen Steig gestellt. Er hat meine Ehre mir ausgezogen und die Krone von meinem Haupt genommen. Er hat mich zerbrochen um und um und laesst mich gehen und hat ausgerissen meine Hoffnung wie einen Baum. Sein Zorn ist ueber mich ergrimmt, und er achtet mich fuer seinen Feind. Seine Kriegsscharen sind miteinander gekommen und haben ihren Weg gegen mich gebahnt und haben sich um meine Huette her gelagert. Er hat meine Brueder fern von mir getan, und meine Verwandten sind mir fremd geworden. Meine Naechsten haben sich entzogen, und meine Freunde haben mein vergessen. Meine Hausgenossen und meine Maegde achten mich fuer fremd; ich bin unbekannt geworden vor ihren Augen. Ich rief meinen Knecht, und er antwortete mir nicht; ich musste ihn anflehen mit eigenem Munde. Mein Odem ist zuwider meinem Weibe, und ich bin ein Ekel den Kindern meines Leibes. Auch die jungen Kinder geben nichts auf mich; wenn ich ihnen widerstehe, so geben sie mir boese Worte. Alle meine Getreuen haben einen Greuel an mir; und die ich liebhatte, haben sich auch gegen mich gekehrt. Mein Gebein hanget an mir an Haut und Fleisch, und ich kann meine Zaehne mit der Haut nicht bedecken. Erbarmt euch mein, erbarmt euch mein, ihr meine Freunde! denn die Hand Gottes hat mich getroffen. Warum verfolgt ihr mich gleich wie Gott und koennt meines Fleisches nicht satt werden? Ach dass meine Reden geschrieben wuerden! ach dass sie in ein Buch gestellt wuerden! mit einem eisernen Griffel auf Blei und zum ewigem Gedaechtnis in Stein gehauen wuerden! Aber ich weiss, dass mein Erloeser lebt; und als der letzte wird er ueber dem Staube sich erheben. Und nachdem diese meine Haut zerschlagen ist, werde ich ohne mein Fleisch Gott sehen. Denselben werde ich mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen, und kein Fremder. Darnach sehnen sich meine Nieren in meinem Schoss. Wenn ihr sprecht: Wie wollen wir ihn verfolgen und eine Sache gegen ihn finden! so fuerchtet euch vor dem Schwert; denn das Schwert ist der Zorn ueber die Missetaten, auf dass ihr wisst, dass ein Gericht sei.
Kapitel 20. Da antwortete Zophar von Naema und sprach: Darauf muss ich antworten und kann nicht harren. Denn ich muss hoeren, wie man mich straft und tadelt; aber der Geist meines Verstandes soll fuer mich antworten. Weisst du nicht, dass es allezeit so gegangen ist, seitdem Menschen auf Erden gewesen sind: dass der Ruhm der Gottlosen steht nicht lange und die Freude des Heuchlers waehrt einen Augenblick? Wenngleich seine Hoehe in den Himmel reicht und sein Haupt an die Wolken ruehrt, so wird er doch zuletzt umkommen wie Kot, dass die, welche ihn gesehen haben, werden sagen: Wo ist er? Wie ein Traum vergeht, so wird er auch nicht zu finden sein, und wie ein Gesicht in der Nacht verschwindet. Welch Auge ihn gesehen hat, wird ihn nicht mehr sehen; und seine Staette wird ihn nicht mehr schauen. Seine Kinder werden betteln gehen, und seine Haende muessen seine Habe wieder hergeben. Seine Gebeine werden seine heimlichen Suenden wohl bezahlen, und sie werden sich mit ihm in die Erde legen. Wenn ihm die Bosheit in seinem Munde wohl schmeckt, dass er sie birgt unter seiner Zunge, dass er sie hegt und nicht loslaesst und sie zurueckhaelt in seinem Gaumen, so wird seine Speise inwendig im Leibe sich verwandeln in Otterngalle. Die Gueter, die er verschlungen hat, muss er wieder ausspeien, und Gott wird sie aus seinem Bauch stossen. Er wird der Ottern Gift saugen, und die Zunge der Schlange wird ihn toeten. Er wird nicht sehen die Stroeme noch die Wasserbaeche, die mit Honig und Butter fliessen. Er wird arbeiten, und des nicht geniessen; und seine Gueter werden andern, dass er deren nicht froh wird. Denn er hat unterdrueckt und verlassen den Armen; er hat Haeuser an sich gerissen, die er nicht erbaut hat. Denn sein Wanst konnte nicht voll werden; so wird er mit seinem koestlichen Gut nicht entrinnen. Nichts blieb uebrig vor seinem Fressen; darum wird sein gutes Leben keinen Bestand haben. Wenn er gleich die Fuelle und genug hat, wird ihm doch angst werden; aller Hand Muehsal wird ueber ihn kommen. Es wird ihm der Wanst einmal voll werden, wenn er wird den Grimm seines Zorns ueber ihn senden und ueber ihn wird regnen lassen seine Speise. Er wird fliehen vor dem eisernen Harnisch, und der eherne Bogen wird ihn verjagen. Ein blosses Schwert wird durch ihn ausgehen; und des Schwertes Blitz, der ihm bitter sein wird, wird mit Schrecken ueber ihn fahren. Es ist keine Finsternis da, die ihn verdecken moechte. Es wird ihn ein Feuer verzehren, das nicht angeblasen ist; und wer uebrig ist in seiner Huette, dem wird's uebel gehen. Der Himmel wird seine Missetat eroeffnen, und die Erde wird sich gegen ihn setzen. Das Getreide in seinem Hause wird weggefuehrt werden, zerstreut am Tage seines Zorns. Das ist der Lohn eines gottlosen Menschen bei Gott und das Erbe, das ihm zugesprochen wird von Gott.
Kapitel 21. Hiob antwortete und sprach: Hoert doch meiner Rede zu und lasst mir das anstatt eurer Troestungen sein! Vertragt mich, dass ich auch rede, und spottet darnach mein! Handle ich denn mit einem Menschen? oder warum sollte ich ungeduldig sein? Kehrt euch her zu mir; ihr werdet erstarren und die Hand auf den Mund legen muessen. Wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern kommt mein Fleisch an. Warum leben denn die Gottlosen, werden alt und nehmen zu an Guetern? Ihr Same ist sicher um sie her, und ihre Nachkoemmlinge sind bei ihnen. Ihr Haus hat Frieden vor der Furcht, und Gottes Rute ist nicht ueber ihnen. Seinen Stier laesst man zu, und es missraet ihm nicht; seine Kuh kalbt und ist nicht unfruchtbar. Ihre jungen Kinder lassen sie ausgehen wie eine Herde, und ihre Knaben huepfen. Sie jauchzen mit Pauken und Harfen und sind froehlich mit Floeten. Sie werden alt bei guten Tagen und erschrecken kaum einen Augenblick vor dem Tode, die doch sagen zu Gott: "Hebe dich von uns, wir wollen von deinen Wegen nicht wissen! Wer ist der Allmaechtige, dass wir ihm dienen sollten? oder was sind wir gebessert, so wir ihn anrufen?" "Aber siehe, ihr Glueck steht nicht in ihren Haenden; darum soll der Gottlosen Sinn ferne von mir sein." Wie oft geschieht's denn, dass die Leuchte der Gottlosen verlischt und ihr Unglueck ueber sie kommt? dass er Herzeleid ueber sie austeilt in seinem Zorn? dass sie werden wie Stoppeln vor dem Winde und wie Spreu, die der Sturmwind wegfuehrt? "Gott spart desselben Unglueck auf seine Kinder". Er vergelte es ihm selbst, dass er's innewerde. Seine Augen moegen sein Verderben sehen, und vom Grimm des Allmaechtigen moege er trinken. Denn was ist ihm gelegen an seinem Hause nach ihm, wenn die Zahl seiner Monden ihm zugeteilt ist? Wer will Gott lehren, der auch die Hohen richtet? Dieser stirbt frisch und gesund in allem Reichtum und voller Genuege, sein Melkfass ist voll Milch, und seine Gebeine werden gemaestet mit Mark; jener aber stirbt mit betruebter Seele und hat nie mit Freuden gegessen; und liegen gleich miteinander in der Erde, und Wuermer decken sie zu. Siehe, ich kenne eure Gedanken wohl und euer frevles Vornehmen gegen mich. Denn ihr sprecht: "Wo ist das Haus des Fuersten? und wo ist die Huette, da die Gottlosen wohnten?" Habt ihr denn die Wanderer nicht befragt und nicht gemerkt ihre Zeugnisse? Denn der Boese wird erhalten am Tage des Verderbens, und am Tage des Grimms bleibt er. Wer will ihm ins Angesicht sagen, was er verdient? wer will ihm vergelten, was er tut? Und er wird zu Grabe geleitet und haelt Wache auf seinem Huegel. Suess sind ihm die Schollen des Tales, und alle Menschen ziehen ihm nach; und derer, die ihm vorangegangen sind, ist keine Zahl. Wie troestet ihr mich so vergeblich, und eure Antworten finden sich unrecht!
Kapitel 22. Da antwortete Eliphas von Theman und sprach: Kann denn ein Mann Gottes etwas nuetzen? Nur sich selber nuetzt ein Kluger. Meinst du, dem Allmaechtigen liege daran, dass du gerecht seist? Was hilft's ihm, wenn deine Wege ohne Tadel sind? Meinst du wegen deiner Gottesfurcht strafe er dich und gehe mit dir ins Gericht? Nein, deine Bosheit ist zu gross, und deiner Missetaten ist kein Ende. Du hast etwa deinem Bruder ein Pfand genommen ohne Ursache; du hast den Nackten die Kleider ausgezogen; du hast die Mueden nicht getraenkt mit Wasser und hast dem Hungrigen dein Brot versagt; du hast Gewalt im Lande geuebt und praechtig darin gegessen; die Witwen hast du leer lassen gehen und die Arme der Waisen zerbrochen. Darum bist du mit Stricken umgeben, und Furcht hat dich ploetzlich erschreckt. Solltest du denn nicht die Finsternis sehen und die Wasserflut, die dich bedeckt? Ist nicht Gott hoch droben im Himmel? Siehe, die Sterne an droben in der Hoehe! Und du sprichst: "Was weiss Gott? Sollte er, was im Dunkeln ist, richten koennen? Die Wolken sind die Vordecke, und er sieht nicht; er wandelt im Umkreis des Himmels." Achtest du wohl auf den Weg, darin vorzeiten die Ungerechten gegangen sind? die vergangen sind, ehe denn es Zeit war, und das Wasser hat ihren Grund weggewaschen; die zu Gott sprachen: "Hebe dich von uns! was sollte der Allmaechtige uns tun koennen?" so er doch ihr Haus mit Guetern fuellte. Aber der Gottlosen Rat sei ferne von mir. Die Gerechten werden es sehen und sich freuen, und der Unschuldige wird ihrer spotten: "Fuerwahr, unser Widersacher ist verschwunden; und sein Uebriggelassenes hat das Feuer verzehrt." So vertrage dich nun mit ihm und habe Frieden; daraus wird dir viel Gutes kommen. Hoere das Gesetz von seinem Munde und fasse seine Reden in dein Herz. Wirst du dich bekehren zu dem Allmaechtigen, so wirst du aufgebaut werden. Tue nur Unrecht ferne hinweg von deiner Huette und wirf in den Staub dein Gold und zu den Steinen der Baeche das Ophirgold, so wird der Allmaechtige dein Gold sein und wie Silber, das dir zugehaeuft wird. Dann wirst du Lust haben an dem Allmaechtigen und dein Antlitz zu Gott aufheben. So wirst du ihn bitten, und er wird dich hoeren, und wirst dein Geluebde bezahlen. Was du wirst vornehmen, wird er dir lassen gelingen; und das Licht wird auf deinem Wege scheinen. Denn die sich demuetigen, die erhoeht er; und wer seine Augen niederschlaegt, der wird genesen. Auch der nicht unschuldig war wird errettet werden; er wird aber errettet um deiner Haende Reinigkeit willen.
Kapitel 23. Hiob antwortete und sprach: Meine Rede bleibt noch betruebt; meine Macht ist schwach ueber meinem Seufzen. Ach dass ich wuesste, wie ich ihn finden und zu seinem Stuhl kommen moechte und das Recht vor ihm sollte vorlegen und den Mund voll Verantwortung fassen und erfahren die Reden, die er mir antworten, und vernehmen, was er mir sagen wuerde! Will er mit grosser Macht mit mir rechten? Er stelle sich nicht so gegen mich, sondern lege mir's gleich vor, so will ich mein Recht wohl gewinnen. Aber ich gehe nun stracks vor mich, so ist er nicht da; gehe ich zurueck, so spuere ich ihn nicht; ist er zur Linken, so schaue ich ihn nicht; verbirgt er sich zur Rechten, so sehe ich ihn nicht. Er aber kennt meinen Weg wohl. Er versuche mich, so will ich erfunden werden wie das Gold. Denn ich setze meinen Fuss auf seine Bahn und halte seinen Weg und weiche nicht ab und trete nicht von dem Gebot seiner Lippen und bewahre die Rede seines Mundes mehr denn mein eigen Gesetz. Doch er ist einig; wer will ihm wehren? Und er macht's wie er will. Denn er wird vollfuehren, was mir bestimmt ist, und hat noch viel dergleichen im Sinne. Darum erschrecke ich vor ihm; und wenn ich's bedenke, so fuerchte ich mich vor ihm. Gott hat mein Herz bloede gemacht, und der Allmaechtige hat mich erschreckt. Denn die Finsternis macht kein Ende mit mir, und das Dunkel will vor mir nicht verdeckt werden.
Kapitel 24. Warum sind von dem Allmaechtigen nicht Zeiten vorbehalten, und warum sehen, die ihn kennen, seine Tage nicht? Man verrueckt die Grenzen, raubt die Herde und weidet sie. Sie treiben der Waisen Esel weg und nehmen der Witwe Ochsen zum Pfande. Die Armen muessen ihnen weichen, und die Duerftigen im Lande muessen sich verkriechen. Siehe, wie Wildesel in der Wueste gehen sie hinaus an ihr Werk und suchen Nahrung; die Einoede gibt ihnen Speise fuer ihre Kinder. Sie ernten auf dem Acker, was er traegt, und lesen den Weinberg des Gottlosen. Sie liegen in der Nacht nackt ohne Gewand und haben keine Decke im Frost. Sie muessen sich zu den Felsen halten, wenn ein Platzregen von den Bergen auf sie giesst, weil sie sonst keine Zuflucht haben. Man reisst das Kind von den Bruesten und macht's zum Waisen und macht die Leute arm mit Pfaenden. Den Nackten lassen sie ohne Kleider gehen, und den Hungrigen nehmen sie die Garben. Sie zwingen sie, Oel zu machen auf ihrer Muehle und ihre Kelter zu treten, und lassen sie doch Durst leiden. Sie machen die Leute in der Stadt seufzend und die Seele der Erschlagenen schreiend, und Gott stuerzt sie nicht. Jene sind abtruennig geworden vom Licht und kennen seinen Weg nicht und kehren nicht wieder zu seiner Strasse. Wenn der Tag anbricht, steht auf der Moerder und erwuergt den Armen und Duerftigen; und des Nachts ist er wie ein Dieb. Das Auge des Ehebrechers hat acht auf das Dunkel, und er spricht: "Mich sieht kein Auge", und verdeckt sein Antlitz. Im Finstern bricht man in die Haeuser ein; des Tages verbergen sie sich miteinander und scheuen das Licht. Denn wie wenn der Morgen kaeme, ist ihnen allen die Finsternis; denn sie sind bekannt mit den Schrecken der Finsternis. "Er faehrt leicht wie auf einem Wasser dahin; seine Habe wird gering im Lande, und er baut seinen Weinberg nicht. Der Tod nimmt weg, die da suendigen, wie die Hitze und Duerre das Schneewasser verzehrt. Der Mutterschoss vergisst sein; die Wuermer haben ihre Lust an ihm. Sein wird nicht mehr gedacht; er wird zerbrochen wie ein fauler Baum, er, der beleidigt hat die Einsame, die nicht gebiert, und hat der Witwe kein Gutes getan." Aber Gott erhaelt die Maechtigen durch seine Kraft, dass sie wieder aufstehen, wenn sie am Leben verzweifelten. Er gibt ihnen, dass sie sicher seien und eine Stuetze haben; und seine Augen sind ueber ihren Wegen. Sie sind hoch erhoeht, und ueber ein kleines sind sie nicht mehr; sinken sie hin, so werden sie weggerafft wie alle andern, und wie das Haupt auf den Aehren werden sie abgeschnitten. Ist's nicht also? Wohlan, wer will mich Luegen strafen und bewaehren, dass meine Rede nichts sei?
Kapitel 25. Da antwortete Bildad von Suah und sprach: Ist nicht Herrschaft und Schrecken bei ihm, der Frieden macht unter seinen Hoechsten? Wer will seine Kriegsscharen zaehlen? und ueber wen geht nicht auf sein Licht? Und wie kann ein Mensch gerecht vor Gott sein? und wie kann rein sein eines Weibes Kind? Siehe, auch der Mond scheint nicht helle, und die Sterne sind nicht rein vor seinen Augen: wie viel weniger ein Mensch, die Made, und ein Menschenkind, der Wurm!
Kapitel 26. Hiob antwortete und sprach: Wie stehest du dem bei, der keine Kraft hat, hilfst dem, der keine Staerke in den Armen hat! Wie gibst du Rat dem, der keine Weisheit hat, und tust kund Verstandes die Fuelle! Zu wem redest du? und wes Odem geht von dir aus? Die Toten aengsten sich tief unter den Wassern und denen, die darin wohnen. Das Grab ist aufgedeckt vor ihm, und der Abgrund hat keine Decke. Er breitet aus die Mitternacht ueber das Leere und haengt die Erde an nichts. Er fasst das Wasser zusammen in seine Wolken, und die Wolken zerreissen darunter nicht. Er verhuellt seinen Stuhl und breitet seine Wolken davor. Er hat um das Wasser ein Ziel gesetzt, bis wo Licht und Finsternis sich scheiden. Die Saeulen des Himmels zittern und entsetzen sich vor seinem Schelten. Von seiner Kraft wird das Meer ploetzlich ungestuem, und durch seinen Verstand zerschmettert er Rahab. Am Himmel wird's schoen durch seinen Wind, und seine Hand durchbohrt die fluechtige Schlange. Siehe, also geht sein Tun, und nur ein geringes Woertlein davon haben wir vernommen. Wer will aber den Donner seiner Macht verstehen?
Kapitel 27. Und Hiob fuhr fort und hob an seine Sprueche und sprach: So wahr Gott lebt, der mir mein Recht weigert, und der Allmaechtige, der meine Seele betruebt; solange mein Odem in mir ist und der Hauch von Gott in meiner Nase ist: meine Lippen sollen nichts Unrechtes reden, und meine Zunge soll keinen Betrug sagen. Das sei ferne von mir, dass ich euch recht gebe; bis dass mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Unschuld. Von meiner Gerechtigkeit, die ich habe, will ich nicht lassen; mein Gewissen beisst mich nicht meines ganzen Lebens halben. Aber mein Feind muesse erfunden werden als ein Gottloser, und der sich wider mich auflehnt, als ein Ungerechter. Denn was ist die Hoffnung des Heuchlers, wenn Gott ein Ende mit ihm macht und seine Seele hinreisst? Meinst du das Gott sein Schreien hoeren wird, wenn die Angst ueber ihn kommt? Oder kann er an dem Allmaechtigen seine Lust haben und Gott allezeit anrufen? Ich will euch lehren von der Hand Gottes; und was bei dem Allmaechtigen gilt, will ich nicht verhehlen. Siehe, ihr haltet euch alle fuer klug; warum bringt ihr denn solch unnuetze Dinge vor? Das ist der Lohn eines gottlosen Menschen bei Gott und das Erbe der Tyrannen, das sie von dem Allmaechtigen nehmen werden: wird er viele Kinder haben, so werden sie des Schwertes sein; und seine Nachkoemmlinge werden des Brots nicht satt haben. Die ihm uebrigblieben, wird die Seuche ins Grab bringen; und seine Witwen werden nicht weinen. Wenn er Geld zusammenbringt wie Staub und sammelt Kleider wie Lehm, so wird er es wohl bereiten; aber der Gerechte wird es anziehen, und der Unschuldige wird das Geld austeilen. Er baut sein Haus wie eine Spinne, und wie ein Waechter seine Huette macht. Der Reiche, wenn er sich legt, wird er's nicht mitraffen; er wird seine Augen auftun, und da wird nichts sein. Es wird ihn Schrecken ueberfallen wie Wasser; des Nachts wird ihn das Ungewitter wegnehmen. Der Ostwind wird ihn wegfuehren, dass er dahinfaehrt; und Ungestuem wird ihn von seinem Ort treiben. Er wird solches ueber ihn fuehren und wird sein nicht schonen; vor seiner Hand muss er fliehen und wieder fliehen. Man wird ueber ihn mit den Haenden klatschen und ueber ihn zischen, wo er gewesen ist.
Kapitel 28. Es hat das Silber seine Gaenge, und das Gold, das man laeutert seinen Ort. Eisen bringt man aus der Erde, und aus den Steinen schmelzt man Erz. Man macht der Finsternis ein Ende und findet zuletzt das Gestein tief verborgen. Man bricht einen Schacht von da aus, wo man wohnt; darin hangen und schweben sie als die Vergessenen, da kein Fuss hin tritt, fern von den Menschen. Man zerwuehlt unten die Erde wie mit Feuer, darauf doch oben die Speise waechst. Man findet Saphir an etlichen Orten, und Erdenkloesse, da Gold ist. Den Steig kein Adler erkannt hat und kein Geiersauge gesehen; es hat das stolze Wild nicht darauf getreten und ist kein Loewe darauf gegangen. Auch legt man die Hand an die Felsen und graebt die Berge um. Man reisst Baeche aus den Felsen; und alles, was koestlich ist, sieht das Auge. Man wehrt dem Strome des Wassers und bringt, das darinnen verborgen ist, ans Licht. Wo will man aber die Weisheit finden? und wo ist die Staette des Verstandes? Niemand weiss, wo sie liegt, und sie wird nicht gefunden im Lande der Lebendigen. Die Tiefe spricht: "Sie ist in mir nicht"; und das Meer spricht: "Sie ist nicht bei mir". Man kann nicht Gold um sie geben noch Silber darwaegen, sie zu bezahlen. Es gilt ihr nicht gleich ophirisch Gold oder koestlicher Onyx und Saphir. Gold und Glas kann man ihr nicht vergleichen noch um sie golden Kleinod wechseln. Korallen und Kristall achtet man gegen sie nicht. Die Weisheit ist hoeher zu waegen denn Perlen. Topaz aus dem Mohrenland wird ihr nicht gleich geschaetzt, und das reinste Gold gilt ihr nicht gleich. Woher kommt denn die Weisheit? und wo ist die Staette des Verstandes? Sie ist verhohlen vor den Augen aller Lebendigen, auch den Voegeln unter dem Himmel. Der Abgrund und der Tod sprechen: "Wir haben mit unsern Ohren ihr Geruecht gehoert." Gott weiss den Weg dazu und kennt ihre Staette. Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist. Da er dem Winde sein Gewicht machte und setzte dem Wasser sein gewisses Mass; da er dem Regen ein Ziel machte und dem Blitz und Donner den Weg: da sah er sie und verkuendigte sie, bereitete sie und ergruendete sie und sprach zu den Menschen: Siehe, die Furcht des HERRN, das ist Weisheit; und meiden das Boese, das ist Verstand.
Kapitel 29. Und Hiob hob abermals an seine Sprueche und sprach: O dass ich waere wie in den vorigen Monden, in den Tagen, da mich Gott behuetete; da seine Leuchte ueber meinem Haupt schien und ich bei seinem Licht in der Finsternis ging; wie war ich in der Reife meines Lebens, da Gottes Geheimnis ueber meiner Huette war; da der Allmaechtige noch mit mir war und meine Kinder um mich her; da ich meine Tritte wusch in Butter und die Felsen mir Oelbaeche gossen; da ich ausging zum Tor in der Stadt und mir liess meinen Stuhl auf der Gasse bereiten; da mich die Jungen sahen und sich versteckten, und die Alten vor mir aufstanden; da die Obersten aufhoerten zu reden und legten ihre Hand auf ihren Mund; da die Stimme der Fuersten sich verkroch und ihre Zunge am Gaumen klebte! Denn wessen Ohr mich hoerte, der pries mich selig; und wessen Auge mich sah, der ruehmte mich. Denn ich errettete den Armen, der da schrie, und den Waisen, der keinen Helfer hatte. Der Segen des, der verderben sollte, kam ueber mich; und ich erfreute das Herz der Witwe. Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog wie einen Rock; und mein Recht war mein fuerstlicher Hut. Ich war des Blinden Auge und des Lahmen Fuss. Ich war ein Vater der Armen; und die Sache des, den ich nicht kannte, die erforschte ich. Ich zerbrach die Backenzaehne des Ungerechten und riss den Raub aus seinen Zaehnen. Ich gedachte: "Ich will in meinem Nest ersterben und meiner Tage viel machen wie Sand." Meine Wurzel war aufgetan dem Wasser, und der Tau blieb ueber meinen Zweigen. Meine Herrlichkeit erneute sich immer an mir, und mein Bogen ward immer staerker in meiner Hand. Sie hoerten mir zu und schwiegen und warteten auf meinen Rat. Nach meinen Worten redete niemand mehr, und meine Rede troff auf sie. Sie warteten auf mich wie auf den Regen und sperrten ihren Mund auf als nach dem Spaetregen. Wenn ich mit ihnen lachte, wurden sie nicht zu kuehn darauf; und das Licht meines Angesichts machte mich nicht geringer. Wenn ich zu ihrem Geschaeft wollte kommen, so musste ich obenan sitzen und wohnte wie ein Koenig unter Kriegsknechten, da ich troestete, die Leid trugen.
Kapitel 30. Nun aber lachen sie mein, die juenger sind denn ich, deren Vaeter ich verachtet haette, sie zu stellen unter meine Schafhunde; deren Vermoegen ich fuer nichts hielt; die nicht zum Alter kommen konnten; die vor Hunger und Kummer einsam flohen in die Einoede, neulich verdarben und elend wurden; die da Nesseln ausraufen um die Buesche, und Ginsterwurzel ist ihre Speise; aus der Menschen Mitte werden sie weggetrieben, man schreit ueber sie wie ueber einen Dieb; in grausigen Taelern wohnen sie, in den Loechern der Erde und Steinritzen; zwischen den Bueschen rufen sie, und unter den Disteln sammeln sie sich: die Kinder gottloser und verachteter Leute, die man aus dem Lande weggetrieben. Nun bin ich ihr Spottlied geworden und muss ihr Maerlein sein. Sie haben einen Greuel an mir und machen sich ferne von mir und scheuen sich nicht, vor meinem Angesicht zu speien. Sie haben ihr Seil geloest und mich zunichte gemacht und ihren Zaum vor mir abgetan. Zur Rechten haben sich Buben wider mich gesetzt und haben meinen Fuss ausgestossen und haben wider mich einen Weg gemacht, mich zu verderben. Sie haben meine Steige zerbrochen; es war ihnen so leicht, mich zu beschaedigen, dass sie keiner Hilfe dazu bedurften. Sie sind gekommen wie zu einer weiten Luecke der Mauer herein und sind ohne Ordnung dahergefallen. Schrecken hat sich gegen mich gekehrt und hat verfolgt wie der Wind meine Herrlichkeit; und wie eine Wolke zog vorueber mein glueckseliger Stand. Nun aber giesst sich aus meine Seele ueber mich, und mich hat ergriffen die elende Zeit. Des Nachts wird mein Gebein durchbohrt allenthalben; und die mich nagen, legen sich nicht schlafen. Mit grosser Gewalt werde ich anders und anders gekleidet, und ich werde damit umguertet wie mit einem Rock. Man hat mich in den Kot getreten und gleich geachtet dem Staub und der Asche. Schreie ich zu dir, so antwortest du mir nicht; trete ich hervor, so achtest du nicht auf mich. Du hast mich verwandelt in einen Grausamen und zeigst an mit der Staerke deiner Hand, dass du mir gram bist. Du hebst mich auf und laessest mich auf dem Winde fahren und zerschmelzest mich kraeftig. Denn ich weiss du wirst mich dem Tod ueberantworten; da ist das bestimmte Haus aller Lebendigen. Aber wird einer nicht die Hand ausstrecken unter Truemmern und nicht schreien vor seinem Verderben? Ich weinte ja ueber den, der harte Zeit hatte; und meine Seele jammerte der Armen. Ich wartete des Guten, und es kommt das Boese; ich hoffte aufs Licht, und es kommt Finsternis. Meine Eingeweide sieden und hoeren nicht auf; mich hat ueberfallen die elende Zeit. Ich gehe schwarz einher, und brennt mich doch die Sonne nicht; ich stehe auf in der Gemeinde und schreie. Ich bin ein Bruder der Schakale und ein Geselle der Strausse. Meine Haut ueber mir ist schwarz geworden, und meine Gebeine sind verdorrt vor Hitze. Meine Harfe ist eine Klage geworden und meine Floete ein Weinen.
Kapitel 31. Ich habe einen Bund gemacht mit meinen Augen, dass ich nicht achtete auf eine Jungfrau. Was gaebe mir Gott sonst als Teil von oben und was fuer ein Erbe der Allmaechtige in der Hoehe? Wird nicht der Ungerechte Unglueck haben und ein Uebeltaeter verstossen werden? Sieht er nicht meine Wege und zaehlt alle meine Gaenge? Habe ich gewandelt in Eitelkeit, oder hat mein Fuss geeilt zum Betrug? So waege man mich auf der rechten Waage, so wird Gott erfahren meine Unschuld. Ist mein Gang gewichen aus dem Wege und mein Herz meinen Augen nachgefolgt und klebt ein Flecken an meinen Haenden, so muesse ich saeen, und ein andrer esse es; und mein Geschlecht muesse ausgewurzelt werden. Hat sich mein Herz lassen reizen zum Weibe und habe ich an meines Naechsten Tuer gelauert, so muesse mein Weib von einem andern geschaendet werden, und andere muessen bei ihr liegen; denn das ist ein Frevel und eine Missetat fuer die Richter. Denn das waere ein Feuer, das bis in den Abgrund verzehrte und all mein Einkommen auswurzelte. Hab ich verachtet das Recht meines Knechtes oder meiner Magd, wenn sie eine Sache wider mich hatten? Was wollte ich tun, wenn Gott sich aufmachte, und was wuerde ich antworten, wenn er heimsuchte? Hat ihn nicht auch der gemacht, der mich in Mutterleibe machte, und hat ihn im Schosse ebensowohl bereitet? Habe ich den Duerftigen ihr Begehren versagt und die Augen der Witwe lassen verschmachten? Hab ich meinen Bissen allein gegessen, und hat nicht der Waise auch davon gegessen? Denn ich habe mich von Jugend auf gehalten wie ein Vater, und von meiner Mutter Leib an habe ich gerne getroestet. Hab ich jemand sehen umkommen, dass er kein Kleid hatte, und den Armen ohne Decke gehen lassen? Haben mich nicht gesegnet seine Lenden, da er von den Fellen meiner Laemmer erwaermt ward? Hab ich meine Hand an den Waisen gelegt, weil ich sah, dass ich im Tor Helfer hatte? So falle meine Schulter von der Achsel, und mein Arm breche von der Roehre. Denn ich fuerchte Gottes Strafe ueber mich und koennte seine Last nicht ertragen. Hab ich das Gold zu meiner Zuversicht gemacht und zu dem Goldklumpen gesagt: "Mein Trost"? Hab ich mich gefreut, dass ich grosses Gut hatte und meine Hand allerlei erworben hatte? Hab ich das Licht angesehen, wenn es hell leuchtete, und den Mond, wenn er voll ging, dass ich mein Herz heimlich beredet haette, ihnen Kuesse zuzuwerfen mit meiner Hand? was auch eine Missetat ist vor den Richtern; denn damit haette ich verleugnet Gott in der Hoehe. Hab ich mich gefreut, wenn's meinem Feind uebel ging, und habe mich ueberhoben, darum dass ihn Unglueck betreten hatte? Denn ich liess meinen Mund nicht suendigen, dass ich verwuenschte mit einem Fluch seine Seele. Haben nicht die Maenner in meiner Huette muessen sagen: "Wo ist einer, der von seinem Fleisch nicht waere gesaettigt worden?" Draussen musste der Gast nicht bleiben, sondern meine Tuer tat ich dem Wanderer auf. Hab ich meine Uebertretungen nach Menschenweise zugedeckt, dass ich heimlich meine Missetat verbarg? Habe ich mir grauen lassen vor der grossen Menge, und hat die Verachtung der Freundschaften mich abgeschreckt, dass ich stille blieb und nicht zur Tuer ausging? O haette ich einen, der mich anhoert! Siehe, meine Unterschrift, der Allmaechtige antworte mir!, und siehe die Schrift, die mein Verklaeger geschrieben! Wahrlich, dann wollte ich sie auf meine Achsel nehmen und mir wie eine Krone umbinden; ich wollte alle meine Schritte ihm ansagen und wie ein Fuerst zu ihm nahen. Wird mein Land gegen mich schreien und werden miteinander seine Furchen weinen; hab ich seine Fruechte unbezahlt gegessen und das Leben der Ackerleute sauer gemacht: so moegen mir Disteln wachsen fuer Weizen und Dornen fuer Gerste. Die Worte Hiobs haben ein Ende.
Kapitel 32. Da hoerten die drei Maenner auf, Hiob zu antworten, weil er sich fuer gerecht hielt. Aber Elihu, der Sohn Baracheels von Bus, des Geschlechts Rams, ward zornig ueber Hiob, dass er seine Seele gerechter hielt denn Gott. Auch ward er zornig ueber seine drei Freunde, dass sie keine Antwort fanden und doch Hiob verdammten. Denn Elihu hatte geharrt, bis dass sie mit Hiob geredet hatten, weil sie aelter waren als er. Darum, da er sah, dass keine Antwort war im Munde der drei Maenner, ward er zornig. Und so antwortete Elihu, der Sohn Baracheels von Bus, und sprach: Ich bin jung, ihr aber seid alt; darum habe ich mich gescheut und gefuerchtet, mein Wissen euch kundzutun. Ich dachte: Lass das Alter reden, und die Menge der Jahre lass Weisheit beweisen. Aber der Geist ist in den Leuten und der Odem des Allmaechtigen, der sie verstaendig macht. Die Grossen sind nicht immer die Weisesten, und die Alten verstehen nicht das Recht. Darum will ich auch reden; hoere mir zu. Ich will mein Wissen auch kundtun. Siehe, ich habe geharrt auf das, was ihr geredet habt; ich habe aufgemerkt auf eure Einsicht, bis ihr traefet die rechte Rede, und ich habe achtgehabt auf euch. Aber siehe, da ist keiner unter euch, der Hiob zurechtweise oder seiner Rede antworte. Sagt nur nicht: "Wir haben Weisheit getroffen; Gott muss ihn schlagen, kein Mensch." Gegen mich hat er seine Worte nicht gerichtet, und mit euren Reden will ich ihm nicht antworten. Ach! sie sind verzagt, koennen nicht mehr antworten; sie koennen nicht mehr reden. Weil ich denn geharrt habe, und sie konnten nicht reden (denn sie stehen still und antworten nicht mehr), will ich auch mein Teil antworten und will mein Wissen kundtun. Denn ich bin der Reden so voll, dass mich der Odem in meinem Innern aengstet. Siehe, mein Inneres ist wie der Most, der zugestopft ist, der die neuen Schlaeuche zerreisst. Ich muss reden, dass ich mir Luft mache; ich muss meine Lippen auftun und antworten. Ich will niemands Person ansehen und will keinem Menschen schmeicheln. Denn ich weiss nicht zu schmeicheln; leicht wuerde mich sonst mein Schoepfer dahinraffen.
Kapitel 33. Hoere doch, Hiob, meine Rede und merke auf alle meine Worte! Siehe, ich tue meinen Mund auf, und meine Zunge redet in meinem Munde. Mein Herz soll recht reden, und meine Lippen sollen den reinen Verstand sagen. Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmaechtigen hat mir das Leben gegeben. Kannst du, so antworte mir; rueste dich gegen mich und stelle dich. Siehe, ich bin Gottes ebensowohl als du, und aus Lehm bin ich auch gemacht. Siehe, du darfst vor mir nicht erschrecken, und meine Hand soll dir nicht zu schwer sein. Du hast geredet vor meinen Ohren; die Stimme deiner Reden musste ich hoeren: "Ich bin rein, ohne Missetat, unschuldig und habe keine Suende; siehe, er hat eine Sache gegen mich gefunden, er achtet mich fuer einen Feind; er hat meinen Fuss in den Stock gelegt und hat acht auf alle meine Wege." Siehe, darin hast du nicht recht, muss ich dir antworten; denn Gott ist mehr als ein Mensch. Warum willst du mit ihm zanken, dass er dir nicht Rechenschaft gibt alles seines Tuns? Denn in einer Weise redet Gott und wieder in einer anderen, nur achtet man's nicht. Im Traum, im Nachtgesicht, wenn der Schlaf auf die Leute faellt, wenn sie schlafen auf dem Bette, da oeffnet er das Ohr der Leute und schreckt sie und zuechtigt sie, dass er den Menschen von seinem Vornehmen wende und behuete ihn vor Hoffart und verschone seine Seele vor dem Verderben und sein Leben, dass es nicht ins Schwert falle. Auch straft er ihn mit Schmerzen auf seinem Bette und alle seinen Gebeine heftig und richtet ihm sein Leben so zu, dass ihm vor seiner Speise ekelt, und seine Seele, dass sie nicht Lust zu essen hat. Sein Fleisch verschwindet, dass man's nimmer sehen kann; und seine Gebeine werden zerschlagen, dass man sie nicht gerne ansieht, dass seine Seele naht zum Verderben und sein Leben zu den Toten. So dann fuer ihn ein Engel als Mittler eintritt, einer aus tausend, zu verkuendigen dem Menschen, wie er solle recht tun, so wird er ihm gnaedig sein und sagen: "Erloese ihn, dass er nicht hinunterfahre ins Verderben; denn ich habe eine Versoehnung gefunden." Sein Fleisch wird wieder gruenen wie in der Jugend, und er wird wieder jung werden. Er wird Gott bitten; der wird ihm Gnade erzeigen und wird ihn sein Antlitz sehen lassen mit Freuden und wird dem Menschen nach seiner Gerechtigkeit vergelten. Er wird vor den Leuten bekennen und sagen: "Ich hatte gesuendigt und das Recht verkehrt; aber es ist mir nicht vergolten worden. Er hat meine Seele erloest, dass sie nicht fuehre ins Verderben, sondern mein Leben das Licht saehe." Siehe, das alles tut Gott zwei-oder dreimal mit einem jeglichen, dass er seine Seele zurueckhole aus dem Verderben und erleuchte ihn mit dem Licht der Lebendigen. Merke auf, Hiob, und hoere mir zu und schweige, dass ich rede! Hast du aber was zu sagen, so antworte mir; Sage an! ich wollte dich gerne rechtfertigen. Hast du aber nichts, so hoere mir zu und schweige; ich will dich die Weisheit lehren.
Kapitel 34. Und es hob an Elihu und sprach: Hoert, ihr Weisen, meine Rede, und ihr Verstaendigen, merkt auf mich! Denn das Ohr prueft die Rede, und der Mund schmeckt die Speise. Lasst uns ein Urteil finden, dass wir erkennen unter uns, was gut sei. Denn Hiob hat gesagt: "Ich bin gerecht, und Gott weigert mir mein Recht; ich muss luegen, ob ich wohl recht habe, und bin gequaelt von meinen Pfeilen, ob ich wohl nichts verschuldet habe." Wer ist ein solcher Hiob, der da Spoetterei trinkt wie Wasser und auf dem Wege geht mit den Uebeltaetern und wandelt mit gottlosen Leuten? Denn er hat gesagt: "Wenn jemand schon fromm ist, so gilt er doch nichts bei Gott." Darum hoert mir zu, ihr weisen Leute: Es sei ferne, dass Gott sollte gottlos handeln und der Allmaechtige ungerecht; sondern er vergilt dem Menschen, darnach er verdient hat, und trifft einen jeglichen nach seinem Tun. Ohne zweifel, Gott verdammt niemand mit Unrecht, und der Allmaechtige beugt das Recht nicht. Wer hat, was auf Erden ist, verordnet, und wer hat den ganzen Erdboden gesetzt? So er nun an sich daechte, seinen Geist und Odem an sich zoege, so wuerde alles Fleisch miteinander vergehen, und der Mensch wuerde wieder zu Staub werden. Hast du nun Verstand, so hoere das und merke auf die Stimme meiner Reden. Kann auch, der das Recht hasst regieren? Oder willst du den, der gerecht und maechtig ist, verdammen? Sollte einer zum Koenig sagen: "Du heilloser Mann!" und zu den Fuersten: "Ihr Gottlosen!"? Und er sieht nicht an die Person der Fuersten und kennt den Herrlichen nicht mehr als den Armen; denn sie sind alle seiner Haende Werk. Ploetzlich muessen die Leute sterben und zu Mitternacht erschrecken und vergehen; die Maechtigen werden weggenommen nicht durch Menschenhand. Denn seine Augen sehen auf eines jeglichen Wege, und er schaut alle ihre Gaenge. Es ist keine Finsternis noch Dunkel, dass sich da moechten verbergen die Uebeltaeter. Denn er darf auf den Menschen nicht erst lange achten, dass er vor Gott ins Gericht komme. Er bringt die Stolzen um, ohne erst zu forschen, und stellt andere an ihre Statt: darum dass er kennt ihre Werke und kehrt sie um des Nachts, dass sie zerschlagen werden. Er straft sie ab wie die Gottlosen an einem Ort, da man es sieht: darum dass sie von ihm weggewichen sind und verstanden seiner Wege keinen, dass das Schreien der Armen musste vor ihn kommen und er das Schreien der Elenden hoerte. Wenn er Frieden gibt, wer will verdammen? und wenn er das Antlitz verbirgt, wer will ihn schauen unter den Voelkern und Leuten allzumal? Denn er laesst nicht ueber sie regieren einen Heuchler, das Volk zu draengen. Denn zu Gott muss man sagen: "Ich habe gebuesst, ich will nicht uebel tun. Habe ich's nicht getroffen, so lehre du mich's besser; habe ich Unrecht gehandelt, ich will's nicht mehr tun." Soll er nach deinem Sinn vergelten? Denn du verwirfst alles; du hast zu waehlen, und nicht ich. Weisst du nun was, so sage an. Verstaendige Leute werden zu mir sagen und ein weiser Mann, der mir zuhoert: "Hiob redet mit Unverstand, und seine Worte sind nicht klug." O, dass Hiob versucht wuerde bis ans Ende! darum dass er sich zu ungerechten Leuten kehrt. Denn er hat ueber seine Suende noch gelaestert; er treibt Spott unter uns und macht seiner Reden viel wider Gott.
Kapitel 35. Und es hob an Elihu und sprach: Achtest du das fuer Recht, dass du sprichst: "Ich bin gerechter denn Gott"? Denn du sprichst: "Wer gilt bei dir etwas? Was hilft es, ob ich nicht suendige?" Ich will dir antworten ein Wort und deinen Freunden mit dir. Schaue gen Himmel und siehe; und schau an die Wolken, dass sie dir zu hoch sind. Suendigst du, was kannst du ihm Schaden? Und ob deiner Missetaten viel ist, was kannst du ihm tun? Und ob du gerecht seist, was kannst du ihm geben, oder was wird er von deinen Haenden nehmen? Einem Menschen, wie du bist, mag wohl etwas tun deine Bosheit, und einem Menschenkind deine Gerechtigkeit. Man schreit, dass viel Gewalt geschieht, und ruft ueber den Arm der Grossen; aber man fragt nicht: "Wo ist Gott, mein Schoepfer, der Lobgesaenge gibt in der Nacht, der uns klueger macht denn das Vieh auf Erden und weiser denn die Voegel unter dem Himmel?" Da schreien sie ueber den Hochmut der Boesen, und er wird sie nicht erhoeren. Denn Gott wird das Eitle nicht erhoeren, und der Allmaechtige wird es nicht ansehen. Nun sprichst du gar, du wirst ihn nicht sehen. Aber es ist ein Gericht vor ihm, harre sein nur! ob auch sein Zorn so bald nicht heimsucht und er sich's nicht annimmt, dass so viel Laster da sind. Darum hat Hiob seinen Mund umsonst aufgesperrt und gibt stolzes Gerede vor mit Unverstand.
Kapitel 36. Elihu redet weiter und sprach: Harre mir noch ein wenig, ich will dir's zeigen; denn ich habe noch von Gottes wegen etwas zu sagen. Ich will mein Wissen weither holen und beweisen, dass mein Schoepfer recht habe. Meine Reden sollen ohne Zweifel nicht falsch sein; mein Verstand soll ohne Tadel vor dir sein. Siehe, Gott ist maechtig, und verachtet doch niemand; er ist maechtig von Kraft des Herzens. Den Gottlosen erhaelt er nicht, sondern hilft dem Elenden zum Recht. Er wendet seine Augen nicht von dem Gerechten; sondern mit Koenigen auf dem Thron laesst er sie sitzen immerdar, dass sie hoch bleiben. Und wenn sie gefangen blieben in Stoecken und elend gebunden mit Stricken, so verkuendigt er ihnen, was sie getan haben, und ihre Untugenden, dass sie sich ueberhoben, und oeffnet ihnen das Ohr zur Zucht und sagt ihnen, dass sie sich von dem Unrechten bekehren sollen. Gehorchen sie und dienen ihm, so werden sie bei guten Tagen alt werden und mit Lust leben. Gehorchen sie nicht, so werden sie ins Schwert fallen und vergehen in Unverstand. Die Heuchler werden voll Zorns; sie schreien nicht, wenn er sie gebunden hat. So wird ihre Seele in der Jugend sterben und ihr Leben unter den Hurern. Aber den Elenden wird er in seinem Elend erretten und dem Armen das Ohr oeffnen in der Truebsal. Und auch dich lockt er aus dem Rachen der Angst in weiten Raum, da keine Bedraengnis mehr ist; und an deinem Tische, voll des Guten, wirst du Ruhe haben. Du aber machst die Sache der Gottlosen gut, dass ihre Sache und ihr Recht erhalten wird. Siehe zu, dass nicht vielleicht Zorn dich verlocke zum Hohn, oder die Groesse des Loesegelds dich verleite. Meinst du, dass er deine Gewalt achte oder Gold oder irgend eine Staerke oder Vermoegen? Du darfst der Nacht nicht begehren, welche Voelker wegnimmt von ihrer Staette. Huete dich und kehre dich nicht zum Unrecht, wie du denn vor Elend angefangen hast. Siehe Gott ist zu hoch in seiner Kraft; wo ist ein Lehrer, wie er ist? Wer will ihm weisen seinen Weg, und wer will zu ihm sagen: "Du tust Unrecht?" Gedenke dass du sein Werk erhebest, davon die Leute singen. Denn alle Menschen sehen es; die Leute schauen's von ferne. Siehe Gott ist gross und unbekannt; seiner Jahre Zahl kann niemand erforschen. Er macht das Wasser zu kleinen Tropfen und treibt seine Wolken zusammen zum Regen, dass die Wolken fliessen und triefen sehr auf die Menschen. Wenn er sich vornimmt die Wolken auszubreiten wie sein hoch Gezelt, siehe, so breitet er aus sein Licht ueber dieselben und bedeckt alle Enden des Meeres. Denn damit schreckt er die Leute und gibt doch Speise die Fuelle. Er deckt den Blitz wie mit Haenden und heisst ihn doch wieder kommen. Davon zeugt sein Geselle, des Donners Zorn in den Wolken.
Kapitel 37. Des entsetzt sich mein Herz und bebt. O hoeret doch, wie der Donner zuernt, und was fuer Gespraech von seinem Munde ausgeht! Er laesst ihn hinfahren unter allen Himmeln, und sein Blitz scheint auf die Enden der Erde. Ihm nach bruellt der Donner, und er donnert mit seinem grossen Schall; und wenn sein Donner gehoert wird, kann man's nicht aufhalten. Gott donnert mit seinem Donner wunderbar und tut grosse Dinge und wird doch nicht erkannt. Er spricht zum Schnee, so ist er bald auf Erden, und zum Platzregen, so ist der Platzregen da mit Macht. Aller Menschen Hand haelt er verschlossen, dass die Leute lernen, was er tun kann. Das wilde Tier geht in seine Hoehle und bleibt an seinem Ort. Von Mittag her kommt Wetter und von Mitternacht Kaelte. Vom Odem Gottes kommt Frost, und grosse Wasser ziehen sich eng zusammen. Die Wolken beschwert er mit Wasser, und durch das Gewoelk bricht sein Licht. Er kehrt die Wolken, wo er hin will, dass sie schaffen alles, was er ihnen gebeut, auf dem Erdboden: es sei zur Zuechtigung ueber ein Land oder zur Gnade, laesst er sie kommen. Da merke auf, Hiob, stehe und vernimm die Wunder Gottes! Weisst du wie Gott solches ueber sie bringt und wie er das Licht aus seinen Wolken laesst hervorbrechen? Weisst du wie sich die Wolken ausstreuen, die Wunder des, der vollkommen ist an Wissen? Du, des Kleider warm sind, wenn das Land still ist vom Mittagswinde, ja, du wirst mit ihm den Himmel ausbreiten, der fest ist wie ein gegossener Spiegel. Zeige uns, was wir ihm sagen sollen; denn wir koennen nichts vorbringen vor Finsternis. Wer wird ihm erzaehlen, dass ich wolle reden? So jemand redet, der wird verschlungen. Jetzt sieht man das Licht nicht, das am Himmel hell leuchtet; wenn aber der Wind weht, so wird's klar. Von Mitternacht kommt Gold; um Gott her ist schrecklicher Glanz. Den Allmaechtigen aber koennen wir nicht finden, der so gross ist von Kraft; das Recht und eine gute Sache beugt er nicht. Darum muessen ihn fuerchten die Leute; und er sieht keinen an, wie weise sie sind.
Kapitel 38. Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wetter und sprach: Wer ist der, der den Ratschluss verdunkelt mit Worten ohne Verstand? Guerte deine Lenden wie ein Mann; ich will dich fragen, lehre mich! Wo warst du, da ich die Erde gruendete? Sage an, bist du so klug! Weisst du, wer ihr das Mass gesetzt hat oder wer ueber sie eine Richtschnur gezogen hat? Worauf stehen ihre Fuesse versenkt, oder wer hat ihren Eckstein gelegt, da mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes? Wer hat das Meer mit Tueren verschlossen, da es herausbrach wie aus Mutterleib, da ich's mit Wolken kleidete und in Dunkel einwickelte wie in Windeln, da ich ihm den Lauf brach mit meinem Damm und setzte ihm Riegel und Tueren und sprach: "Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!"? Hast du bei deiner Zeit dem Morgen geboten und der Morgenroete ihren Ort gezeigt, dass sie die Ecken der Erde fasse und die Gottlosen herausgeschuettelt werden? Sie wandelt sich wie Ton unter dem Siegel, und alles steht da wie im Kleide. Und den Gottlosen wird ihr Licht genommen, und der Arm der Hoffaertigen wird zerbrochen. Bist du in den Grund des Meeres gekommen und in den Fusstapfen der Tiefe gewandelt? Haben sich dir des Todes Tore je aufgetan, oder hast du gesehen die Tore der Finsternis? Hast du vernommen wie breit die Erde sei? Sage an, weisst du solches alles! Welches ist der Weg, da das Licht wohnt, und welches ist der Finsternis Staette, dass du moegest ergruenden seine Grenze und merken den Pfad zu seinem Hause? Du weisst es ja; denn zu der Zeit wurdest du geboren, und deiner Tage sind viel. Bist du gewesen, da der Schnee her kommt, oder hast du gesehen, wo der Hagel her kommt, die ich habe aufbehalten bis auf die Zeit der Truebsal und auf den Tag des Streites und Krieges? Durch welchen Weg teilt sich das Licht und faehrt der Ostwind hin ueber die Erde? Wer hat dem Platzregen seinen Lauf ausgeteilt und den Weg dem Blitz und dem Donner und laesst regnen aufs Land da niemand ist, in der Wueste, da kein Mensch ist, dass er fuellt die Einoede und Wildnis und macht das Gras waechst? Wer ist des Regens Vater? Wer hat die Tropfen des Taues gezeugt? Aus wes Leib ist das Eis gegangen, und wer hat den Reif unter dem Himmel gezeugt, dass das Wasser verborgen wird wie unter Steinen und die Tiefe oben gefriert? Kannst du die Bande der sieben Sterne zusammenbinden oder das Band des Orion aufloesen? Kannst du den Morgenstern hervorbringen zu seiner Zeit oder den Baeren am Himmel samt seinen Jungen herauffuehren? Weisst du des Himmels Ordnungen, oder bestimmst du seine Herrschaft ueber die Erde? Kannst du deine Stimme zu der Wolke erheben, dass dich die Menge des Wassers bedecke? Kannst du die Blitze auslassen, dass sie hinfahren und sprechen zu dir: Hier sind wir? Wer gibt die Weisheit in das Verborgene? Wer gibt verstaendige Gedanken? Wer ist so weise, der die Wolken zaehlen koennte? Wer kann die Wasserschlaeuche am Himmel ausschuetten, wenn der Staub begossen wird, dass er zuhauf laeuft und die Schollen aneinander kleben? Kannst du der Loewin ihren Raub zu jagen geben und die jungen Loewen saettigen, wenn sie sich legen in ihre Staetten und ruhen in der Hoehle, da sie lauern? Wer bereitet den Raben die Speise, wenn seine Jungen zu Gott rufen und fliegen irre, weil sie nicht zu essen haben?
Kapitel 39. Weisst du die Zeit, wann die Gemsen auf den Felsen gebaeren? oder hast du gemerkt, wann die Hinden schwanger gehen? Hast du gezaehlt ihre Monden, wann sie voll werden? oder weisst du die Zeit, wann sie gebaeren? Sie beugen sich, lassen los ihre Jungen und werden los ihre Wehen. Ihre Jungen werden feist und gross im Freien und gehen aus und kommen nicht wieder zu ihnen. Wer hat den Wildesel so frei lassen gehen, wer hat die Bande des Fluechtigen geloest, dem ich die Einoede zum Hause gegeben habe und die Wueste zur Wohnung? Er verlacht das Getuemmel der Stadt; das Pochen des Treibers hoert er nicht. Er schaut nach den Bergen, da seine Weide ist, und sucht, wo es gruen ist. Meinst du das Einhorn werde dir dienen und werde bleiben an deiner Krippe? Kannst du ihm dein Seil anknuepfen, die Furchen zu machen, dass es hinter dir brache in Taelern? Magst du dich auf das Tier verlassen, dass es so stark ist, und wirst es dir lassen arbeiten? Magst du ihm trauen, dass es deinen Samen dir wiederbringe und in deine Scheune sammle? Der Fittich des Strausses hebt sich froehlich. Dem frommen Storch gleicht er an Fluegeln und Federn. Doch laesst er seine Eier auf der Erde und laesst sie die heisse Erde ausbrueten. Er vergisst, dass sie moechten zertreten werden und ein wildes Tier sie zerbreche. Er wird so hart gegen seine Jungen, als waeren sie nicht sein, achtet's nicht, dass er umsonst arbeitet. Denn Gott hat ihm die Weisheit genommen und hat ihm keinen Verstand zugeteilt. Zu der Zeit, da er hoch auffaehrt, verlacht er beide, Ross und Mann. Kannst du dem Ross Kraefte geben oder seinen Hals zieren mit seiner Maehne? Laesst du es aufspringen wie die Heuschrecken? Schrecklich ist sein praechtiges Schnauben. Es stampft auf den Boden und ist freudig mit Kraft und zieht aus, den Geharnischten entgegen. Es spottet der Furcht und erschrickt nicht und flieht vor dem Schwert nicht, wenngleich ueber ihm klingt der Koecher und glaenzen beide, Spiess und Lanze. Es zittert und tobt und scharrt in die Erde und laesst sich nicht halten bei der Drommete Hall. So oft die Drommete klingt, spricht es: Hui! und wittert den Streit von ferne, das Schreien der Fuersten und Jauchzen. Fliegt der Habicht durch deinen Verstand und breitet seine Fluegel gegen Mittag? Fliegt der Adler auf deinen Befehl so hoch, dass er sein Nest in der Hoehe macht? In den Felsen wohnt er und bleibt auf den Zacken der Felsen und auf Berghoehen. Von dort schaut er nach der Speise, und seine Augen sehen ferne. Seine Jungen saufen Blut, und wo Erschlagene liegen, da ist er.
Kapitel 40. Und der HERR antwortete Hiob und sprach: Will mit dem Allmaechtigen rechten der Haderer? Wer Gott tadelt, soll's der nicht verantworten? Hiob aber antwortete dem HERRN und sprach: Siehe, ich bin zu leichtfertig gewesen; was soll ich verantworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen. Ich habe einmal geredet, und will nicht antworten; zum andernmal will ich's nicht mehr tun. Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wetter und sprach: Guerte wie ein Mann deine Lenden; ich will dich fragen, lehre mich! Solltest du mein Urteil zunichte machen und mich verdammen, dass du gerecht seist? Hast du einen Arm wie Gott, und kannst mit gleicher Stimme donnern, wie er tut? Schmuecke dich mit Pracht und erhebe dich; ziehe Majestaet und Herrlichkeit an! Streue aus den Zorn deines Grimmes; schaue an die Hochmuetigen, wo sie sind, und demuetige sie! Ja, schaue die Hochmuetigen, wo sie sind und beuge sie; und zermalme die Gottlosen, wo sie sind! Verscharre sie miteinander in die Erde und versenke ihre Pracht ins Verborgene, so will ich dir auch bekennen, dass dir deine rechte Hand helfen kann. Siehe da, den Behemoth, den ich neben dir gemacht habe; er frisst Gras wie ein Ochse. Siehe seine Kraft ist in seinen Lenden und sein Vermoegen in den Sehnen seines Bauches. Sein Schwanz streckt sich wie eine Zeder; die Sehnen seiner Schenkel sind dicht geflochten. Seine Knochen sind wie eherne Roehren; seine Gebeine sind wie eiserne Staebe. Er ist der Anfang der Wege Gottes; der ihn gemacht hat, der gab ihm sein Schwert. Die Berge tragen ihm Kraeuter, und alle wilden Tiere spielen daselbst. Er liegt gern im Schatten, im Rohr und im Schlamm verborgen. Das Gebuesch bedeckt ihn mit seinem Schatten, und die Bachweiden umgeben ihn. Siehe, er schluckt in sich den Strom und achtet's nicht gross; laesst sich duenken, er wolle den Jordan mit seinem Munde ausschoepfen. Faengt man ihn wohl vor seinen Augen und durchbohrt ihm mit Stricken seine Nase?
Kapitel 41. Kannst du den Leviathan ziehen mit dem Haken und seine Zunge mit einer Schnur fassen? Kannst du ihm eine Angel in die Nase legen und mit einem Stachel ihm die Backen durchbohren? Meinst du, er werde dir viel Flehens machen oder dir heucheln? Meinst du, dass er einen Bund mit dir machen werde, dass du ihn immer zum Knecht habest? Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel oder ihn fuer deine Dirnen anbinden? Meinst du die Genossen werden ihn zerschneiden, dass er unter die Kaufleute zerteilt wird? Kannst du mit Spiessen fuellen seine Haut und mit Fischerhaken seinen Kopf? Wenn du deine Hand an ihn legst, so gedenke, dass es ein Streit ist, den du nicht ausfuehren wirst. Siehe, die Hoffnung wird jedem fehlen; schon wenn er seiner ansichtig wird, stuerzt er zu Boden. Niemand ist so kuehn, dass er ihn reizen darf; wer ist denn, der vor mir stehen koennte? Wer hat mir etwas zuvor getan, dass ich's ihm vergelte? Es ist mein, was unter allen Himmeln ist. Dazu muss ich nun sagen, wie gross, wie maechtig und wohlgeschaffen er ist. Wer kann ihm sein Kleid aufdecken? und wer darf es wagen, ihm zwischen die Zaehne zu greifen? Wer kann die Kinnbacken seines Antlitzes auftun? Schrecklich stehen seine Zaehne umher. Seine stolzen Schuppen sind wie feste Schilde, fest und eng ineinander. Eine ruehrt an die andere, dass nicht ein Lueftlein dazwischengeht. Es haengt eine an der andern, und halten zusammen, dass sie sich nicht voneinander trennen. Sein Niesen glaenzt wie ein Licht; seine Augen sind wie die Wimpern der Morgenroete. Aus seinem Munde fahren Fackeln, und feurige Funken schiessen heraus. Aus seiner Nase geht Rauch wie von heissen Toepfen und Kesseln. Sein Odem ist wie eine lichte Lohe, und aus seinem Munde gehen Flammen. Auf seinem Hals wohnt die Staerke, und vor ihm her huepft die Angst. Die Gliedmassen seines Fleisches hangen aneinander und halten hart an ihm, dass er nicht zerfallen kann. Sein Herz ist so hart wie ein Stein und so fest wie ein unterer Muehlstein. Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken; und wenn er daherbricht, so ist keine Gnade da. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht, oder mit Spiess, Geschoss und Panzer. Er achtet Eisen wie Stroh, und Erz wie faules Holz. Kein Pfeil wird ihn verjagen; die Schleudersteine sind ihm wie Stoppeln. Die Keule achtet er wie Stoppeln; er spottet der bebenden Lanze. Unten an ihm sind scharfe Scherben; er faehrt wie mit einem Dreschwagen ueber den Schlamm. Er macht, dass der tiefe See siedet wie ein Topf, und ruehrt ihn ineinander, wie man eine Salbe mengt. Nach ihm leuchtet der Weg; er macht die Tiefe ganz grau. Auf Erden ist seinesgleichen niemand; er ist gemacht, ohne Furcht zu sein. Er verachtet alles, was hoch ist; er ist ein Koenig ueber alles stolze Wild.
Kapitel 42. Und Hiob antwortete dem HERRN und sprach: Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer. "Wer ist der, der den Ratschluss verhuellt mit Unverstand?" Darum bekenne ich, dass ich habe unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe. "So hoere nun, lass mich reden; ich will dich fragen, lehre mich!" Ich hatte von dir mit den Ohren gehoert; aber nun hat dich mein Auge gesehen. Darum spreche ich mich schuldig und tue Busse in Staub und Asche. Da nun der HERR mit Hiob diese Worte geredet hatte, sprach er zu Eliphas von Theman: Mein Zorn ist ergrimmt ueber dich und deine zwei Freunde; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob. So nehmt nun sieben Farren und sieben Widder und geht hin zu meinem Knecht Hiob und opfert Brandopfer fuer euch und lasst meinen Knecht Hiob fuer euch bitten. Denn ich will ihn ansehen, dass ich an euch nicht tue nach eurer Torheit; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob. Da gingen hin Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Naema und taten, wie der HERR ihnen gesagt hatte; und der HERR sah an Hiob. Und der HERR wandte das Gefaengnis Hiobs, da er bat fuer seine Freunde. Und der Herr gab Hiob zwiefaeltig so viel, als er gehabt hatte. Und es kamen zu ihm alle seine Brueder und alle seine Schwestern und alle, die ihn vormals kannten, und assen mit ihm in seinem Hause und kehrten sich zu ihm und troesteten ihn ueber alles Uebel, das der HERR hatte ueber ihn kommen lassen. Und ein jeglicher gab ihm einen schoenen Groschen und ein goldenes Stirnband. Und der HERR segnete hernach Hiob mehr denn zuvor, dass er kriegte vierzehntausend Schafe und sechstausend Kamele und tausend Joch Rinder und tausend Eselinnen. Und er kriegte sieben Soehne und drei Toechter; und hiess die erste Jemima, die andere Kezia und die dritte Keren-Happuch. Und wurden nicht so schoene Weiber gefunden in allen Landen wie die Toechter Hiobs. Und ihr Vater gab ihnen Erbteil unter ihren Bruedern. Und Hiob lebte nach diesem hundert und vierzig Jahre, dass er sah Kinder und Kindeskinder bis ins vierte Glied. Und Hiob starb alt und lebenssatt.
Kapitel 2. Es begab sich aber des Tages, da die Kinder Gottes kamen und traten vor den HERRN, dass der Satan auch unter ihnen kam und vor den HERRN trat. Da sprach der HERR zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Ich habe das Land umher durchzogen. Der HERR sprach zu dem Satan: Hast du nicht acht auf meinen Knecht Hiob gehabt? Denn es ist seinesgleichen im Lande nicht, schlecht und recht, gottesfuerchtig und meidet das Boese und haelt noch fest an seiner Froemmigkeit; du aber hast mich bewogen, dass ich ihn ohne Ursache verderbt habe. Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Haut fuer Haut; und alles was ein Mann hat, laesst er fuer sein Leben. Aber recke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an: was gilt's, er wird dir ins Angesicht absagen? Der HERR sprach zu dem Satan: Siehe da, er ist in deiner Hand; doch schone seines Lebens! Da fuhr der Satan aus vom Angesicht des HERRN und schlug Hiob mit boesen Schwaeren von der Fusssohle an bis auf seinen Scheitel. Und er nahm eine Scherbe und schabte sich und sass in der Asche. Und sein Weib sprach zu ihm: Haeltst du noch fest an deiner Froemmigkeit? Ja, sage Gott ab und stirb! Er aber sprach zu ihr: Du redest, wie die naerrischen Weiber reden. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Boese nicht auch annehmen? In diesem allem versuendigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen. Da aber die drei Freunde Hiobs hoerten all das Unglueck, das ueber ihn gekommen war, kamen sie, ein jeglicher aus seinem Ort: Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Naema. Denn sie wurden eins, dass sie kaemen, ihn zu beklagen und zu troesten. Und da sie ihre Augen aufhoben von ferne, kannten sie ihn nicht und hoben auf ihre Stimme und weinten, und ein jeglicher zerriss sein Kleid, und sie sprengten Erde auf ihr Haupt gen Himmel und sassen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Naechte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr gross war.
Kapitel 3. Darnach tat Hiob seinen Mund auf und verfluchte seinen Tag. Und Hiob sprach: Der Tag muesse verloren sein, darin ich geboren bin, und die Nacht, welche sprach: Es ist ein Maennlein empfangen! Derselbe Tag muesse finster sein, und Gott von obenherab muesse nicht nach ihm fragen; kein Glanz muesse ueber ihn scheinen! Finsternis und Dunkel muessen ihn ueberwaeltigen, und dicke Wolken muessen ueber ihm bleiben, und der Dampf am Tage mache ihn graesslich! Die Nacht muesse Dunkel einnehmen; sie muesse sich nicht unter den Tagen des Jahres freuen noch in die Zahl der Monden kommen! Siehe, die Nacht muesse einsam sein und kein Jauchzen darin sein! Es muessen sie verfluchen die Verflucher des Tages und die da bereit sind, zu erregen den Leviathan! Ihre Sterne muessen finster sein in ihrer Daemmerung; sie hoffe aufs Licht, und es komme nicht, und muesse nicht sehen die Wimpern der Morgenroete, darum dass sie nicht verschlossen hat die Tuer des Leibes meiner Mutter und nicht verborgen das Unglueck vor meinen Augen! Warum bin ich nicht gestorben von Mutterleib an? Warum bin ich nicht verschieden, da ich aus dem Leibe kam? Warum hat man mich auf den Schoss gesetzt? Warum bin ich mit Bruesten gesaeugt? So laege ich doch nun und waere still, schliefe und haette Ruhe mit den Koenigen und Ratsherren auf Erden, die das Wueste bauen, oder mit den Fuersten, die Gold haben und deren Haeuser voll Silber sind. Oder wie eine unzeitige Geburt, die man verborgen hat, waere ich gar nicht, wie Kinder, die das Licht nie gesehen haben. Daselbst muessen doch aufhoeren die Gottlosen mit Toben; daselbst ruhen doch, die viel Muehe gehabt haben. Da haben doch miteinander Frieden die Gefangenen und hoeren nicht die Stimme des Draengers. Da sind beide, klein und gross, und der Knecht ist frei von seinem Herrn. Warum ist das Licht gegeben dem Muehseligen und das Leben den betruebten Herzen (die des Todes warten, und er kommt nicht, und grueben ihn wohl aus dem Verborgenen, die sich sehr freuten und froehlich waeren, wenn sie ein Grab bekaemen), dem Manne, dessen Weg verborgen ist und vor ihm von Gott verzaeunt ward? Denn wenn ich essen soll, muss ich seufzen, und mein Heulen faehrt heraus wie Wasser. Denn was ich gefuerchtet habe ist ueber mich gekommen, und was ich sorgte, hat mich getroffen. War ich nicht glueckselig? War ich nicht fein stille? Hatte ich nicht gute Ruhe? Und es kommt solche Unruhe!
Kapitel 4. Da antwortete Eliphas von Theman und sprach: Du hast's vielleicht nicht gern, so man versucht, mit dir zu reden; aber wer kann sich's enthalten? Siehe, du hast viele unterwiesen und laessige Haende gestaerkt; deine Rede hat die Gefallenen aufgerichtet, und die bebenden Kniee hast du gekraeftigt. Nun aber es an dich kommt, wirst du weich; und nun es dich trifft, erschrickst du. Ist nicht deine Gottesfurcht dein Trost, deine Hoffnung die Unstraeflichkeit deiner Wege? Gedenke doch, wo ist ein Unschuldiger umgekommen? oder wo sind die Gerechten je vertilgt? Wie ich wohl gesehen habe: die da Muehe pfluegen und Unglueck saeten, ernteten es auch ein; durch den Odem Gottes sind sie umgekommen und vom Geist seines Zorns vertilgt. Das Bruellen der Loewen und die Stimme der grossen Loewen und die Zaehne der jungen Loewen sind zerbrochen. Der Loewe ist umgekommen, dass er nicht mehr raubt, und die Jungen der Loewin sind zerstreut. Und zu mir ist gekommen ein heimlich Wort, und mein Ohr hat ein Woertlein davon empfangen. Da ich Gesichte betrachtete in der Nacht, wenn der Schlaf auf die Leute faellt, da kam mich Furcht und Zittern an, und alle meine Gebeine erschraken. Und da der Geist an mir vorueberging standen mir die Haare zu Berge an meinem Leibe. Da stand ein Bild vor meinen Augen, und ich kannte seine Gestalt nicht; es war still, und ich hoerte eine Stimme: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott? oder ein Mann rein sein vor dem, der ihn gemacht hat? Siehe, unter seinen Knechten ist keiner ohne Tadel, und seine Boten zeiht er der Torheit: wie viel mehr die in Lehmhaeusern wohnen und auf Erde gegruendet sind und werden von Wuermern gefressen! Es waehrt vom Morgen bis an den Abend, so werden sie zerschlagen; und ehe sie es gewahr werden, sind sie gar dahin, und ihre Nachgelassenen vergehen und sterben auch unversehens.
Kapitel 5. Rufe doch! was gilts, ob einer dir antworte? Und an welchen von den Heiligen willst du dich wenden? Einen Toren aber erwuergt wohl der Unmut, und den Unverstaendigen toetet der Eifer. Ich sah einen Toren eingewurzelt, und ich fluchte ploetzlich seinem Hause. Seine Kinder werden fern sein vom Heil und werden zerschlagen werden im Tor, da kein Erretter sein wird. Seine Ernte wird essen der Hungrige und auch aus den Hecken sie holen, und sein Gut werden die Durstigen aussaufen. Denn Muehsal aus der Erde nicht geht und Unglueck aus dem Acker nicht waechst; sondern der Mensch wird zu Unglueck geboren, wie die Voegel schweben, emporzufliegen. Ich aber wuerde zu Gott mich wenden und meine Sache vor ihn bringen, der grosse Dinge tut, die nicht zu erforschen sind, und Wunder, die nicht zu zaehlen sind: der den Regen aufs Land gibt und laesst Wasser kommen auf die Gefilde; der die Niedrigen erhoeht und den Betruebten emporhilft. Er macht zunichte die Anschlaege der Listigen, dass es ihre Hand nicht ausfuehren kann; er faengt die Weisen in ihrer Listigkeit und stuerzt der Verkehrten Rat, dass sie des Tages in der Finsternis laufen und tappen am Mittag wie in der Nacht. Er hilft den Armen von dem Schwert, von ihrem Munde und von der Hand des Maechtigen, und ist des Armen Hoffnung, dass die Bosheit wird ihren Mund muessen zuhalten. Siehe, selig ist der Mensch, den Gott straft; darum weigere dich der Zuechtigung des Allmaechtigen nicht. Denn er verletzt und verbindet; er zerschlaegt und seine Hand heilt. Aus sechs Truebsalen wird er dich erretten, und in der siebenten wird dich kein Uebel ruehren: in der Teuerung wird er dich vom Tod erloesen und im Kriege von des Schwertes Hand; Er wird dich verbergen vor der Geissel Zunge, dass du dich nicht fuerchtest vor dem Verderben, wenn es kommt; im Verderben und im Hunger wirst du lachen und dich vor den wilden Tieren im Lande nicht fuerchten; sondern sein Bund wird sein mit den Steinen auf dem Felde, und die wilden Tiere im Lande werden Frieden mit dir halten. Und du wirst erfahren, dass deine Huette Frieden hat, und wirst deine Behausung versorgen und nichts vermissen, und wirst erfahren, dass deines Samens wird viel werden und deine Nachkommen wie das Gras auf Erden, und wirst im Alter zum Grab kommen, wie Garben eingefuehrt werden zu seiner Zeit. Siehe, das haben wir erforscht und ist also; dem gehorche und merke du dir's.
Kapitel 6. Hiob antwortete und sprach: Wenn man doch meinen Unmut woege und mein Leiden zugleich in die Waage legte! Denn nun ist es schwerer als Sand am Meer; darum gehen meine Worte irre. Denn die Pfeile des Allmaechtigen stecken in mir: derselben Gift muss mein Geist trinken, und die Schrecknisse Gottes sind auf mich gerichtet. Das Wild schreit nicht, wenn es Gras hat; der Ochse bloekt nicht, wenn er sein Futter hat. Kann man auch essen, was ungesalzen ist? Oder wer mag kosten das Weisse um den Dotter? Was meine Seele widerte anzuruehren, das ist meine Speise, mir zum Ekel. O, dass meine Bitte geschaehe und Gott gaebe mir, was ich hoffe! Dass Gott anfinge und zerschluege mich und liesse seine Hand gehen und zerscheiterte mich! So haette ich nun Trost, und wollte bitten in meiner Krankheit, dass er nur nicht schonte, habe ich doch nicht verleugnet die Reden des Heiligen. Was ist meine Kraft, dass ich moege beharren? und welches ist mein Ende, dass meine Seele geduldig sein sollte? Ist doch meine Kraft nicht steinern und mein Fleisch nicht ehern. Habe ich doch nirgend Hilfe, und mein Vermoegen ist dahin. Wer Barmherzigkeit seinem Naechsten verweigert, der verlaesst des Allmaechtigen Furcht. Meine Brueder truegen wie ein Bach, wie Wasserstroeme, die vergehen, die truebe sind vom Eis, in die der Schnee sich birgt: zur Zeit, wenn sie die Hitze drueckt, versiegen sie; wenn es heiss wird, vergehen sie von ihrer Staette. Die Reisezuege gehen ab vom Wege, sie treten aufs Ungebahnte und kommen um; die Reisezuege von Thema blicken ihnen nach, die Karawanen von Saba hofften auf sie: aber sie wurden zu Schanden ueber ihrer Hoffnung und mussten sich schaemen, als sie dahin kamen. So seid ihr jetzt ein Nichts geworden, und weil ihr Jammer sehet, fuerchtet ihr euch. Habe ich auch gesagt: Bringet her von eurem Vermoegen und schenkt mir und errettet mich aus der Hand des Feindes und erloest mich von der Hand der Gewalttaetigen? Lehret mich, so will ich schweigen; und was ich nicht weiss, darin unterweist mich. Warum tadelt ihr rechte Rede? Wer ist unter euch, der sie strafen koennte? Gedenket ihr, Worte zu strafen? Aber eines Verzweifelten Rede ist fuer den Wind. Ihr fielet wohl ueber einen armen Waisen her und gruebet eurem Nachbarn Gruben. Doch weil ihr habt angehoben, sehet auf mich, ob ich vor euch mit Luegen bestehen werde. Antwortet, was recht ist; meine Antwort wird noch recht bleiben. Ist denn auf meiner Zunge Unrecht, oder sollte mein Gaumen Boeses nicht merken?
Kapitel 7. Muss nicht der Mensch immer im Streit sein auf Erden, und sind seine Tage nicht wie eines Tageloehners? Wie ein Knecht sich sehnt nach dem Schatten und ein Tageloehner, dass seine Arbeit aus sei, also habe ich wohl ganze Monden vergeblich gearbeitet, und elender Naechte sind mir viel geworden. Wenn ich mich legte, sprach ich: Wann werde ich aufstehen? Und der Abend ward mir lang; ich waelzte mich und wurde des satt bis zur Daemmerung. Mein Fleisch ist um und um wurmig und knotig; meine Haut ist verschrumpft und zunichte geworden. Meine Tage sind leichter dahingeflogen denn die Weberspule und sind vergangen, dass kein Aufhalten dagewesen ist. Gedenke, dass mein Leben ein Wind ist und meine Augen nicht wieder Gutes sehen werden. Und kein lebendiges Auge wird mich mehr schauen; sehen deine Augen nach mir, so bin ich nicht mehr. Eine Wolke vergeht und faehrt dahin: also, wer in die Hoelle hinunterfaehrt, kommt nicht wieder herauf und kommt nicht wieder in sein Haus, und sein Ort kennt ihn nicht mehr. Darum will ich auch meinem Munde nicht wehren; ich will reden in der Angst meines Herzens und will klagen in der Betruebnis meiner Seele. Bin ich denn ein Meer oder ein Meerungeheuer, dass du mich so verwahrst? Wenn ich gedachte: Mein Bett soll mich troesten, mein Lager soll mir meinen Jammer erleichtern, so erschrecktest du mich mit Traeumen und machtest mir Grauen durch Gesichte, dass meine Seele wuenschte erstickt zu sein und meine Gebeine den Tod. Ich begehre nicht mehr zu leben. Lass ab von mir, denn meine Tage sind eitel. Was ist ein Mensch, dass du ihn gross achtest und bekuemmerst dich um ihn? Du suchst ihn taeglich heim und versuchst ihn alle Stunden. Warum tust du dich nicht von mir und laessest mich nicht, bis ich nur meinen Speichel schlinge? Habe ich gesuendigt, was tue ich dir damit, o du Menschenhueter? Warum machst du mich zum Ziel deiner Anlaeufe, dass ich mir selbst eine Last bin? Und warum vergibst du mir meine Missetat nicht und nimmst weg meine Suende? Denn nun werde ich mich in die Erde legen, und wenn du mich morgen suchst, werde ich nicht da sein.
Kapitel 8. Da antwortete Bildad von Suah und sprach: Wie lange willst du solches reden und sollen die Reden deines Mundes so einen stolzen Mut haben? Meinst du, dass Gott unrecht richte oder der Allmaechtige das Recht verkehre? Haben deine Soehne vor ihm gesuendigt, so hat er sie verstossen um ihrer Missetat willen. So du aber dich beizeiten zu Gott tust und zu dem Allmaechtigen flehst, und so du rein und fromm bist, so wird er aufwachen zu dir und wird wieder aufrichten deine Wohnung um deiner Gerechtigkeit willen; und was du zuerst wenig gehabt hast, wird hernach gar sehr zunehmen. Denn frage die vorigen Geschlechter und merke auf das, was ihr Vaeter erforscht haben; denn wir sind von gestern her und wissen nichts; unser Leben ist ein Schatten auf Erden. Sie werden dich's lehren und dir sagen und ihre Rede aus ihrem Herzen hervorbringen: "Kann auch ein Rohr aufwachsen, wo es nicht feucht steht? oder Schilf wachsen ohne Wasser? Sonst wenn's noch in der Bluete ist, ehe es abgehauen wird, verdorrt es vor allem Gras. So geht es allen denen, die Gottes vergessen; und die Hoffnung der Heuchler wird verloren sein. Denn seine Zuversicht vergeht, und seine Hoffnung ist eine Spinnwebe. Er verlaesst sich auf sein Haus, und wird doch nicht bestehen; er wird sich daran halten, aber doch nicht stehenbleiben. Er steht voll Saft im Sonnenschein, und seine Reiser wachsen hervor in seinem Garten. Seine Saat steht dick bei den Quellen und sein Haus auf Steinen. Wenn er ihn aber verschlingt von seiner Staette, wird sie sich gegen ihn stellen, als kennte sie ihn nicht. Siehe, das ist die Freude seines Wesens; und aus dem Staube werden andere wachsen." Darum siehe, dass Gott nicht verwirft die Frommen und erhaelt nicht die Hand der Boshaften, bis dass dein Mund voll Lachens werde und deine Lippen voll Jauchzens. Die dich aber hassen, werden zu Schanden werden, und der Gottlosen Huette wird nicht bestehen.
Kapitel 9. Hiob antwortete und sprach: Ja, ich weiss gar wohl, dass es also ist und dass ein Mensch nicht recht behalten mag gegen Gott. Hat er Lust, mit ihm zu hadern, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten. Er ist weise und maechtig; wem ist's je gelungen, der sich wider ihn gelegt hat? Er versetzt Berge, ehe sie es innewerden, die er in seinem Zorn umkehrt. Er bewegt die Erde aus ihrem Ort, dass ihre Pfeiler zittern. Er spricht zur Sonne, so geht sie nicht auf, und versiegelt die Sterne. Er breitet den Himmel aus allein und geht auf den Wogen des Meeres. Er macht den Wagen am Himmel und Orion und die Plejaden und die Sterne gegen Mittag. Er tut grosse Dinge, die nicht zu erforschen sind, und Wunder, deren keine Zahl ist. Siehe, er geht an mir vorueber, ehe ich's gewahr werde, und wandelt vorbei, ehe ich's merke. Siehe, wenn er hinreisst, wer will ihm wehren? Wer will zu ihm sagen: Was machst du? Er ist Gott; seinen Zorn kann niemand stillen; unter ihn mussten sich beugen die Helfer Rahabs. Wie sollte ich denn ihm antworten und Worte finden gegen ihn? Wenn ich auch recht habe, kann ich ihm dennoch nicht antworten, sondern ich muesste um mein Recht flehen. Wenn ich ihn schon anrufe, und er mir antwortet, so glaube ich doch nicht, dass er meine Stimme hoere. Denn er faehrt ueber mich mit Ungestuem und macht mir Wunden viel ohne Ursache. Er laesst meinen Geist sich nicht erquicken, sondern macht mich voll Betruebnis. Will man Macht, so ist er zu maechtig; will man Recht, wer will mein Zeuge sein? Sage ich, dass ich gerecht bin, so verdammt er mich doch; bin ich Unschuldig, so macht er mich doch zu Unrecht. Ich bin unschuldig! ich frage nicht nach meiner Seele, begehre keines Lebens mehr. Es ist eins, darum sage ich: Er bringt um beide, den Frommen und den Gottlosen. Wenn er anhebt zu geisseln, so dringt er alsbald zum Tod und spottet der Anfechtung der Unschuldigen. Das Land aber wird gegeben unter die Hand der Gottlosen, und der Richter Antlitz verhuellt er. Ist's nicht also, wer anders sollte es tun? Meine Tage sind schneller gewesen denn ein Laeufer; sie sind geflohen und haben nichts Gutes erlebt. Sie sind dahingefahren wie die Rohrschiffe, wie ein Adler fliegt zur Speise. Wenn ich gedenke: Ich will meiner Klage vergessen und meine Gebaerde lassen fahren und mich erquicken, so fuerchte ich alle meine Schmerzen, weil ich weiss, dass du mich nicht unschuldig sein laessest. Ich muss ja doch ein Gottloser sein; warum muehe ich mich denn so vergeblich? Wenn ich mich gleich mit Schneewasser wuesche und reinigte mein Haende mit Lauge, so wirst du mich doch tauchen in Kot, und so werden mir meine Kleider greulich anstehen. Denn er ist nicht meinesgleichen, dem ich antworten koennte, dass wir vor Gericht miteinander kaemen. Es ist zwischen uns kein Schiedsmann, der seine Hand auf uns beide lege. Er nehme von mir seine Rute und lasse seinen Schrecken von mir, dass ich moege reden und mich nicht vor ihm fuerchten duerfe; denn ich weiss, dass ich kein solcher bin.
Kapitel 10. Meine Seele verdriesst mein Leben; ich will meiner Klage bei mir ihren Lauf lassen und reden in der Betruebnis meiner Seele und zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! lass mich wissen, warum du mit mir haderst. Gefaellt dir's, dass du Gewalt tust und mich verwirfst, den deine Haende gemacht haben, und bringst der Gottlosen Vornehmen zu Ehren? Hast du denn auch fleischliche Augen, oder siehst du, wie ein Mensch sieht? Oder ist deine Zeit wie eines Menschen Zeit, oder deine Jahre wie eines Mannes Jahre? dass du nach einer Missetat fragest und suchest meine Suende, so du doch weisst wie ich nicht gottlos sei, so doch niemand ist, der aus deiner Hand erretten koenne. Deine Haende haben mich bereitet und gemacht alles, was ich um und um bin; und du wolltest mich verderben? Gedenke doch, dass du mich aus Lehm gemacht hast; und wirst mich wieder zu Erde machen? Hast du mich nicht wie Milch hingegossen und wie Kaese lassen gerinnen? Du hast mir Haut und Fleisch angezogen; mit Gebeinen und Adern hast du mich zusammengefuegt. Leben und Wohltat hast du an mir getan, und dein Aufsehen bewahrt meinen Odem. Aber dies verbargst du in deinem Herzen, ich weiss, dass du solches im Sinn hattest: wenn ich suendigte, so wolltest du es bald merken und meine Missetat nicht ungestraft lassen. Bin ich gottlos, dann wehe mir! bin ich gerecht, so darf ich doch mein Haupt nicht aufheben, als der ich voll Schmach bin und sehe mein Elend. Und wenn ich es aufrichte, so jagst du mich wie ein Loewe und handelst wiederum wunderbar an mir. Du erneuest deine Zeugen wider mich und machst deines Zornes viel auf mich; es zerplagt mich eins ueber das andere in Haufen. Warum hast du mich aus Mutterleib kommen lassen? Ach, dass ich waere umgekommen und mich nie ein Auge gesehen haette! So waere ich, als die nie gewesen sind, von Mutterleibe zum Grabe gebracht. Ist denn mein Leben nicht kurz? So hoere er auf und lasse ab von mir, dass ich ein wenig erquickt werde, ehe ich denn hingehe und komme nicht wieder, ins Land der Finsternis und des Dunkels, ins Land da es stockfinster ist und da keine Ordnung ist, und wenn's hell wird, so ist es wie Finsternis.
Kapitel 11. Da antwortete Zophar von Naema und sprach: Wenn einer lang geredet, muss er nicht auch hoeren? Muss denn ein Schwaetzer immer recht haben? Muessen die Leute zu deinem eitlen Geschwaetz schweigen, dass du spottest und niemand dich beschaeme? Du sprichst: Meine Rede ist rein, und lauter bin ich vor deinen Augen. Ach, dass Gott mit dir redete und taete seine Lippen auf und zeigte dir die heimliche Weisheit! Denn er haette noch wohl mehr an dir zu tun, auf dass du wissest, dass er deiner Suenden nicht aller gedenkt. Meinst du, dass du wissest, was Gott weiss, und wollest es so vollkommen treffen wie der Allmaechtige? Es ist hoeher denn der Himmel; was willst du tun? tiefer denn die Hoelle; was kannst du wissen? laenger denn die Erde und breiter denn das Meer. So er daherfaehrt und gefangen legt und Gericht haelt, wer will's ihm wehren? Denn er kennt die losen Leute, er sieht die Untugend, und sollte es nicht merken? Ein unnuetzer Mann blaeht sich, und ein geborener Mensch will sein wie ein junges Wild. Wenn du dein Herz richtetest und deine Haende zu ihm ausbreitetest; wenn du die Untugend, die in deiner Hand ist, fern von dir taetest, dass in deiner Huette kein Unrecht bliebe: so moechtest du dein Antlitz aufheben ohne Tadel und wuerdest fest sein und dich nicht fuerchten. Dann wuerdest du der Muehsal vergessen und so wenig gedenken als des Wassers, das voruebergeht; und die Zeit deines Lebens wuerde aufgehen wie der Mittag, und das Finstere wuerde ein lichter Morgen werden; und duerftest dich dessen troesten, dass Hoffnung da sei; wuerdest dich umsehen und in Sicherheit schlafen legen; wuerdest ruhen, und niemand wuerde dich aufschrecken; und viele wuerden vor dir flehen. Aber die Augen der Gottlosen werden verschmachten, und sie werden nicht entrinnen koennen; denn Hoffnung wird ihrer Seele fehlen.
Kapitel 12. Da antwortete Hiob und sprach: Ja, ihr seid die Leute, mit euch wird die Weisheit sterben! Ich habe so wohl ein Herz als ihr und bin nicht geringer denn ihr; und wer ist, der solches nicht wisse? Ich muss von meinem Naechsten verlacht sein, der ich Gott anrief, und er erhoerte mich. Der Gerechte und Fromme muss verlacht sein und ist ein verachtet Lichtlein vor den Gedanken der Stolzen, steht aber, dass sie sich daran aergern. Der Verstoerer Huetten haben die Fuelle, und Ruhe haben, die wider Gott toben, die ihren Gott in der Faust fuehren. Frage doch das Vieh, das wird dich's lehren und die Voegel unter dem Himmel, die werden dir's sagen; oder rede mit der Erde, die wird dich's lehren, und die Fische im Meer werden dir's erzaehlen. Wer erkennte nicht an dem allem, dass des HERRN Hand solches gemacht hat? dass in seiner Hand ist die Seele alles dessen, was da lebt, und der Geist des Fleisches aller Menschen? Prueft nicht das Ohr die Rede? und der Mund schmeckt die Speise? Ja, "bei den Grossvaetern ist die Weisheit, und der Verstand bei den Alten". Bei ihm ist Weisheit und Gewalt, Rat und Verstand. Siehe, wenn er zerbricht, so hilft kein Bauen; wenn er jemand einschliesst, kann niemand aufmachen. Siehe, wenn er das Wasser verschliesst, so wird alles duerr; und wenn er's auslaesst, so kehrt es das Land um. Er ist stark und fuehrt es aus. Sein ist, der da irrt und der da verfuehrt. Er fuehrt die Klugen wie einen Raub und macht die Richter toll. Er loest auf der Koenige Zwang und bindet mit einem Gurt ihre Lenden. Er fuehrt die Priester wie einen Raub und bringt zu Fall die Festen. Er entzieht die Sprache den Bewaehrten und nimmt weg den Verstand der Alten. Er schuettet Verachtung auf die Fuersten und macht den Guertel der Gewaltigen los. Er oeffnet die finsteren Gruende und bringt heraus das Dunkel an das Licht. Er macht etliche zu grossem Volk und bringt sie wieder um. Er breitet ein Volk aus und treibt es wieder weg. Er nimmt weg den Mut der Obersten des Volkes im Lande und macht sie irre auf einem Umwege, da kein Weg ist, dass sie in Finsternis tappen ohne Licht; und macht sie irre wie die Trunkenen.
Kapitel 13. Siehe, das alles hat mein Auge gesehen und mein Ohr gehoert, und ich habe es verstanden. Was ihr wisst, das weiss ich auch; und bin nicht geringer denn ihr. Doch wollte ich gern zu dem Allmaechtigen reden und wollte gern mit Gott rechten. Aber ihr deutet's faelschlich und seid alle unnuetze Aerzte. Wollte Gott, ihr schwieget, so waeret ihr weise. Hoeret doch meine Verantwortung und merket auf die Sache, davon ich rede! Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und fuer ihn List brauchen? Wollt ihr seine Person ansehen? Wollt ihr Gott vertreten? Wird's euch auch wohl gehen, wenn er euch richten wird? Meint ihr, dass ihr ihn taeuschen werdet, wie man einen Menschen taeuscht? Er wird euch strafen, wo ihr heimlich Person ansehet. Wird er euch nicht erschrecken, wenn er sich wird hervortun, und wird seine Furcht nicht ueber euch fallen? Eure Denksprueche sind Aschensprueche; eure Bollwerke werden wie Lehmhaufen sein. Schweiget mir, dass ich rede, es komme ueber mich, was da will. Was soll ich mein Fleisch mit meinen Zaehnen davontragen und meine Seele in meine Haende legen? Siehe, er wird mich doch erwuergen, und ich habe nichts zu hoffen; doch will ich meine Wege vor ihm verantworten. Er wird ja mein Heil sein; denn es kommt kein Heuchler vor ihn. Hoeret meine Rede, und meine Auslegung gehe ein zu euren Ohren. Siehe, ich bin zum Rechtsstreit geruestet; ich weiss, dass ich recht behalten werde. Wer ist, der mit mir rechten koennte? Denn dann wollte ich schweigen und verscheiden. Zweierlei tue mir nur nicht, so will ich mich vor dir nicht verbergen: lass deine Hand fern von mir sein, und dein Schrecken erschrecke mich nicht! Dann rufe, ich will antworten, oder ich will reden, antworte du mir! Wie viel ist meiner Missetaten und Suenden? Lass mich wissen meine Uebertretung und Suende. Warum verbirgst du dein Antlitz und haeltst mich fuer deinen Feind? Willst du wider ein fliegend Blatt so ernst sein und einen duerren Halm verfolgen? Denn du schreibst mir Betruebnis an und willst ueber mich bringen die Suenden meiner Jugend. Du hast meinen Fuss in den Stock gelegt und hast acht auf alle meine Pfade und siehst auf die Fusstapfen meiner Fuesse, der ich doch wie Moder vergehe und wie ein Kleid, das die Motten fressen.
Kapitel 14. Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe, geht auf wie eine Blume und faellt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht. Und du tust deine Augen ueber einen solchen auf, dass du mich vor dir ins Gericht ziehest. Kann wohl ein Reiner kommen von den Unreinen? Auch nicht einer. Er hat seine bestimmte Zeit, die Zahl seiner Monden steht bei dir; du hast ein Ziel gesetzt, das wird er nicht ueberschreiten. So tu dich von ihm, dass er Ruhe habe, bis dass seine Zeit komme, deren er wie ein Tageloehner wartet. Ein Baum hat Hoffnung, wenn er schon abgehauen ist, dass er sich wieder erneue, und seine Schoesslinge hoeren nicht auf. Ob seine Wurzel in der Erde veraltet und sein Stamm im Staub erstirbt, so gruent er doch wieder vom Geruch des Wassers und waechst daher, als waere er erst gepflanzt. Aber der Mensch stirbt und ist dahin; er verscheidet, und wo ist er? Wie ein Wasser auslaeuft aus dem See, und wie ein Strom versiegt und vertrocknet, so ist ein Mensch, wenn er sich legt, und wird nicht aufstehen und wird nicht aufwachen, solange der Himmel bleibt, noch von seinem Schlaf erweckt werden. Ach dass du mich in der Hoelle verdecktest und verbaergest, bis dein Zorn sich lege, und setztest mir ein Ziel, dass du an mich daechtest. Wird ein toter Mensch wieder leben? Alle Tage meines Streites wollte ich harren, bis dass meine Veraenderung komme! Du wuerdest rufen und ich dir antworten; es wuerde dich verlangen nach dem Werk deiner Haende. Jetzt aber zaehlst du meine Gaenge. Hast du nicht acht auf meine Suenden? Du hast meine Uebertretungen in ein Buendlein versiegelt und meine Missetat zusammengefasst. Zerfaellt doch ein Berg und vergeht, und ein Fels wird von seinem Ort versetzt; Wasser waescht Steine weg, und seine Fluten floessen die Erde weg: aber des Menschen Hoffnung ist verloren; denn du stoessest ihn gar um, dass er dahinfaehrt, veraenderst sein Wesen und laessest ihn fahren. Sind seine Kinder in Ehren, das weiss er nicht; oder ob sie gering sind, des wird er nicht gewahr. Nur sein eigen Fleisch macht ihm Schmerzen, und seine Seele ist ihm voll Leides.
Kapitel 15. Da antwortete Eliphas von Theman und sprach: Soll ein weiser Mann so aufgeblasene Worte reden und seinen Bauch so blaehen mit leeren Reden? Du verantwortest dich mit Worten, die nicht taugen, und dein Reden ist nichts nuetze. Du hast die Furcht fahren lassen und redest veraechtlich vor Gott. Denn deine Missetat lehrt deinen Mund also, und hast erwaehlt eine listige Zunge. Dein Mund verdammt dich, und nicht ich; deine Lippen zeugen gegen dich. Bist du der erste Mensch geboren? bist du vor allen Huegeln empfangen? Hast du Gottes heimlichen Rat gehoert und die Weisheit an dich gerissen? Was weisst du, das wir nicht wissen? was verstehst du, das nicht bei uns sei? Es sind Graue und Alte unter uns, die laenger gelebt haben denn dein Vater. Sollten Gottes Troestungen so gering vor dir gelten und ein Wort, in Lindigkeit zu dir gesprochen? Was nimmt dein Herz vor? was siehst du so stolz? Was setzt sich dein Mut gegen Gott, dass du solche Reden aus deinem Munde laessest? Was ist ein Mensch, dass er sollte rein sein, und dass er sollte gerecht sein, der von einem Weibe geboren ist? Siehe, unter seinen Heiligen ist keiner ohne Tadel, und die im Himmel sind nicht rein vor ihm. Wie viel weniger ein Mensch, der ein Greuel und schnoede ist, der Unrecht saeuft wie Wasser. Ich will dir's zeigen, hoere mir zu, und ich will dir erzaehlen, was ich gesehen habe, was die Weisen gesagt haben und ihren Vaetern nicht verhohlen gewesen ist, welchen allein das Land gegeben war, dass kein Fremder durch sie gehen durfte: "Der Gottlose bebt sein Leben lang, und dem Tyrannen ist die Zahl seiner Jahre verborgen. Was er hoert, das schreckt ihn; und wenn's gleich Friede ist, fuerchtet er sich, der Verderber komme, glaubt nicht, dass er moege dem Unglueck entrinnen, und versieht sich immer des Schwerts. Er zieht hin und her nach Brot, und es duenkt ihn immer, die Zeit seines Ungluecks sei vorhanden. Angst und Not schrecken ihn und schlagen ihn nieder wie ein Koenig mit seinem Heer. Denn er hat seine Hand wider Gott gestreckt und sich wider den Allmaechtigen gestraeubt. Er laeuft mit dem Kopf an ihn und ficht halsstarrig wider ihn. Er bruestet sich wie ein fetter Wanst und macht sich feist und dick. Er wohnt in verstoerten Staedten, in Haeusern, da man nicht bleiben darf, die auf einem Haufen liegen sollen. Er wird nicht reich bleiben, und sein Gut wird nicht bestehen, und sein Glueck wird sich nicht ausbreiten im Lande. Unfall wird nicht von ihm lassen. Die Flamme wird seine Zweige verdorren, und er wird ihn durch den Odem seines Mundes wegnehmen. Er wird nicht bestehen, denn er ist in seinem eiteln Duenkel betrogen; und eitel wird sein Lohn werden. Er wird ein Ende nehmen vor der Zeit; und sein Zweig wird nicht gruenen. Er wird abgerissen werden wie eine unzeitige Traube vom Weinstock, und wie ein Oelbaum seine Bluete abwirft. Denn der Heuchler Versammlung wird einsam bleiben; und das Feuer wird fressen die Huetten derer, die Geschenke nehmen. Sie gehen schwanger mit Unglueck und gebaeren Muehsal, und ihr Schoss bringt Trug."
Kapitel 16. Hiob antwortete und sprach: Ich habe solches oft gehoert. Ihr seid allzumal leidige Troester! Wollen die leeren Worte kein Ende haben? Oder was macht dich so frech, also zu reden? Ich koennte auch wohl reden wie ihr. Waere eure Seele an meiner Statt, so wollte ich auch Worte gegen euch zusammenbringen und mein Haupt also ueber euch schuetteln. Ich wollte euch staerken mit dem Munde und mit meinen Lippen troesten. Aber wenn ich schon rede, so schont mein der Schmerz nicht; lasse ich's anstehen so geht er nicht von mir. Nun aber macht er mich muede und verstoert alles, was ich bin. Er hat mich runzlig gemacht, das zeugt wider mich; und mein Elend steht gegen mich auf und verklagt mich ins Angesicht. Sein Grimm zerreisst, und der mir gram ist, beisst die Zaehne ueber mich zusammen; mein Widersacher funkelt mit seinen Augen auf mich. Sie haben ihren Mund aufgesperrt gegen mich und haben mich schmaehlich auf meine Backen geschlagen; sie haben ihren Mut miteinander an mir gekuehlt. Gott hat mich uebergeben dem Ungerechten und hat mich in der Gottlosen Haende kommen lassen. Ich war in Frieden, aber er hat mich zunichte gemacht; er hat mich beim Hals genommen und zerstossen und hat mich zum Ziel aufgerichtet. Er hat mich umgeben mit seinen Schuetzen; er hat meine Nieren gespalten und nicht verschont; er hat meine Galle auf die Erde geschuettet. Er hat mir eine Wunde ueber die andere gemacht; er ist an mich gelaufen wie ein Gewaltiger. Ich habe einen Sack um meine Haut genaeht und habe mein Horn in den Staub gelegt. Mein Antlitz ist geschwollen von Weinen, und meine Augenlider sind verdunkelt, wiewohl kein Frevel in meiner Hand ist und mein Gebet ist rein. Ach Erde, bedecke mein Blut nicht! und mein Geschrei finde keine Ruhestaette! Auch siehe da, meine Zeuge ist mein Himmel; und der mich kennt, ist in der Hoehe. Meine Freunde sind meine Spoetter; aber mein Auge traent zu Gott, dass er entscheiden moege zwischen dem Mann und Gott, zwischen dem Menschenkind und seinem Freunde. Denn die bestimmten Jahre sind gekommen, und ich gehe hin des Weges, den ich nicht wiederkommen werde.
Kapitel 17. Mein Odem ist schwach, und meine Tage sind abgekuerzt; das Grab ist da. Fuerwahr, Gespoett umgibt mich, und auf ihrem Hadern muss mein Auge weilen. Sei du selber mein Buerge bei dir; wer will mich sonst vertreten? Denn du hast ihrem Herzen den Verstand verborgen; darum wirst du ihnen den Sieg geben. Es ruehmt wohl einer seinen Freunden die Ausbeute; aber seiner Kinder Augen werden verschmachten. Er hat mich zum Sprichwort unter den Leuten gemacht, und ich muss mir ins Angesicht speien lassen. Mein Auge ist dunkel geworden vor Trauern, und alle meine Glieder sind wie ein Schatten. Darueber werden die Gerechten sich entsetzen, und die Unschuldigen werden sich entruesten gegen die Heuchler. Aber der Gerechte wird seinen Weg behalten; und wer reine Haende hat, wird an Staerke zunehmen. Wohlan, so kehrt euch alle her und kommt; ich werde doch keinen Weisen unter euch finden. Meine Tage sind vergangen; meine Anschlaege sind zerrissen, die mein Herz besessen haben. Sie wollen aus der Nacht Tag machen und aus dem Tage Nacht. Wenn ich gleich lange harre, so ist doch bei den Toten mein Haus, und in der Finsternis ist mein Bett gemacht; Die Verwesung heisse ich meinen Vater und die Wuermer meine Mutter und meine Schwester: was soll ich denn harren? und wer achtet mein Hoffen? Hinunter zu den Toten wird es fahren und wird mit mir in dem Staub liegen.
Kapitel 18. Da antwortete Bildad von Suah und sprach: Wann wollt ihr der Reden ein Ende machen? Merkt doch; darnach wollen wir reden. Warum werden wir geachtet wie Vieh und sind so unrein vor euren Augen? Willst du vor Zorn bersten? Meinst du, dass um deinetwillen die Erde verlassen werde und der Fels von seinem Ort versetzt werde? Und doch wird das Licht der Gottlosen verloeschen, und der Funke seines Feuers wird nicht leuchten. Das Licht wird finster werden in seiner Huette, und seine Leuchte ueber ihm verloeschen. Seine kraeftigen Schritte werden in die Enge kommen, und sein Anschlag wird ihn faellen. Denn er ist mit seinen Fuessen in den Strick gebracht und wandelt im Netz. Der Strick wird seine Ferse halten, und die Schlinge wird ihn erhaschen. Sein Strick ist gelegt in die Erde, und seine Falle auf seinem Gang. Um und um wird ihn schrecken ploetzliche Furcht, dass er nicht weiss, wo er hinaus soll. Hunger wird seine Habe sein, und Unglueck wird ihm bereit sein und anhangen. Die Glieder seines Leibes werden verzehrt werden; seine Glieder wird verzehren der Erstgeborene des Todes. Seine Hoffnung wird aus seiner Huette ausgerottet werden, und es wird ihn treiben zum Koenig des Schreckens. In seiner Huette wird nichts bleiben; ueber seine Staette wird Schwefel gestreut werden. Von unten werden verdorren seine Wurzeln, und von oben abgeschnitten seine Zweige. Sein Gedaechtnis wird vergehen in dem Lande, und er wird keinen Namen haben auf der Gasse. Er wird vom Licht in die Finsternis vertrieben und vom Erdboden verstossen werden. Er wird keine Kinder haben und keine Enkel unter seinem Volk; es wird ihm keiner uebrigbleiben in seinen Guetern. Die nach ihm kommen, werden sich ueber seinen Tag entsetzen; und die vor ihm sind, wird eine Furcht ankommen. Das ist die Wohnung des Ungerechten; und dies ist die Staette des, der Gott nicht achtet.
Kapitel 19. Hiob antwortete und sprach: Wie lange plagt ihr doch meine Seele und peinigt mich mit Worten? Ihr habt mich nun zehnmal gehoehnt und schaemt euch nicht, dass ihr mich also umtreibt. Irre ich, so irre ich mir. Wollt ihr wahrlich euch ueber mich erheben und wollt meine Schmach mir beweisen, so merkt doch nun einmal, dass mir Gott Unrecht tut und hat mich mit seinem Jagdstrick umgeben. Siehe, ob ich schon schreie ueber Frevel, so werde ich doch nicht erhoert; ich rufe, und ist kein Recht da. Er hat meinen Weg verzaeunt, dass ich nicht kann hinuebergehen, und hat Finsternis auf meinen Steig gestellt. Er hat meine Ehre mir ausgezogen und die Krone von meinem Haupt genommen. Er hat mich zerbrochen um und um und laesst mich gehen und hat ausgerissen meine Hoffnung wie einen Baum. Sein Zorn ist ueber mich ergrimmt, und er achtet mich fuer seinen Feind. Seine Kriegsscharen sind miteinander gekommen und haben ihren Weg gegen mich gebahnt und haben sich um meine Huette her gelagert. Er hat meine Brueder fern von mir getan, und meine Verwandten sind mir fremd geworden. Meine Naechsten haben sich entzogen, und meine Freunde haben mein vergessen. Meine Hausgenossen und meine Maegde achten mich fuer fremd; ich bin unbekannt geworden vor ihren Augen. Ich rief meinen Knecht, und er antwortete mir nicht; ich musste ihn anflehen mit eigenem Munde. Mein Odem ist zuwider meinem Weibe, und ich bin ein Ekel den Kindern meines Leibes. Auch die jungen Kinder geben nichts auf mich; wenn ich ihnen widerstehe, so geben sie mir boese Worte. Alle meine Getreuen haben einen Greuel an mir; und die ich liebhatte, haben sich auch gegen mich gekehrt. Mein Gebein hanget an mir an Haut und Fleisch, und ich kann meine Zaehne mit der Haut nicht bedecken. Erbarmt euch mein, erbarmt euch mein, ihr meine Freunde! denn die Hand Gottes hat mich getroffen. Warum verfolgt ihr mich gleich wie Gott und koennt meines Fleisches nicht satt werden? Ach dass meine Reden geschrieben wuerden! ach dass sie in ein Buch gestellt wuerden! mit einem eisernen Griffel auf Blei und zum ewigem Gedaechtnis in Stein gehauen wuerden! Aber ich weiss, dass mein Erloeser lebt; und als der letzte wird er ueber dem Staube sich erheben. Und nachdem diese meine Haut zerschlagen ist, werde ich ohne mein Fleisch Gott sehen. Denselben werde ich mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen, und kein Fremder. Darnach sehnen sich meine Nieren in meinem Schoss. Wenn ihr sprecht: Wie wollen wir ihn verfolgen und eine Sache gegen ihn finden! so fuerchtet euch vor dem Schwert; denn das Schwert ist der Zorn ueber die Missetaten, auf dass ihr wisst, dass ein Gericht sei.
Kapitel 20. Da antwortete Zophar von Naema und sprach: Darauf muss ich antworten und kann nicht harren. Denn ich muss hoeren, wie man mich straft und tadelt; aber der Geist meines Verstandes soll fuer mich antworten. Weisst du nicht, dass es allezeit so gegangen ist, seitdem Menschen auf Erden gewesen sind: dass der Ruhm der Gottlosen steht nicht lange und die Freude des Heuchlers waehrt einen Augenblick? Wenngleich seine Hoehe in den Himmel reicht und sein Haupt an die Wolken ruehrt, so wird er doch zuletzt umkommen wie Kot, dass die, welche ihn gesehen haben, werden sagen: Wo ist er? Wie ein Traum vergeht, so wird er auch nicht zu finden sein, und wie ein Gesicht in der Nacht verschwindet. Welch Auge ihn gesehen hat, wird ihn nicht mehr sehen; und seine Staette wird ihn nicht mehr schauen. Seine Kinder werden betteln gehen, und seine Haende muessen seine Habe wieder hergeben. Seine Gebeine werden seine heimlichen Suenden wohl bezahlen, und sie werden sich mit ihm in die Erde legen. Wenn ihm die Bosheit in seinem Munde wohl schmeckt, dass er sie birgt unter seiner Zunge, dass er sie hegt und nicht loslaesst und sie zurueckhaelt in seinem Gaumen, so wird seine Speise inwendig im Leibe sich verwandeln in Otterngalle. Die Gueter, die er verschlungen hat, muss er wieder ausspeien, und Gott wird sie aus seinem Bauch stossen. Er wird der Ottern Gift saugen, und die Zunge der Schlange wird ihn toeten. Er wird nicht sehen die Stroeme noch die Wasserbaeche, die mit Honig und Butter fliessen. Er wird arbeiten, und des nicht geniessen; und seine Gueter werden andern, dass er deren nicht froh wird. Denn er hat unterdrueckt und verlassen den Armen; er hat Haeuser an sich gerissen, die er nicht erbaut hat. Denn sein Wanst konnte nicht voll werden; so wird er mit seinem koestlichen Gut nicht entrinnen. Nichts blieb uebrig vor seinem Fressen; darum wird sein gutes Leben keinen Bestand haben. Wenn er gleich die Fuelle und genug hat, wird ihm doch angst werden; aller Hand Muehsal wird ueber ihn kommen. Es wird ihm der Wanst einmal voll werden, wenn er wird den Grimm seines Zorns ueber ihn senden und ueber ihn wird regnen lassen seine Speise. Er wird fliehen vor dem eisernen Harnisch, und der eherne Bogen wird ihn verjagen. Ein blosses Schwert wird durch ihn ausgehen; und des Schwertes Blitz, der ihm bitter sein wird, wird mit Schrecken ueber ihn fahren. Es ist keine Finsternis da, die ihn verdecken moechte. Es wird ihn ein Feuer verzehren, das nicht angeblasen ist; und wer uebrig ist in seiner Huette, dem wird's uebel gehen. Der Himmel wird seine Missetat eroeffnen, und die Erde wird sich gegen ihn setzen. Das Getreide in seinem Hause wird weggefuehrt werden, zerstreut am Tage seines Zorns. Das ist der Lohn eines gottlosen Menschen bei Gott und das Erbe, das ihm zugesprochen wird von Gott.
Kapitel 21. Hiob antwortete und sprach: Hoert doch meiner Rede zu und lasst mir das anstatt eurer Troestungen sein! Vertragt mich, dass ich auch rede, und spottet darnach mein! Handle ich denn mit einem Menschen? oder warum sollte ich ungeduldig sein? Kehrt euch her zu mir; ihr werdet erstarren und die Hand auf den Mund legen muessen. Wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern kommt mein Fleisch an. Warum leben denn die Gottlosen, werden alt und nehmen zu an Guetern? Ihr Same ist sicher um sie her, und ihre Nachkoemmlinge sind bei ihnen. Ihr Haus hat Frieden vor der Furcht, und Gottes Rute ist nicht ueber ihnen. Seinen Stier laesst man zu, und es missraet ihm nicht; seine Kuh kalbt und ist nicht unfruchtbar. Ihre jungen Kinder lassen sie ausgehen wie eine Herde, und ihre Knaben huepfen. Sie jauchzen mit Pauken und Harfen und sind froehlich mit Floeten. Sie werden alt bei guten Tagen und erschrecken kaum einen Augenblick vor dem Tode, die doch sagen zu Gott: "Hebe dich von uns, wir wollen von deinen Wegen nicht wissen! Wer ist der Allmaechtige, dass wir ihm dienen sollten? oder was sind wir gebessert, so wir ihn anrufen?" "Aber siehe, ihr Glueck steht nicht in ihren Haenden; darum soll der Gottlosen Sinn ferne von mir sein." Wie oft geschieht's denn, dass die Leuchte der Gottlosen verlischt und ihr Unglueck ueber sie kommt? dass er Herzeleid ueber sie austeilt in seinem Zorn? dass sie werden wie Stoppeln vor dem Winde und wie Spreu, die der Sturmwind wegfuehrt? "Gott spart desselben Unglueck auf seine Kinder". Er vergelte es ihm selbst, dass er's innewerde. Seine Augen moegen sein Verderben sehen, und vom Grimm des Allmaechtigen moege er trinken. Denn was ist ihm gelegen an seinem Hause nach ihm, wenn die Zahl seiner Monden ihm zugeteilt ist? Wer will Gott lehren, der auch die Hohen richtet? Dieser stirbt frisch und gesund in allem Reichtum und voller Genuege, sein Melkfass ist voll Milch, und seine Gebeine werden gemaestet mit Mark; jener aber stirbt mit betruebter Seele und hat nie mit Freuden gegessen; und liegen gleich miteinander in der Erde, und Wuermer decken sie zu. Siehe, ich kenne eure Gedanken wohl und euer frevles Vornehmen gegen mich. Denn ihr sprecht: "Wo ist das Haus des Fuersten? und wo ist die Huette, da die Gottlosen wohnten?" Habt ihr denn die Wanderer nicht befragt und nicht gemerkt ihre Zeugnisse? Denn der Boese wird erhalten am Tage des Verderbens, und am Tage des Grimms bleibt er. Wer will ihm ins Angesicht sagen, was er verdient? wer will ihm vergelten, was er tut? Und er wird zu Grabe geleitet und haelt Wache auf seinem Huegel. Suess sind ihm die Schollen des Tales, und alle Menschen ziehen ihm nach; und derer, die ihm vorangegangen sind, ist keine Zahl. Wie troestet ihr mich so vergeblich, und eure Antworten finden sich unrecht!
Kapitel 22. Da antwortete Eliphas von Theman und sprach: Kann denn ein Mann Gottes etwas nuetzen? Nur sich selber nuetzt ein Kluger. Meinst du, dem Allmaechtigen liege daran, dass du gerecht seist? Was hilft's ihm, wenn deine Wege ohne Tadel sind? Meinst du wegen deiner Gottesfurcht strafe er dich und gehe mit dir ins Gericht? Nein, deine Bosheit ist zu gross, und deiner Missetaten ist kein Ende. Du hast etwa deinem Bruder ein Pfand genommen ohne Ursache; du hast den Nackten die Kleider ausgezogen; du hast die Mueden nicht getraenkt mit Wasser und hast dem Hungrigen dein Brot versagt; du hast Gewalt im Lande geuebt und praechtig darin gegessen; die Witwen hast du leer lassen gehen und die Arme der Waisen zerbrochen. Darum bist du mit Stricken umgeben, und Furcht hat dich ploetzlich erschreckt. Solltest du denn nicht die Finsternis sehen und die Wasserflut, die dich bedeckt? Ist nicht Gott hoch droben im Himmel? Siehe, die Sterne an droben in der Hoehe! Und du sprichst: "Was weiss Gott? Sollte er, was im Dunkeln ist, richten koennen? Die Wolken sind die Vordecke, und er sieht nicht; er wandelt im Umkreis des Himmels." Achtest du wohl auf den Weg, darin vorzeiten die Ungerechten gegangen sind? die vergangen sind, ehe denn es Zeit war, und das Wasser hat ihren Grund weggewaschen; die zu Gott sprachen: "Hebe dich von uns! was sollte der Allmaechtige uns tun koennen?" so er doch ihr Haus mit Guetern fuellte. Aber der Gottlosen Rat sei ferne von mir. Die Gerechten werden es sehen und sich freuen, und der Unschuldige wird ihrer spotten: "Fuerwahr, unser Widersacher ist verschwunden; und sein Uebriggelassenes hat das Feuer verzehrt." So vertrage dich nun mit ihm und habe Frieden; daraus wird dir viel Gutes kommen. Hoere das Gesetz von seinem Munde und fasse seine Reden in dein Herz. Wirst du dich bekehren zu dem Allmaechtigen, so wirst du aufgebaut werden. Tue nur Unrecht ferne hinweg von deiner Huette und wirf in den Staub dein Gold und zu den Steinen der Baeche das Ophirgold, so wird der Allmaechtige dein Gold sein und wie Silber, das dir zugehaeuft wird. Dann wirst du Lust haben an dem Allmaechtigen und dein Antlitz zu Gott aufheben. So wirst du ihn bitten, und er wird dich hoeren, und wirst dein Geluebde bezahlen. Was du wirst vornehmen, wird er dir lassen gelingen; und das Licht wird auf deinem Wege scheinen. Denn die sich demuetigen, die erhoeht er; und wer seine Augen niederschlaegt, der wird genesen. Auch der nicht unschuldig war wird errettet werden; er wird aber errettet um deiner Haende Reinigkeit willen.
Kapitel 23. Hiob antwortete und sprach: Meine Rede bleibt noch betruebt; meine Macht ist schwach ueber meinem Seufzen. Ach dass ich wuesste, wie ich ihn finden und zu seinem Stuhl kommen moechte und das Recht vor ihm sollte vorlegen und den Mund voll Verantwortung fassen und erfahren die Reden, die er mir antworten, und vernehmen, was er mir sagen wuerde! Will er mit grosser Macht mit mir rechten? Er stelle sich nicht so gegen mich, sondern lege mir's gleich vor, so will ich mein Recht wohl gewinnen. Aber ich gehe nun stracks vor mich, so ist er nicht da; gehe ich zurueck, so spuere ich ihn nicht; ist er zur Linken, so schaue ich ihn nicht; verbirgt er sich zur Rechten, so sehe ich ihn nicht. Er aber kennt meinen Weg wohl. Er versuche mich, so will ich erfunden werden wie das Gold. Denn ich setze meinen Fuss auf seine Bahn und halte seinen Weg und weiche nicht ab und trete nicht von dem Gebot seiner Lippen und bewahre die Rede seines Mundes mehr denn mein eigen Gesetz. Doch er ist einig; wer will ihm wehren? Und er macht's wie er will. Denn er wird vollfuehren, was mir bestimmt ist, und hat noch viel dergleichen im Sinne. Darum erschrecke ich vor ihm; und wenn ich's bedenke, so fuerchte ich mich vor ihm. Gott hat mein Herz bloede gemacht, und der Allmaechtige hat mich erschreckt. Denn die Finsternis macht kein Ende mit mir, und das Dunkel will vor mir nicht verdeckt werden.
Kapitel 24. Warum sind von dem Allmaechtigen nicht Zeiten vorbehalten, und warum sehen, die ihn kennen, seine Tage nicht? Man verrueckt die Grenzen, raubt die Herde und weidet sie. Sie treiben der Waisen Esel weg und nehmen der Witwe Ochsen zum Pfande. Die Armen muessen ihnen weichen, und die Duerftigen im Lande muessen sich verkriechen. Siehe, wie Wildesel in der Wueste gehen sie hinaus an ihr Werk und suchen Nahrung; die Einoede gibt ihnen Speise fuer ihre Kinder. Sie ernten auf dem Acker, was er traegt, und lesen den Weinberg des Gottlosen. Sie liegen in der Nacht nackt ohne Gewand und haben keine Decke im Frost. Sie muessen sich zu den Felsen halten, wenn ein Platzregen von den Bergen auf sie giesst, weil sie sonst keine Zuflucht haben. Man reisst das Kind von den Bruesten und macht's zum Waisen und macht die Leute arm mit Pfaenden. Den Nackten lassen sie ohne Kleider gehen, und den Hungrigen nehmen sie die Garben. Sie zwingen sie, Oel zu machen auf ihrer Muehle und ihre Kelter zu treten, und lassen sie doch Durst leiden. Sie machen die Leute in der Stadt seufzend und die Seele der Erschlagenen schreiend, und Gott stuerzt sie nicht. Jene sind abtruennig geworden vom Licht und kennen seinen Weg nicht und kehren nicht wieder zu seiner Strasse. Wenn der Tag anbricht, steht auf der Moerder und erwuergt den Armen und Duerftigen; und des Nachts ist er wie ein Dieb. Das Auge des Ehebrechers hat acht auf das Dunkel, und er spricht: "Mich sieht kein Auge", und verdeckt sein Antlitz. Im Finstern bricht man in die Haeuser ein; des Tages verbergen sie sich miteinander und scheuen das Licht. Denn wie wenn der Morgen kaeme, ist ihnen allen die Finsternis; denn sie sind bekannt mit den Schrecken der Finsternis. "Er faehrt leicht wie auf einem Wasser dahin; seine Habe wird gering im Lande, und er baut seinen Weinberg nicht. Der Tod nimmt weg, die da suendigen, wie die Hitze und Duerre das Schneewasser verzehrt. Der Mutterschoss vergisst sein; die Wuermer haben ihre Lust an ihm. Sein wird nicht mehr gedacht; er wird zerbrochen wie ein fauler Baum, er, der beleidigt hat die Einsame, die nicht gebiert, und hat der Witwe kein Gutes getan." Aber Gott erhaelt die Maechtigen durch seine Kraft, dass sie wieder aufstehen, wenn sie am Leben verzweifelten. Er gibt ihnen, dass sie sicher seien und eine Stuetze haben; und seine Augen sind ueber ihren Wegen. Sie sind hoch erhoeht, und ueber ein kleines sind sie nicht mehr; sinken sie hin, so werden sie weggerafft wie alle andern, und wie das Haupt auf den Aehren werden sie abgeschnitten. Ist's nicht also? Wohlan, wer will mich Luegen strafen und bewaehren, dass meine Rede nichts sei?
Kapitel 25. Da antwortete Bildad von Suah und sprach: Ist nicht Herrschaft und Schrecken bei ihm, der Frieden macht unter seinen Hoechsten? Wer will seine Kriegsscharen zaehlen? und ueber wen geht nicht auf sein Licht? Und wie kann ein Mensch gerecht vor Gott sein? und wie kann rein sein eines Weibes Kind? Siehe, auch der Mond scheint nicht helle, und die Sterne sind nicht rein vor seinen Augen: wie viel weniger ein Mensch, die Made, und ein Menschenkind, der Wurm!
Kapitel 26. Hiob antwortete und sprach: Wie stehest du dem bei, der keine Kraft hat, hilfst dem, der keine Staerke in den Armen hat! Wie gibst du Rat dem, der keine Weisheit hat, und tust kund Verstandes die Fuelle! Zu wem redest du? und wes Odem geht von dir aus? Die Toten aengsten sich tief unter den Wassern und denen, die darin wohnen. Das Grab ist aufgedeckt vor ihm, und der Abgrund hat keine Decke. Er breitet aus die Mitternacht ueber das Leere und haengt die Erde an nichts. Er fasst das Wasser zusammen in seine Wolken, und die Wolken zerreissen darunter nicht. Er verhuellt seinen Stuhl und breitet seine Wolken davor. Er hat um das Wasser ein Ziel gesetzt, bis wo Licht und Finsternis sich scheiden. Die Saeulen des Himmels zittern und entsetzen sich vor seinem Schelten. Von seiner Kraft wird das Meer ploetzlich ungestuem, und durch seinen Verstand zerschmettert er Rahab. Am Himmel wird's schoen durch seinen Wind, und seine Hand durchbohrt die fluechtige Schlange. Siehe, also geht sein Tun, und nur ein geringes Woertlein davon haben wir vernommen. Wer will aber den Donner seiner Macht verstehen?
Kapitel 27. Und Hiob fuhr fort und hob an seine Sprueche und sprach: So wahr Gott lebt, der mir mein Recht weigert, und der Allmaechtige, der meine Seele betruebt; solange mein Odem in mir ist und der Hauch von Gott in meiner Nase ist: meine Lippen sollen nichts Unrechtes reden, und meine Zunge soll keinen Betrug sagen. Das sei ferne von mir, dass ich euch recht gebe; bis dass mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Unschuld. Von meiner Gerechtigkeit, die ich habe, will ich nicht lassen; mein Gewissen beisst mich nicht meines ganzen Lebens halben. Aber mein Feind muesse erfunden werden als ein Gottloser, und der sich wider mich auflehnt, als ein Ungerechter. Denn was ist die Hoffnung des Heuchlers, wenn Gott ein Ende mit ihm macht und seine Seele hinreisst? Meinst du das Gott sein Schreien hoeren wird, wenn die Angst ueber ihn kommt? Oder kann er an dem Allmaechtigen seine Lust haben und Gott allezeit anrufen? Ich will euch lehren von der Hand Gottes; und was bei dem Allmaechtigen gilt, will ich nicht verhehlen. Siehe, ihr haltet euch alle fuer klug; warum bringt ihr denn solch unnuetze Dinge vor? Das ist der Lohn eines gottlosen Menschen bei Gott und das Erbe der Tyrannen, das sie von dem Allmaechtigen nehmen werden: wird er viele Kinder haben, so werden sie des Schwertes sein; und seine Nachkoemmlinge werden des Brots nicht satt haben. Die ihm uebrigblieben, wird die Seuche ins Grab bringen; und seine Witwen werden nicht weinen. Wenn er Geld zusammenbringt wie Staub und sammelt Kleider wie Lehm, so wird er es wohl bereiten; aber der Gerechte wird es anziehen, und der Unschuldige wird das Geld austeilen. Er baut sein Haus wie eine Spinne, und wie ein Waechter seine Huette macht. Der Reiche, wenn er sich legt, wird er's nicht mitraffen; er wird seine Augen auftun, und da wird nichts sein. Es wird ihn Schrecken ueberfallen wie Wasser; des Nachts wird ihn das Ungewitter wegnehmen. Der Ostwind wird ihn wegfuehren, dass er dahinfaehrt; und Ungestuem wird ihn von seinem Ort treiben. Er wird solches ueber ihn fuehren und wird sein nicht schonen; vor seiner Hand muss er fliehen und wieder fliehen. Man wird ueber ihn mit den Haenden klatschen und ueber ihn zischen, wo er gewesen ist.
Kapitel 28. Es hat das Silber seine Gaenge, und das Gold, das man laeutert seinen Ort. Eisen bringt man aus der Erde, und aus den Steinen schmelzt man Erz. Man macht der Finsternis ein Ende und findet zuletzt das Gestein tief verborgen. Man bricht einen Schacht von da aus, wo man wohnt; darin hangen und schweben sie als die Vergessenen, da kein Fuss hin tritt, fern von den Menschen. Man zerwuehlt unten die Erde wie mit Feuer, darauf doch oben die Speise waechst. Man findet Saphir an etlichen Orten, und Erdenkloesse, da Gold ist. Den Steig kein Adler erkannt hat und kein Geiersauge gesehen; es hat das stolze Wild nicht darauf getreten und ist kein Loewe darauf gegangen. Auch legt man die Hand an die Felsen und graebt die Berge um. Man reisst Baeche aus den Felsen; und alles, was koestlich ist, sieht das Auge. Man wehrt dem Strome des Wassers und bringt, das darinnen verborgen ist, ans Licht. Wo will man aber die Weisheit finden? und wo ist die Staette des Verstandes? Niemand weiss, wo sie liegt, und sie wird nicht gefunden im Lande der Lebendigen. Die Tiefe spricht: "Sie ist in mir nicht"; und das Meer spricht: "Sie ist nicht bei mir". Man kann nicht Gold um sie geben noch Silber darwaegen, sie zu bezahlen. Es gilt ihr nicht gleich ophirisch Gold oder koestlicher Onyx und Saphir. Gold und Glas kann man ihr nicht vergleichen noch um sie golden Kleinod wechseln. Korallen und Kristall achtet man gegen sie nicht. Die Weisheit ist hoeher zu waegen denn Perlen. Topaz aus dem Mohrenland wird ihr nicht gleich geschaetzt, und das reinste Gold gilt ihr nicht gleich. Woher kommt denn die Weisheit? und wo ist die Staette des Verstandes? Sie ist verhohlen vor den Augen aller Lebendigen, auch den Voegeln unter dem Himmel. Der Abgrund und der Tod sprechen: "Wir haben mit unsern Ohren ihr Geruecht gehoert." Gott weiss den Weg dazu und kennt ihre Staette. Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist. Da er dem Winde sein Gewicht machte und setzte dem Wasser sein gewisses Mass; da er dem Regen ein Ziel machte und dem Blitz und Donner den Weg: da sah er sie und verkuendigte sie, bereitete sie und ergruendete sie und sprach zu den Menschen: Siehe, die Furcht des HERRN, das ist Weisheit; und meiden das Boese, das ist Verstand.
Kapitel 29. Und Hiob hob abermals an seine Sprueche und sprach: O dass ich waere wie in den vorigen Monden, in den Tagen, da mich Gott behuetete; da seine Leuchte ueber meinem Haupt schien und ich bei seinem Licht in der Finsternis ging; wie war ich in der Reife meines Lebens, da Gottes Geheimnis ueber meiner Huette war; da der Allmaechtige noch mit mir war und meine Kinder um mich her; da ich meine Tritte wusch in Butter und die Felsen mir Oelbaeche gossen; da ich ausging zum Tor in der Stadt und mir liess meinen Stuhl auf der Gasse bereiten; da mich die Jungen sahen und sich versteckten, und die Alten vor mir aufstanden; da die Obersten aufhoerten zu reden und legten ihre Hand auf ihren Mund; da die Stimme der Fuersten sich verkroch und ihre Zunge am Gaumen klebte! Denn wessen Ohr mich hoerte, der pries mich selig; und wessen Auge mich sah, der ruehmte mich. Denn ich errettete den Armen, der da schrie, und den Waisen, der keinen Helfer hatte. Der Segen des, der verderben sollte, kam ueber mich; und ich erfreute das Herz der Witwe. Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog wie einen Rock; und mein Recht war mein fuerstlicher Hut. Ich war des Blinden Auge und des Lahmen Fuss. Ich war ein Vater der Armen; und die Sache des, den ich nicht kannte, die erforschte ich. Ich zerbrach die Backenzaehne des Ungerechten und riss den Raub aus seinen Zaehnen. Ich gedachte: "Ich will in meinem Nest ersterben und meiner Tage viel machen wie Sand." Meine Wurzel war aufgetan dem Wasser, und der Tau blieb ueber meinen Zweigen. Meine Herrlichkeit erneute sich immer an mir, und mein Bogen ward immer staerker in meiner Hand. Sie hoerten mir zu und schwiegen und warteten auf meinen Rat. Nach meinen Worten redete niemand mehr, und meine Rede troff auf sie. Sie warteten auf mich wie auf den Regen und sperrten ihren Mund auf als nach dem Spaetregen. Wenn ich mit ihnen lachte, wurden sie nicht zu kuehn darauf; und das Licht meines Angesichts machte mich nicht geringer. Wenn ich zu ihrem Geschaeft wollte kommen, so musste ich obenan sitzen und wohnte wie ein Koenig unter Kriegsknechten, da ich troestete, die Leid trugen.
Kapitel 30. Nun aber lachen sie mein, die juenger sind denn ich, deren Vaeter ich verachtet haette, sie zu stellen unter meine Schafhunde; deren Vermoegen ich fuer nichts hielt; die nicht zum Alter kommen konnten; die vor Hunger und Kummer einsam flohen in die Einoede, neulich verdarben und elend wurden; die da Nesseln ausraufen um die Buesche, und Ginsterwurzel ist ihre Speise; aus der Menschen Mitte werden sie weggetrieben, man schreit ueber sie wie ueber einen Dieb; in grausigen Taelern wohnen sie, in den Loechern der Erde und Steinritzen; zwischen den Bueschen rufen sie, und unter den Disteln sammeln sie sich: die Kinder gottloser und verachteter Leute, die man aus dem Lande weggetrieben. Nun bin ich ihr Spottlied geworden und muss ihr Maerlein sein. Sie haben einen Greuel an mir und machen sich ferne von mir und scheuen sich nicht, vor meinem Angesicht zu speien. Sie haben ihr Seil geloest und mich zunichte gemacht und ihren Zaum vor mir abgetan. Zur Rechten haben sich Buben wider mich gesetzt und haben meinen Fuss ausgestossen und haben wider mich einen Weg gemacht, mich zu verderben. Sie haben meine Steige zerbrochen; es war ihnen so leicht, mich zu beschaedigen, dass sie keiner Hilfe dazu bedurften. Sie sind gekommen wie zu einer weiten Luecke der Mauer herein und sind ohne Ordnung dahergefallen. Schrecken hat sich gegen mich gekehrt und hat verfolgt wie der Wind meine Herrlichkeit; und wie eine Wolke zog vorueber mein glueckseliger Stand. Nun aber giesst sich aus meine Seele ueber mich, und mich hat ergriffen die elende Zeit. Des Nachts wird mein Gebein durchbohrt allenthalben; und die mich nagen, legen sich nicht schlafen. Mit grosser Gewalt werde ich anders und anders gekleidet, und ich werde damit umguertet wie mit einem Rock. Man hat mich in den Kot getreten und gleich geachtet dem Staub und der Asche. Schreie ich zu dir, so antwortest du mir nicht; trete ich hervor, so achtest du nicht auf mich. Du hast mich verwandelt in einen Grausamen und zeigst an mit der Staerke deiner Hand, dass du mir gram bist. Du hebst mich auf und laessest mich auf dem Winde fahren und zerschmelzest mich kraeftig. Denn ich weiss du wirst mich dem Tod ueberantworten; da ist das bestimmte Haus aller Lebendigen. Aber wird einer nicht die Hand ausstrecken unter Truemmern und nicht schreien vor seinem Verderben? Ich weinte ja ueber den, der harte Zeit hatte; und meine Seele jammerte der Armen. Ich wartete des Guten, und es kommt das Boese; ich hoffte aufs Licht, und es kommt Finsternis. Meine Eingeweide sieden und hoeren nicht auf; mich hat ueberfallen die elende Zeit. Ich gehe schwarz einher, und brennt mich doch die Sonne nicht; ich stehe auf in der Gemeinde und schreie. Ich bin ein Bruder der Schakale und ein Geselle der Strausse. Meine Haut ueber mir ist schwarz geworden, und meine Gebeine sind verdorrt vor Hitze. Meine Harfe ist eine Klage geworden und meine Floete ein Weinen.
Kapitel 31. Ich habe einen Bund gemacht mit meinen Augen, dass ich nicht achtete auf eine Jungfrau. Was gaebe mir Gott sonst als Teil von oben und was fuer ein Erbe der Allmaechtige in der Hoehe? Wird nicht der Ungerechte Unglueck haben und ein Uebeltaeter verstossen werden? Sieht er nicht meine Wege und zaehlt alle meine Gaenge? Habe ich gewandelt in Eitelkeit, oder hat mein Fuss geeilt zum Betrug? So waege man mich auf der rechten Waage, so wird Gott erfahren meine Unschuld. Ist mein Gang gewichen aus dem Wege und mein Herz meinen Augen nachgefolgt und klebt ein Flecken an meinen Haenden, so muesse ich saeen, und ein andrer esse es; und mein Geschlecht muesse ausgewurzelt werden. Hat sich mein Herz lassen reizen zum Weibe und habe ich an meines Naechsten Tuer gelauert, so muesse mein Weib von einem andern geschaendet werden, und andere muessen bei ihr liegen; denn das ist ein Frevel und eine Missetat fuer die Richter. Denn das waere ein Feuer, das bis in den Abgrund verzehrte und all mein Einkommen auswurzelte. Hab ich verachtet das Recht meines Knechtes oder meiner Magd, wenn sie eine Sache wider mich hatten? Was wollte ich tun, wenn Gott sich aufmachte, und was wuerde ich antworten, wenn er heimsuchte? Hat ihn nicht auch der gemacht, der mich in Mutterleibe machte, und hat ihn im Schosse ebensowohl bereitet? Habe ich den Duerftigen ihr Begehren versagt und die Augen der Witwe lassen verschmachten? Hab ich meinen Bissen allein gegessen, und hat nicht der Waise auch davon gegessen? Denn ich habe mich von Jugend auf gehalten wie ein Vater, und von meiner Mutter Leib an habe ich gerne getroestet. Hab ich jemand sehen umkommen, dass er kein Kleid hatte, und den Armen ohne Decke gehen lassen? Haben mich nicht gesegnet seine Lenden, da er von den Fellen meiner Laemmer erwaermt ward? Hab ich meine Hand an den Waisen gelegt, weil ich sah, dass ich im Tor Helfer hatte? So falle meine Schulter von der Achsel, und mein Arm breche von der Roehre. Denn ich fuerchte Gottes Strafe ueber mich und koennte seine Last nicht ertragen. Hab ich das Gold zu meiner Zuversicht gemacht und zu dem Goldklumpen gesagt: "Mein Trost"? Hab ich mich gefreut, dass ich grosses Gut hatte und meine Hand allerlei erworben hatte? Hab ich das Licht angesehen, wenn es hell leuchtete, und den Mond, wenn er voll ging, dass ich mein Herz heimlich beredet haette, ihnen Kuesse zuzuwerfen mit meiner Hand? was auch eine Missetat ist vor den Richtern; denn damit haette ich verleugnet Gott in der Hoehe. Hab ich mich gefreut, wenn's meinem Feind uebel ging, und habe mich ueberhoben, darum dass ihn Unglueck betreten hatte? Denn ich liess meinen Mund nicht suendigen, dass ich verwuenschte mit einem Fluch seine Seele. Haben nicht die Maenner in meiner Huette muessen sagen: "Wo ist einer, der von seinem Fleisch nicht waere gesaettigt worden?" Draussen musste der Gast nicht bleiben, sondern meine Tuer tat ich dem Wanderer auf. Hab ich meine Uebertretungen nach Menschenweise zugedeckt, dass ich heimlich meine Missetat verbarg? Habe ich mir grauen lassen vor der grossen Menge, und hat die Verachtung der Freundschaften mich abgeschreckt, dass ich stille blieb und nicht zur Tuer ausging? O haette ich einen, der mich anhoert! Siehe, meine Unterschrift, der Allmaechtige antworte mir!, und siehe die Schrift, die mein Verklaeger geschrieben! Wahrlich, dann wollte ich sie auf meine Achsel nehmen und mir wie eine Krone umbinden; ich wollte alle meine Schritte ihm ansagen und wie ein Fuerst zu ihm nahen. Wird mein Land gegen mich schreien und werden miteinander seine Furchen weinen; hab ich seine Fruechte unbezahlt gegessen und das Leben der Ackerleute sauer gemacht: so moegen mir Disteln wachsen fuer Weizen und Dornen fuer Gerste. Die Worte Hiobs haben ein Ende.
Kapitel 32. Da hoerten die drei Maenner auf, Hiob zu antworten, weil er sich fuer gerecht hielt. Aber Elihu, der Sohn Baracheels von Bus, des Geschlechts Rams, ward zornig ueber Hiob, dass er seine Seele gerechter hielt denn Gott. Auch ward er zornig ueber seine drei Freunde, dass sie keine Antwort fanden und doch Hiob verdammten. Denn Elihu hatte geharrt, bis dass sie mit Hiob geredet hatten, weil sie aelter waren als er. Darum, da er sah, dass keine Antwort war im Munde der drei Maenner, ward er zornig. Und so antwortete Elihu, der Sohn Baracheels von Bus, und sprach: Ich bin jung, ihr aber seid alt; darum habe ich mich gescheut und gefuerchtet, mein Wissen euch kundzutun. Ich dachte: Lass das Alter reden, und die Menge der Jahre lass Weisheit beweisen. Aber der Geist ist in den Leuten und der Odem des Allmaechtigen, der sie verstaendig macht. Die Grossen sind nicht immer die Weisesten, und die Alten verstehen nicht das Recht. Darum will ich auch reden; hoere mir zu. Ich will mein Wissen auch kundtun. Siehe, ich habe geharrt auf das, was ihr geredet habt; ich habe aufgemerkt auf eure Einsicht, bis ihr traefet die rechte Rede, und ich habe achtgehabt auf euch. Aber siehe, da ist keiner unter euch, der Hiob zurechtweise oder seiner Rede antworte. Sagt nur nicht: "Wir haben Weisheit getroffen; Gott muss ihn schlagen, kein Mensch." Gegen mich hat er seine Worte nicht gerichtet, und mit euren Reden will ich ihm nicht antworten. Ach! sie sind verzagt, koennen nicht mehr antworten; sie koennen nicht mehr reden. Weil ich denn geharrt habe, und sie konnten nicht reden (denn sie stehen still und antworten nicht mehr), will ich auch mein Teil antworten und will mein Wissen kundtun. Denn ich bin der Reden so voll, dass mich der Odem in meinem Innern aengstet. Siehe, mein Inneres ist wie der Most, der zugestopft ist, der die neuen Schlaeuche zerreisst. Ich muss reden, dass ich mir Luft mache; ich muss meine Lippen auftun und antworten. Ich will niemands Person ansehen und will keinem Menschen schmeicheln. Denn ich weiss nicht zu schmeicheln; leicht wuerde mich sonst mein Schoepfer dahinraffen.
Kapitel 33. Hoere doch, Hiob, meine Rede und merke auf alle meine Worte! Siehe, ich tue meinen Mund auf, und meine Zunge redet in meinem Munde. Mein Herz soll recht reden, und meine Lippen sollen den reinen Verstand sagen. Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmaechtigen hat mir das Leben gegeben. Kannst du, so antworte mir; rueste dich gegen mich und stelle dich. Siehe, ich bin Gottes ebensowohl als du, und aus Lehm bin ich auch gemacht. Siehe, du darfst vor mir nicht erschrecken, und meine Hand soll dir nicht zu schwer sein. Du hast geredet vor meinen Ohren; die Stimme deiner Reden musste ich hoeren: "Ich bin rein, ohne Missetat, unschuldig und habe keine Suende; siehe, er hat eine Sache gegen mich gefunden, er achtet mich fuer einen Feind; er hat meinen Fuss in den Stock gelegt und hat acht auf alle meine Wege." Siehe, darin hast du nicht recht, muss ich dir antworten; denn Gott ist mehr als ein Mensch. Warum willst du mit ihm zanken, dass er dir nicht Rechenschaft gibt alles seines Tuns? Denn in einer Weise redet Gott und wieder in einer anderen, nur achtet man's nicht. Im Traum, im Nachtgesicht, wenn der Schlaf auf die Leute faellt, wenn sie schlafen auf dem Bette, da oeffnet er das Ohr der Leute und schreckt sie und zuechtigt sie, dass er den Menschen von seinem Vornehmen wende und behuete ihn vor Hoffart und verschone seine Seele vor dem Verderben und sein Leben, dass es nicht ins Schwert falle. Auch straft er ihn mit Schmerzen auf seinem Bette und alle seinen Gebeine heftig und richtet ihm sein Leben so zu, dass ihm vor seiner Speise ekelt, und seine Seele, dass sie nicht Lust zu essen hat. Sein Fleisch verschwindet, dass man's nimmer sehen kann; und seine Gebeine werden zerschlagen, dass man sie nicht gerne ansieht, dass seine Seele naht zum Verderben und sein Leben zu den Toten. So dann fuer ihn ein Engel als Mittler eintritt, einer aus tausend, zu verkuendigen dem Menschen, wie er solle recht tun, so wird er ihm gnaedig sein und sagen: "Erloese ihn, dass er nicht hinunterfahre ins Verderben; denn ich habe eine Versoehnung gefunden." Sein Fleisch wird wieder gruenen wie in der Jugend, und er wird wieder jung werden. Er wird Gott bitten; der wird ihm Gnade erzeigen und wird ihn sein Antlitz sehen lassen mit Freuden und wird dem Menschen nach seiner Gerechtigkeit vergelten. Er wird vor den Leuten bekennen und sagen: "Ich hatte gesuendigt und das Recht verkehrt; aber es ist mir nicht vergolten worden. Er hat meine Seele erloest, dass sie nicht fuehre ins Verderben, sondern mein Leben das Licht saehe." Siehe, das alles tut Gott zwei-oder dreimal mit einem jeglichen, dass er seine Seele zurueckhole aus dem Verderben und erleuchte ihn mit dem Licht der Lebendigen. Merke auf, Hiob, und hoere mir zu und schweige, dass ich rede! Hast du aber was zu sagen, so antworte mir; Sage an! ich wollte dich gerne rechtfertigen. Hast du aber nichts, so hoere mir zu und schweige; ich will dich die Weisheit lehren.
Kapitel 34. Und es hob an Elihu und sprach: Hoert, ihr Weisen, meine Rede, und ihr Verstaendigen, merkt auf mich! Denn das Ohr prueft die Rede, und der Mund schmeckt die Speise. Lasst uns ein Urteil finden, dass wir erkennen unter uns, was gut sei. Denn Hiob hat gesagt: "Ich bin gerecht, und Gott weigert mir mein Recht; ich muss luegen, ob ich wohl recht habe, und bin gequaelt von meinen Pfeilen, ob ich wohl nichts verschuldet habe." Wer ist ein solcher Hiob, der da Spoetterei trinkt wie Wasser und auf dem Wege geht mit den Uebeltaetern und wandelt mit gottlosen Leuten? Denn er hat gesagt: "Wenn jemand schon fromm ist, so gilt er doch nichts bei Gott." Darum hoert mir zu, ihr weisen Leute: Es sei ferne, dass Gott sollte gottlos handeln und der Allmaechtige ungerecht; sondern er vergilt dem Menschen, darnach er verdient hat, und trifft einen jeglichen nach seinem Tun. Ohne zweifel, Gott verdammt niemand mit Unrecht, und der Allmaechtige beugt das Recht nicht. Wer hat, was auf Erden ist, verordnet, und wer hat den ganzen Erdboden gesetzt? So er nun an sich daechte, seinen Geist und Odem an sich zoege, so wuerde alles Fleisch miteinander vergehen, und der Mensch wuerde wieder zu Staub werden. Hast du nun Verstand, so hoere das und merke auf die Stimme meiner Reden. Kann auch, der das Recht hasst regieren? Oder willst du den, der gerecht und maechtig ist, verdammen? Sollte einer zum Koenig sagen: "Du heilloser Mann!" und zu den Fuersten: "Ihr Gottlosen!"? Und er sieht nicht an die Person der Fuersten und kennt den Herrlichen nicht mehr als den Armen; denn sie sind alle seiner Haende Werk. Ploetzlich muessen die Leute sterben und zu Mitternacht erschrecken und vergehen; die Maechtigen werden weggenommen nicht durch Menschenhand. Denn seine Augen sehen auf eines jeglichen Wege, und er schaut alle ihre Gaenge. Es ist keine Finsternis noch Dunkel, dass sich da moechten verbergen die Uebeltaeter. Denn er darf auf den Menschen nicht erst lange achten, dass er vor Gott ins Gericht komme. Er bringt die Stolzen um, ohne erst zu forschen, und stellt andere an ihre Statt: darum dass er kennt ihre Werke und kehrt sie um des Nachts, dass sie zerschlagen werden. Er straft sie ab wie die Gottlosen an einem Ort, da man es sieht: darum dass sie von ihm weggewichen sind und verstanden seiner Wege keinen, dass das Schreien der Armen musste vor ihn kommen und er das Schreien der Elenden hoerte. Wenn er Frieden gibt, wer will verdammen? und wenn er das Antlitz verbirgt, wer will ihn schauen unter den Voelkern und Leuten allzumal? Denn er laesst nicht ueber sie regieren einen Heuchler, das Volk zu draengen. Denn zu Gott muss man sagen: "Ich habe gebuesst, ich will nicht uebel tun. Habe ich's nicht getroffen, so lehre du mich's besser; habe ich Unrecht gehandelt, ich will's nicht mehr tun." Soll er nach deinem Sinn vergelten? Denn du verwirfst alles; du hast zu waehlen, und nicht ich. Weisst du nun was, so sage an. Verstaendige Leute werden zu mir sagen und ein weiser Mann, der mir zuhoert: "Hiob redet mit Unverstand, und seine Worte sind nicht klug." O, dass Hiob versucht wuerde bis ans Ende! darum dass er sich zu ungerechten Leuten kehrt. Denn er hat ueber seine Suende noch gelaestert; er treibt Spott unter uns und macht seiner Reden viel wider Gott.
Kapitel 35. Und es hob an Elihu und sprach: Achtest du das fuer Recht, dass du sprichst: "Ich bin gerechter denn Gott"? Denn du sprichst: "Wer gilt bei dir etwas? Was hilft es, ob ich nicht suendige?" Ich will dir antworten ein Wort und deinen Freunden mit dir. Schaue gen Himmel und siehe; und schau an die Wolken, dass sie dir zu hoch sind. Suendigst du, was kannst du ihm Schaden? Und ob deiner Missetaten viel ist, was kannst du ihm tun? Und ob du gerecht seist, was kannst du ihm geben, oder was wird er von deinen Haenden nehmen? Einem Menschen, wie du bist, mag wohl etwas tun deine Bosheit, und einem Menschenkind deine Gerechtigkeit. Man schreit, dass viel Gewalt geschieht, und ruft ueber den Arm der Grossen; aber man fragt nicht: "Wo ist Gott, mein Schoepfer, der Lobgesaenge gibt in der Nacht, der uns klueger macht denn das Vieh auf Erden und weiser denn die Voegel unter dem Himmel?" Da schreien sie ueber den Hochmut der Boesen, und er wird sie nicht erhoeren. Denn Gott wird das Eitle nicht erhoeren, und der Allmaechtige wird es nicht ansehen. Nun sprichst du gar, du wirst ihn nicht sehen. Aber es ist ein Gericht vor ihm, harre sein nur! ob auch sein Zorn so bald nicht heimsucht und er sich's nicht annimmt, dass so viel Laster da sind. Darum hat Hiob seinen Mund umsonst aufgesperrt und gibt stolzes Gerede vor mit Unverstand.
Kapitel 36. Elihu redet weiter und sprach: Harre mir noch ein wenig, ich will dir's zeigen; denn ich habe noch von Gottes wegen etwas zu sagen. Ich will mein Wissen weither holen und beweisen, dass mein Schoepfer recht habe. Meine Reden sollen ohne Zweifel nicht falsch sein; mein Verstand soll ohne Tadel vor dir sein. Siehe, Gott ist maechtig, und verachtet doch niemand; er ist maechtig von Kraft des Herzens. Den Gottlosen erhaelt er nicht, sondern hilft dem Elenden zum Recht. Er wendet seine Augen nicht von dem Gerechten; sondern mit Koenigen auf dem Thron laesst er sie sitzen immerdar, dass sie hoch bleiben. Und wenn sie gefangen blieben in Stoecken und elend gebunden mit Stricken, so verkuendigt er ihnen, was sie getan haben, und ihre Untugenden, dass sie sich ueberhoben, und oeffnet ihnen das Ohr zur Zucht und sagt ihnen, dass sie sich von dem Unrechten bekehren sollen. Gehorchen sie und dienen ihm, so werden sie bei guten Tagen alt werden und mit Lust leben. Gehorchen sie nicht, so werden sie ins Schwert fallen und vergehen in Unverstand. Die Heuchler werden voll Zorns; sie schreien nicht, wenn er sie gebunden hat. So wird ihre Seele in der Jugend sterben und ihr Leben unter den Hurern. Aber den Elenden wird er in seinem Elend erretten und dem Armen das Ohr oeffnen in der Truebsal. Und auch dich lockt er aus dem Rachen der Angst in weiten Raum, da keine Bedraengnis mehr ist; und an deinem Tische, voll des Guten, wirst du Ruhe haben. Du aber machst die Sache der Gottlosen gut, dass ihre Sache und ihr Recht erhalten wird. Siehe zu, dass nicht vielleicht Zorn dich verlocke zum Hohn, oder die Groesse des Loesegelds dich verleite. Meinst du, dass er deine Gewalt achte oder Gold oder irgend eine Staerke oder Vermoegen? Du darfst der Nacht nicht begehren, welche Voelker wegnimmt von ihrer Staette. Huete dich und kehre dich nicht zum Unrecht, wie du denn vor Elend angefangen hast. Siehe Gott ist zu hoch in seiner Kraft; wo ist ein Lehrer, wie er ist? Wer will ihm weisen seinen Weg, und wer will zu ihm sagen: "Du tust Unrecht?" Gedenke dass du sein Werk erhebest, davon die Leute singen. Denn alle Menschen sehen es; die Leute schauen's von ferne. Siehe Gott ist gross und unbekannt; seiner Jahre Zahl kann niemand erforschen. Er macht das Wasser zu kleinen Tropfen und treibt seine Wolken zusammen zum Regen, dass die Wolken fliessen und triefen sehr auf die Menschen. Wenn er sich vornimmt die Wolken auszubreiten wie sein hoch Gezelt, siehe, so breitet er aus sein Licht ueber dieselben und bedeckt alle Enden des Meeres. Denn damit schreckt er die Leute und gibt doch Speise die Fuelle. Er deckt den Blitz wie mit Haenden und heisst ihn doch wieder kommen. Davon zeugt sein Geselle, des Donners Zorn in den Wolken.
Kapitel 37. Des entsetzt sich mein Herz und bebt. O hoeret doch, wie der Donner zuernt, und was fuer Gespraech von seinem Munde ausgeht! Er laesst ihn hinfahren unter allen Himmeln, und sein Blitz scheint auf die Enden der Erde. Ihm nach bruellt der Donner, und er donnert mit seinem grossen Schall; und wenn sein Donner gehoert wird, kann man's nicht aufhalten. Gott donnert mit seinem Donner wunderbar und tut grosse Dinge und wird doch nicht erkannt. Er spricht zum Schnee, so ist er bald auf Erden, und zum Platzregen, so ist der Platzregen da mit Macht. Aller Menschen Hand haelt er verschlossen, dass die Leute lernen, was er tun kann. Das wilde Tier geht in seine Hoehle und bleibt an seinem Ort. Von Mittag her kommt Wetter und von Mitternacht Kaelte. Vom Odem Gottes kommt Frost, und grosse Wasser ziehen sich eng zusammen. Die Wolken beschwert er mit Wasser, und durch das Gewoelk bricht sein Licht. Er kehrt die Wolken, wo er hin will, dass sie schaffen alles, was er ihnen gebeut, auf dem Erdboden: es sei zur Zuechtigung ueber ein Land oder zur Gnade, laesst er sie kommen. Da merke auf, Hiob, stehe und vernimm die Wunder Gottes! Weisst du wie Gott solches ueber sie bringt und wie er das Licht aus seinen Wolken laesst hervorbrechen? Weisst du wie sich die Wolken ausstreuen, die Wunder des, der vollkommen ist an Wissen? Du, des Kleider warm sind, wenn das Land still ist vom Mittagswinde, ja, du wirst mit ihm den Himmel ausbreiten, der fest ist wie ein gegossener Spiegel. Zeige uns, was wir ihm sagen sollen; denn wir koennen nichts vorbringen vor Finsternis. Wer wird ihm erzaehlen, dass ich wolle reden? So jemand redet, der wird verschlungen. Jetzt sieht man das Licht nicht, das am Himmel hell leuchtet; wenn aber der Wind weht, so wird's klar. Von Mitternacht kommt Gold; um Gott her ist schrecklicher Glanz. Den Allmaechtigen aber koennen wir nicht finden, der so gross ist von Kraft; das Recht und eine gute Sache beugt er nicht. Darum muessen ihn fuerchten die Leute; und er sieht keinen an, wie weise sie sind.
Kapitel 38. Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wetter und sprach: Wer ist der, der den Ratschluss verdunkelt mit Worten ohne Verstand? Guerte deine Lenden wie ein Mann; ich will dich fragen, lehre mich! Wo warst du, da ich die Erde gruendete? Sage an, bist du so klug! Weisst du, wer ihr das Mass gesetzt hat oder wer ueber sie eine Richtschnur gezogen hat? Worauf stehen ihre Fuesse versenkt, oder wer hat ihren Eckstein gelegt, da mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes? Wer hat das Meer mit Tueren verschlossen, da es herausbrach wie aus Mutterleib, da ich's mit Wolken kleidete und in Dunkel einwickelte wie in Windeln, da ich ihm den Lauf brach mit meinem Damm und setzte ihm Riegel und Tueren und sprach: "Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!"? Hast du bei deiner Zeit dem Morgen geboten und der Morgenroete ihren Ort gezeigt, dass sie die Ecken der Erde fasse und die Gottlosen herausgeschuettelt werden? Sie wandelt sich wie Ton unter dem Siegel, und alles steht da wie im Kleide. Und den Gottlosen wird ihr Licht genommen, und der Arm der Hoffaertigen wird zerbrochen. Bist du in den Grund des Meeres gekommen und in den Fusstapfen der Tiefe gewandelt? Haben sich dir des Todes Tore je aufgetan, oder hast du gesehen die Tore der Finsternis? Hast du vernommen wie breit die Erde sei? Sage an, weisst du solches alles! Welches ist der Weg, da das Licht wohnt, und welches ist der Finsternis Staette, dass du moegest ergruenden seine Grenze und merken den Pfad zu seinem Hause? Du weisst es ja; denn zu der Zeit wurdest du geboren, und deiner Tage sind viel. Bist du gewesen, da der Schnee her kommt, oder hast du gesehen, wo der Hagel her kommt, die ich habe aufbehalten bis auf die Zeit der Truebsal und auf den Tag des Streites und Krieges? Durch welchen Weg teilt sich das Licht und faehrt der Ostwind hin ueber die Erde? Wer hat dem Platzregen seinen Lauf ausgeteilt und den Weg dem Blitz und dem Donner und laesst regnen aufs Land da niemand ist, in der Wueste, da kein Mensch ist, dass er fuellt die Einoede und Wildnis und macht das Gras waechst? Wer ist des Regens Vater? Wer hat die Tropfen des Taues gezeugt? Aus wes Leib ist das Eis gegangen, und wer hat den Reif unter dem Himmel gezeugt, dass das Wasser verborgen wird wie unter Steinen und die Tiefe oben gefriert? Kannst du die Bande der sieben Sterne zusammenbinden oder das Band des Orion aufloesen? Kannst du den Morgenstern hervorbringen zu seiner Zeit oder den Baeren am Himmel samt seinen Jungen herauffuehren? Weisst du des Himmels Ordnungen, oder bestimmst du seine Herrschaft ueber die Erde? Kannst du deine Stimme zu der Wolke erheben, dass dich die Menge des Wassers bedecke? Kannst du die Blitze auslassen, dass sie hinfahren und sprechen zu dir: Hier sind wir? Wer gibt die Weisheit in das Verborgene? Wer gibt verstaendige Gedanken? Wer ist so weise, der die Wolken zaehlen koennte? Wer kann die Wasserschlaeuche am Himmel ausschuetten, wenn der Staub begossen wird, dass er zuhauf laeuft und die Schollen aneinander kleben? Kannst du der Loewin ihren Raub zu jagen geben und die jungen Loewen saettigen, wenn sie sich legen in ihre Staetten und ruhen in der Hoehle, da sie lauern? Wer bereitet den Raben die Speise, wenn seine Jungen zu Gott rufen und fliegen irre, weil sie nicht zu essen haben?
Kapitel 39. Weisst du die Zeit, wann die Gemsen auf den Felsen gebaeren? oder hast du gemerkt, wann die Hinden schwanger gehen? Hast du gezaehlt ihre Monden, wann sie voll werden? oder weisst du die Zeit, wann sie gebaeren? Sie beugen sich, lassen los ihre Jungen und werden los ihre Wehen. Ihre Jungen werden feist und gross im Freien und gehen aus und kommen nicht wieder zu ihnen. Wer hat den Wildesel so frei lassen gehen, wer hat die Bande des Fluechtigen geloest, dem ich die Einoede zum Hause gegeben habe und die Wueste zur Wohnung? Er verlacht das Getuemmel der Stadt; das Pochen des Treibers hoert er nicht. Er schaut nach den Bergen, da seine Weide ist, und sucht, wo es gruen ist. Meinst du das Einhorn werde dir dienen und werde bleiben an deiner Krippe? Kannst du ihm dein Seil anknuepfen, die Furchen zu machen, dass es hinter dir brache in Taelern? Magst du dich auf das Tier verlassen, dass es so stark ist, und wirst es dir lassen arbeiten? Magst du ihm trauen, dass es deinen Samen dir wiederbringe und in deine Scheune sammle? Der Fittich des Strausses hebt sich froehlich. Dem frommen Storch gleicht er an Fluegeln und Federn. Doch laesst er seine Eier auf der Erde und laesst sie die heisse Erde ausbrueten. Er vergisst, dass sie moechten zertreten werden und ein wildes Tier sie zerbreche. Er wird so hart gegen seine Jungen, als waeren sie nicht sein, achtet's nicht, dass er umsonst arbeitet. Denn Gott hat ihm die Weisheit genommen und hat ihm keinen Verstand zugeteilt. Zu der Zeit, da er hoch auffaehrt, verlacht er beide, Ross und Mann. Kannst du dem Ross Kraefte geben oder seinen Hals zieren mit seiner Maehne? Laesst du es aufspringen wie die Heuschrecken? Schrecklich ist sein praechtiges Schnauben. Es stampft auf den Boden und ist freudig mit Kraft und zieht aus, den Geharnischten entgegen. Es spottet der Furcht und erschrickt nicht und flieht vor dem Schwert nicht, wenngleich ueber ihm klingt der Koecher und glaenzen beide, Spiess und Lanze. Es zittert und tobt und scharrt in die Erde und laesst sich nicht halten bei der Drommete Hall. So oft die Drommete klingt, spricht es: Hui! und wittert den Streit von ferne, das Schreien der Fuersten und Jauchzen. Fliegt der Habicht durch deinen Verstand und breitet seine Fluegel gegen Mittag? Fliegt der Adler auf deinen Befehl so hoch, dass er sein Nest in der Hoehe macht? In den Felsen wohnt er und bleibt auf den Zacken der Felsen und auf Berghoehen. Von dort schaut er nach der Speise, und seine Augen sehen ferne. Seine Jungen saufen Blut, und wo Erschlagene liegen, da ist er.
Kapitel 40. Und der HERR antwortete Hiob und sprach: Will mit dem Allmaechtigen rechten der Haderer? Wer Gott tadelt, soll's der nicht verantworten? Hiob aber antwortete dem HERRN und sprach: Siehe, ich bin zu leichtfertig gewesen; was soll ich verantworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen. Ich habe einmal geredet, und will nicht antworten; zum andernmal will ich's nicht mehr tun. Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wetter und sprach: Guerte wie ein Mann deine Lenden; ich will dich fragen, lehre mich! Solltest du mein Urteil zunichte machen und mich verdammen, dass du gerecht seist? Hast du einen Arm wie Gott, und kannst mit gleicher Stimme donnern, wie er tut? Schmuecke dich mit Pracht und erhebe dich; ziehe Majestaet und Herrlichkeit an! Streue aus den Zorn deines Grimmes; schaue an die Hochmuetigen, wo sie sind, und demuetige sie! Ja, schaue die Hochmuetigen, wo sie sind und beuge sie; und zermalme die Gottlosen, wo sie sind! Verscharre sie miteinander in die Erde und versenke ihre Pracht ins Verborgene, so will ich dir auch bekennen, dass dir deine rechte Hand helfen kann. Siehe da, den Behemoth, den ich neben dir gemacht habe; er frisst Gras wie ein Ochse. Siehe seine Kraft ist in seinen Lenden und sein Vermoegen in den Sehnen seines Bauches. Sein Schwanz streckt sich wie eine Zeder; die Sehnen seiner Schenkel sind dicht geflochten. Seine Knochen sind wie eherne Roehren; seine Gebeine sind wie eiserne Staebe. Er ist der Anfang der Wege Gottes; der ihn gemacht hat, der gab ihm sein Schwert. Die Berge tragen ihm Kraeuter, und alle wilden Tiere spielen daselbst. Er liegt gern im Schatten, im Rohr und im Schlamm verborgen. Das Gebuesch bedeckt ihn mit seinem Schatten, und die Bachweiden umgeben ihn. Siehe, er schluckt in sich den Strom und achtet's nicht gross; laesst sich duenken, er wolle den Jordan mit seinem Munde ausschoepfen. Faengt man ihn wohl vor seinen Augen und durchbohrt ihm mit Stricken seine Nase?
Kapitel 41. Kannst du den Leviathan ziehen mit dem Haken und seine Zunge mit einer Schnur fassen? Kannst du ihm eine Angel in die Nase legen und mit einem Stachel ihm die Backen durchbohren? Meinst du, er werde dir viel Flehens machen oder dir heucheln? Meinst du, dass er einen Bund mit dir machen werde, dass du ihn immer zum Knecht habest? Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel oder ihn fuer deine Dirnen anbinden? Meinst du die Genossen werden ihn zerschneiden, dass er unter die Kaufleute zerteilt wird? Kannst du mit Spiessen fuellen seine Haut und mit Fischerhaken seinen Kopf? Wenn du deine Hand an ihn legst, so gedenke, dass es ein Streit ist, den du nicht ausfuehren wirst. Siehe, die Hoffnung wird jedem fehlen; schon wenn er seiner ansichtig wird, stuerzt er zu Boden. Niemand ist so kuehn, dass er ihn reizen darf; wer ist denn, der vor mir stehen koennte? Wer hat mir etwas zuvor getan, dass ich's ihm vergelte? Es ist mein, was unter allen Himmeln ist. Dazu muss ich nun sagen, wie gross, wie maechtig und wohlgeschaffen er ist. Wer kann ihm sein Kleid aufdecken? und wer darf es wagen, ihm zwischen die Zaehne zu greifen? Wer kann die Kinnbacken seines Antlitzes auftun? Schrecklich stehen seine Zaehne umher. Seine stolzen Schuppen sind wie feste Schilde, fest und eng ineinander. Eine ruehrt an die andere, dass nicht ein Lueftlein dazwischengeht. Es haengt eine an der andern, und halten zusammen, dass sie sich nicht voneinander trennen. Sein Niesen glaenzt wie ein Licht; seine Augen sind wie die Wimpern der Morgenroete. Aus seinem Munde fahren Fackeln, und feurige Funken schiessen heraus. Aus seiner Nase geht Rauch wie von heissen Toepfen und Kesseln. Sein Odem ist wie eine lichte Lohe, und aus seinem Munde gehen Flammen. Auf seinem Hals wohnt die Staerke, und vor ihm her huepft die Angst. Die Gliedmassen seines Fleisches hangen aneinander und halten hart an ihm, dass er nicht zerfallen kann. Sein Herz ist so hart wie ein Stein und so fest wie ein unterer Muehlstein. Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken; und wenn er daherbricht, so ist keine Gnade da. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht, oder mit Spiess, Geschoss und Panzer. Er achtet Eisen wie Stroh, und Erz wie faules Holz. Kein Pfeil wird ihn verjagen; die Schleudersteine sind ihm wie Stoppeln. Die Keule achtet er wie Stoppeln; er spottet der bebenden Lanze. Unten an ihm sind scharfe Scherben; er faehrt wie mit einem Dreschwagen ueber den Schlamm. Er macht, dass der tiefe See siedet wie ein Topf, und ruehrt ihn ineinander, wie man eine Salbe mengt. Nach ihm leuchtet der Weg; er macht die Tiefe ganz grau. Auf Erden ist seinesgleichen niemand; er ist gemacht, ohne Furcht zu sein. Er verachtet alles, was hoch ist; er ist ein Koenig ueber alles stolze Wild.
Kapitel 42. Und Hiob antwortete dem HERRN und sprach: Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer. "Wer ist der, der den Ratschluss verhuellt mit Unverstand?" Darum bekenne ich, dass ich habe unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe. "So hoere nun, lass mich reden; ich will dich fragen, lehre mich!" Ich hatte von dir mit den Ohren gehoert; aber nun hat dich mein Auge gesehen. Darum spreche ich mich schuldig und tue Busse in Staub und Asche. Da nun der HERR mit Hiob diese Worte geredet hatte, sprach er zu Eliphas von Theman: Mein Zorn ist ergrimmt ueber dich und deine zwei Freunde; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob. So nehmt nun sieben Farren und sieben Widder und geht hin zu meinem Knecht Hiob und opfert Brandopfer fuer euch und lasst meinen Knecht Hiob fuer euch bitten. Denn ich will ihn ansehen, dass ich an euch nicht tue nach eurer Torheit; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob. Da gingen hin Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Naema und taten, wie der HERR ihnen gesagt hatte; und der HERR sah an Hiob. Und der HERR wandte das Gefaengnis Hiobs, da er bat fuer seine Freunde. Und der Herr gab Hiob zwiefaeltig so viel, als er gehabt hatte. Und es kamen zu ihm alle seine Brueder und alle seine Schwestern und alle, die ihn vormals kannten, und assen mit ihm in seinem Hause und kehrten sich zu ihm und troesteten ihn ueber alles Uebel, das der HERR hatte ueber ihn kommen lassen. Und ein jeglicher gab ihm einen schoenen Groschen und ein goldenes Stirnband. Und der HERR segnete hernach Hiob mehr denn zuvor, dass er kriegte vierzehntausend Schafe und sechstausend Kamele und tausend Joch Rinder und tausend Eselinnen. Und er kriegte sieben Soehne und drei Toechter; und hiess die erste Jemima, die andere Kezia und die dritte Keren-Happuch. Und wurden nicht so schoene Weiber gefunden in allen Landen wie die Toechter Hiobs. Und ihr Vater gab ihnen Erbteil unter ihren Bruedern. Und Hiob lebte nach diesem hundert und vierzig Jahre, dass er sah Kinder und Kindeskinder bis ins vierte Glied. Und Hiob starb alt und lebenssatt.